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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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eine recht ansehnliche Gruppe engagierter Unternehmer entstanden, die versuchten, ihr erfolgreiches Betriebsmodell als allgemein gültigen Standard im ganzen Land durchzusetzen. Verbindungen zu Arbeitervertretern wurden hergestellt, und man begann, politisch Einfluss zu nehmen. Es kam zu Partei- und Vereinsgründungen, deren oberstes Ziel es war, die Interessen der einfachen Bevölkerungsschichten angemessen zu vertreten. 
    „Männer wie Sie brauchen wir händeringend, mein lieber Julius. Bei Ihren städtischen Volksvertretern scheinen die Zeichen der Zeit noch nicht so ganz angekommen zu sein. Was Sie da von ihrem konservativen Magistrat erzählen, ist ziemlich altertümlich. Ich würde die Herren ja zu gerne mal zu einer Fabrikführung hierher einladen…“ Benthin schmunzelte angesichts der Vorstellung der entgeisterten Gesichter seiner politischen Widersacher:
    „Mal sehen, was sich da tun lässt. Freiwillig kommen die Herrschaften bestimmt nicht. Sie sitzen lieber Zigarre rauchend in ihren Klubs und reiben sich zufrieden die Bäuche über das, was sie angeblich erreicht haben. An Änderungen sind diese rückwärts gerichteten Selbstdarsteller wenig interessiert, zumindest solange es sich irgendwie vermeiden lässt. Ihre Bewegung macht mir allerdings Hoffnung, dass da ein größerer Stein ins Rollen gebracht wird, dem sich diese Leute nicht länger in den Weg werden stellen können.“
    „Julius, Sie sind ein fähiger Mann - keiner von diesen Winkeladvokaten, die zunehmend die Welt mit ihrer überflüssigen Anwesenheit bevölkern. Wenn Sie dort nicht erhört werden, kommen Sie zu uns! Elli und Sie sind uns herzlich willkommen. Menschen wie Sie beide sehen wir gerne bei uns.“
    „Danke, ich fühle mich geschmeichelt, aber wir beabsichtigen eigentlich nicht, unsere Stadt zu verlassen. Sollte es sich jedoch einmal ergeben… Wer weiß?“
    „Ja, wer weiß das schon, wohin einen das Leben verschlägt? Ich hätte früher auch nicht gedacht, dass ich einmal in diesem Land leben würde, aber die Liebe hat mich eines Besseren belehrt, nicht wahr, mein Schatz?“ Er wandte sich zu Marie, die mit Elli in ein intensives Gespräch über ihre Schule vertieft war. Da sie nicht wusste, wovon ihr Mann sprach, sah sie ihn fragend an.
    „Ich wollte Euch nicht stören. Ich sagte nur gerade zu Julius, dass die Liebe mitunter Berge versetzt.“ Mit ungeahnter Dynamik - angesichts seines leichten Übergewichts und seiner fast sechzig Lebensjahre - setzte er sich in Bewegung, um seiner Frau rasch einen Kuss auf die Stirn zu drücken und sich sogleich wieder Benthin zuzuwenden:
    „Was die Frauen so mit uns anstellen, nicht wahr?“ Benthin nickte wissend:
    „Oh, ja, davon kann ich auch ein Liedchen singen…“ Van Haalen zwinkerte ihm zu:
    „Ich pflege ja ganz gerne zu sagen: Glücklich sind die Männer der Zikaden, denn sie haben stumme Frauen .“ Benthin verschluckte sich beinahe vor Lachen, und van Haalen ergänzte seinen Wahlspruch durch etwas nachdenklichere Worte: 
    „Nun, um ehrlich zu sein, ohne sie wären wir wohl näher am Primaten als am Menschen, nein?“ Benthin schüttelte sich immer noch von seinem Lachanfall und pflichtete ihm mit einem zustimmenden Nicken bei.
    „Ihr scheint Euch ja prächtig zu amüsieren…“ Marie van Haalen hatte ihr Gespräch mit Elli für einen Augenblick unterbrochen. „Vermutlich auf Kosten von uns Frauen, wie ich Dich kenne, mein lieber Johann. Geht es mal wieder um das Joch, das Ihr Männer wegen uns zu tragen habt?“ Benthin gab mit gespielt schuldbewusster Miene zu:
    „Wir haben festgestellt, dass wir ohne Frauen deutlich schlechter dran wären…“ Elli kicherte:
    „Damit sind wir dann wohl das geringere von zwei Übeln…“ Johann van Haalen war begeistert:
    „Sie können über sich selbst lachen! Das nenne ich echten Humor! Die meisten in unseren Kreisen rümpfen doch höchstens die Nase, wenn mal ein bisschen ironische Distanz zur eigenen Person gefordert ist. Sie gefallen mir - alle beide! Es wäre schön, wenn wir uns noch recht häufig begegnen, solange Sie hier Urlaub machen.“ Marie van Haalen musste seinen Enthusiasmus bremsen:
    „Johann, ich habe Dir doch gesagt, dass sie hier auf Hochzeitsreise sind. Wir sollten ihre Zeit nicht überstrapazieren.“ Van Haalen lächelte wissend: 
    „Stimmt, Sie haben womöglich Besseres zu tun als sich mit zwei betagten Einheimischen die Zeit um die Ohren zu schlagen… Dennoch - wenn Sie möchten, besuchen Sie uns

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