Seine einzige Versuchung
erlauben darf: Du siehst einfach umwerfend aus - schöner denn je. Es tut Dir offenbar gut, nicht mit dem Langweiler hier zu sein.“ Elli platzte fast vor Wut. Sie war so erbost, dass sie ihn beinahe geohrfeigt hätte:
„Sie irren sich gewaltig, Herr Oberstleutnant! Mein Mann verspätet sich lediglich wegen einer Geschäftsreise. Er wird jeden Moment hier eintreffen!“ Sie hoffte, seinen Absichten mit dieser Information den Garaus machen zu können, und in der Tat sah sich Kabus schnell nach seinem Erzfeind um. Benthin hatte ihm mit seinen Fausthieben unerwartet heftig zugesetzt. Er hatte dessen Schlagkraft zugegebenermaßen ziemlich unterschätzt. Nun ja, einem Mann die Ehefrau auszuspannen, war natürlich kein sonderlich netter Schachzug. Diese Tatsache musste er sich - innerlich überlegen grinsend - eingestehen. Da konnten auch einem Biedermann durchaus die Sicherungen durchbrennen. Glücklicherweise hatten fähige Militärärzte seine gebrochene Nase und somit sein verführerisch schönes Gesicht wieder vollständig herstellen können. Rachegedanken und Neugier hatten ihn zum Ball getrieben. Da man ihn kannte, war bei seinem Eintreffen nicht überprüft worden, ob er auf der Liste der geladenen Gäste stand. Und damit hatte er gerechnet. Seine Strategie - für den unwahrscheinlichen Fall, dass jemand nachfragen würde - bestand darin, zu behaupten, er vertrete seinen Vorgesetzten, der in der Tat eingeladen war. Nach der Rückkehr von seinem längeren Auslandsaufenthalt hatte der erste Kommandant Kabus von seinen Vertretungspflichten befreit und sich selber um weitere Spendenangelegenheiten gekümmert. Somit war ihm anstelle von Kabus diesmal die Ehre der Einladung zuteil geworden. Da der Erste verhindert war, hatte Kabus beschlossen, die Gelegenheit zu nutzen und an seiner Stelle zu erscheinen, ohne ihn allerdings darüber informiert zu haben. Mit solchen Kleinigkeiten gab sich ein Oberstleutnant Kabus nicht ab. Er wusste, dass ihm die Art seines Auftretens ohnehin Tor und Tür öffnen und keine peinlichen Fragen gestellt werden würden. Wie nicht anders erwartet, gehörten auch Elli und Benthin zu den geladenen Gästen. Als er Elli zusammen mit dem Ehepaar erblickte, frohlockte er bereits für einen Moment, der Ehe seines Rivalen den Todesstoß versetzt zu haben. Doch schon im nächsten Augenblick war ihm klar, dass er davon sicher längst Wind bekommen hätte. Ihr fantastisches Aussehen passte ebenso wenig zu seiner Vorstellung einer verstoßenen Ehefrau wie die Tatsache, dass sie hier ohne Ehemann aufkreuzte. Umgekehrt wäre es keine bemerkenswerte Sache. Ehefrauen hatten andauernd irgendwelche Zipperlein - darin kannte er sich bestens aus. Er konnte sich kaum noch erinnern, wann er das letzte Mal gemeinsam mit seiner Frau einer Einladung gefolgt war. Nein, für einen Mann konnte es sogar direkt zum Vergnügen werden, alleine unterwegs zu sein. Keine lästige weibliche Begleitung, die ständig quengelte, nach Hause zu wollen, wenn er mit anderen Frauen flirtete oder sich mitsamt Ehemann blamierte, indem sie sich mehr als einen kleinen Schwips antrank. Mit seiner blitzschnellen Auffassungsgabe kombinierte er, dass es sich bei Ellis Ankündigung, Benthin werde jeden Moment auftauchen, tatsächlich nicht nur um eine Ausrede handele, die ihn auf Abstand bringen sollte. Er würde ihr den Gefallen tun - vorerst. Denn so sehr er eine kleine Kampfeinlage zu Trainingszwecken unter Kameraden schätzte, hatte er kein Interesse an einer erneuten Explosion seines vor Eifersucht tobenden Widersachers - noch nicht. Er würde seinen kleinen Rachefeldzug also wohl oder übel erst einmal unterbrechen und auf eine günstigere Gelegenheit warten:
„Wie schade, aber wir wollen den Herrn Gemahl lieber nicht noch einmal auf die Palme bringen, nicht wahr, meine hinreißende kleine Freundin? Wir werden sicher später noch die Gelegenheit finden, unser Wiedersehen gebührend zu feiern.“ Elli stampfte leicht mit dem Fuß auf und schnaubte:
„Wie kann man nur derart taktlos sein! Ich sage es Ihnen noch einmal und zwar überaus deutlich: ich will keinen Kontakt mehr zu Ihnen ! Gehen Sie doch endlich!“
„Der Wunsch einer schönen Frau ist mir Befehl…“ Süffisant zischte er ihr ins Ohr: „Zornige kleine Wildkatze…“ Kabus überraschte sich selbst mit seiner Reaktion auf Elli. Er hatte sie weniger bestimmt und viel unsicherer in Erinnerung. Jetzt präsentierte sich ihm eine selbstbewusste Frau, die genau wusste,
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