Seine einzige Versuchung
und verdrießliche Themen verderben lassen?“ Wieder küsste er zärtlich ihre Hand und tat sich sichtlich schwer, seine Berührungen nicht zu intensivieren. Elli ermahnte ihn mit Blicken auf die Umgebung, die er für einen Moment vergessen zu haben schien. Er setzte eine wenig überzeugende reumütige Miene auf:
„Ist es zu offensichtlich, dass ich meine Zuneigungsbekundungen nach den entbehrungsreichen Tagen meiner Geschäftsreise kaum zurückhalten kann?“ Elli nickte:
„Ja. Es fällt mir schwer, immer die Vernünftigere von uns beiden zu sein, aber es gibt weitere unerfreuliche Geschöpfe hier, die geradezu darauf lauern, sich das Maul über uns zu zerreißen. Wir sollten ihrem Drang besser keinen Vorschub leisten…“ Benthin sah sich hoch erhobenen Kopfes um:
„Im Moment scheint alle der Drang nach Essbarem zum Buffet gezogen zu haben. Ich habe kein Problem, wenn wir als verliebtes Paar wahrgenommen werden - solange ich Dir nicht mitten im Saal die Kleider vom Leib reiße, soll sich lieber keiner der Anwesenden als Moralprediger aufspielen.“ Elli kicherte:
„Ich bin mir gar nicht so sicher, ob Du Dich nicht sogar dazu hinreißen lassen könntest…“ Benthin tat ganz unschuldig:
„Ich weiß gar nicht, worauf Du anspielst…“
„Guten Abend, Herr von Benthin. Wie schön, dass Sie inzwischen eingetroffen sind.“ Die Vorsitzende des Frauenvereins hatte sich zunächst dezent entfernt, nachdem sie gesehen hatte, wie Elli und ihr Mann ihr Wiedersehen genossen und war nun zu ihnen getreten. Elli entschuldigte sich für ihr unhöfliches Verhalten, doch ihre Mitstreiterin winkte nur ab:
„So verliebt wie Sie beide sind, vergisst man leicht alles um sich herum, und das ist gut so! Sie haben mein volles Verständnis. Kommen Sie mit mir zum Buffet?“ Beide nickten und machten sich auf den Weg in den Nebenraum, der durch eine große Flügeltür zu erreichen war. Der Zeitpunkt war günstig, um mit einigen Leuten ins Gespräch zu kommen. Beim Essen ließen sich mitunter Dinge leichter ansprechen als in endlosen Sitzungen und steifen Versammlungen. Und doch war Benthin nicht so bei der Sache wie es normalerweise der Fall war. Eigentlich wollte er nur in Ellis Nähe sein, um sie zu spüren und sie zu schützen, falls sich Kabus wieder blicken lassen sollte. Bislang hatte dieser seine Anwesenheit geschickt vor ihm verborgen gehalten, was nicht weiter schwierig war. Niemandem konnte es gelingen, angesichts der anwesenden Menschenmenge nicht zeitweilig den Überblick zu verlieren.
„Sie strahlen wirklich überaus bezaubernd heute Abend, Frau von Benthin.“ Kabus zwinkerte ihr vertraulich zu, als sie aus einem der Waschräume kam, vor dem glücklicherweise mehrere Personen plaudernd herumstanden und ihm ein noch vertraulicheres Verhalten unmöglich machten. „Die Anwesenheit Ihres Mannes scheint Ihnen tatsächlich gut zu tun. Es ist geradezu rührend, Sie beide so verliebt in der Öffentlichkeit turteln zu sehen.“ Elli wandte sich ab und schlug eine andere Richtung ein, um seinen unerwünschten Aufmerksamkeiten zu entgehen. Flinken Fußes folgte er ihr: „Wie es scheint, hat unser aufregendes kleines Abenteuer Ihrer Begeisterung für unseren allseits beliebten Adeligen keinen Abbruch getan. Die anwesenden, der Ehe überdrüssigen Damen können kaum an sich halten, seit er das Geschehen betreten hat und Sie umgarnt… Verraten Sie mir sein Geheimnis?“ Leise ergänzte er: „Elli...“ Die ganze Zeit hatte sie versucht, ihm mit hektischen Schritten in Richtung Festsaal auszuweichen, aber er war nicht von ihrer Seite gewichen, als sich ihm Benthin plötzlich wie aus dem Nichts in den Weg stellte. Er war unruhig geworden, da Elli länger wegblieb als ihm lieb war. Sein Verdacht, Kabus könne die Gelegenheit zu einer erneuten Annäherung nutzen, wurde bestätigt. Benthin verlor keine Worte - er wollte Elli nicht den Abend verderben. Er nahm ihren Arm und führte sie in den Festsaal:
„Gleich beginnt der Tanz.“ Dann blickte er über die Schulter noch einmal zurück zu Kabus und deutete mit seinem Zeigefinger einen Schnitt durch die Kehle an. Seine finsteren Blicke sagten mehr als jedes Wort der Drohung.
„Danke, dass Du mich gerettet hast.“ Elli gab sich seinen Händen hingebungsvoll zum Tanzen hin.
„Ich weiß nicht, ob ich noch an mich halten kann, wenn er es nur noch einmal versuchen sollte…“ Elli schmiegte sich noch ein wenig enger an ihn.
„Lass‘ uns an etwas anderes
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