Seine einzige Versuchung
gestattet, was er gerne mit Elli - trotz ihrer Unerfahrenheit - tun würde. Seine gewohnheitsmäßige Disziplin und Beherrschtheit halfen ihm, aufkeimende, sinnliche Phantasien, in denen die Tochter seines Freundes eine Rolle spielte, zu unterbinden. Das Aussetzen seines Verstandes in Ellis Gegenwart reichte ihm vorerst. Und nun stand ihre Mutter vor ihm mit strengem Blick. Es war ihm nicht entgangen, wie sie aufgeregt mit ihrer Schwester getuschelt und ihn dabei mehrmals erstaunt angesehen hatte. In gespannter Haltung erwartete er eine Standpauke, wie er es wagen könne, die langjährige Freundschaft zum Professor zu seinen egoistischen, niederen Motiven auszunutzen.
„Sie müssen mir einen Gefallen tun: gleich beginnen die Musiker, und Elli ist verschwunden. Bitte helfen Sie mir, sie zu finden. Ich suche hier im Haus, gehen Sie in den Garten - schnell! Sie soll die Tanzrunde mit ihrem Vater eröffnen!"
Die unerwarteten Worte der Mutter ließen Benthin erleichtert aufatmen. Er war froh, vorerst ihrer Missbilligung entgangen zu sein und machte sich auf den Weg in den Garten. Zufrieden sah Frau Preuß ihm nach. Sie würde Elli nicht im Haus suchen, weil sie bereits wusste, dass sie sich - wie üblich, wenn ihr etwas gegen den Strich ging - im Garten aufhielt. Zur Bestätigung ihrer Annahme hatte sie einen der Musiker gefragt, ob er gesehen habe, wohin Elli gegangen war. Ihre Vermutung wurde in der Tat bekräftigt. Nun sollten die Dinge ihren Lauf nehmen…
Kapitel 3
Elli war wie so oft in den Garten geflohen - sie fühlte sich ihren verwirrten Gefühlen hilflos ausgeliefert und wollte endlich die Kontrolle über sich zurück erlangen. Natürlich würde sie schon bald wieder zurückkehren müssen, spätestens, wenn jemand auf der Suche nach ihr erfolgreich sein sollte. Doch solange wollte sie sich in ihrem innig geliebten Garten bei frischer Luft etwas erholen. Wie selbstverständlich führten ihre Schritte sie zum Bootssteg. Unentschlossen zog sie für einen Moment die Flucht mit dem Boot in Erwägung. Während sie auf dem Steg stand und voller Sehnsucht auf das Wasser hinaus blickte, hörte sie plötzlich Schritte hinter sich. Es waren große, feste Schritte, die sich verlangsamten, je geringer die Entfernung zu ihr wurde.
„Elli?“ Seine Stimme klang leise, aber beherrscht und fest. Er hatte sich schließlich nichts vorzuwerfen - redete er sich ein - sondern erfüllte nur den Wunsch der Mutter. Tatsächlich musste er Elli entgegen seiner Vorsätze sofort berühren, als er in ihre Nähe kam. Hier draußen fühlte er sich freier und konnte sicher sein, dass sie unbeobachtet waren. Er war so nahe an sie heran getreten wie es eben noch aus moralischer Sicht vertretbar war und wollte den leichten Duft ihrer zarten, hellen Haut wahrnehmen. Dazu beugte er seinen Kopf leicht nach vorne. Er befand sich nun ganz dicht an ihrem Nacken, der durch ihr - der Mode entsprechend - locker hochgestecktes, helles Haar von vereinzelt herabrieselnden Locken teilweise verdeckt wurde. Benthin musste sich zügeln, um nicht ihren Hals mit seinen Lippen zu berühren. Stattdessen verselbständigte sich seine rechte Hand und umschloss vorsichtig ihren Ellenbogen. Elli reagierte trotz seiner Behutsamkeit erschrocken mit einem Schritt nach vorne, der sie fast ins Wasser stürzen ließ. Noch bevor er reagieren konnte, war sie wieder zurück getaumelt und mit ihm rückwärts zusammengeprallt.
„Elli?“ Es war Benthin, dessen Schritte sie hinter sich wahrgenommen hatte. Die angenehme Stimme war ihr inzwischen zu vertraut, um sie nicht sofort zu erkennen, auch wenn er so leise wie jetzt sprach. Er stand nun so dicht hinter ihr, dass sie seinen warmen Atem im Nacken spüren konnte. Ein Schauer überzog ihre Haut. Plötzlich berührte er sanft ihren rechten Ellenbogen. Die Empfindungen bei dieser Berührung überwältigten Elli. Sie zuckte erschrocken zusammen und machte rasch einen Schritt nach vorne, um sich ihm zu entziehen. Dabei ließ sie außer Acht, dass sie bereits sehr dicht am Wasser stand, taumelte wieder einen Schritt zurück und prallte rückwärts mit ihm zusammen. Reflexartig umfasste er ihre Oberarme, um ihr Halt zu geben. Sie hörte, wie er tief einatmete. Er warnte sie kaum hörbar:
„Vorsicht, sonst fällst Du wieder in den See.“ Elli spürte seinen kraftvollen, warmen Körper an ihrer Rückseite und den festen Griff seiner Hände. Es war ihr zunächst unmöglich erschienen, sich in dieser Situation umzudrehen
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