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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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Laufenden zu halten, sofern er überhaupt ansprechbar war. Elli ahnte, wie wichtig es für die Genesung ihres Mannes war, dass es Jakob wieder besser ging. Der Junge war eine Kämpfernatur und hart im Nehmen. Als die Ärzte schließlich deutlichen Grund zur Hoffnung sahen, redete Elli die gute Nachricht gebetsmühlenartig auf Benthin ein. Ihre Worte drangen schließlich durch seine vom Fieber getrübte Wahrnehmung zu ihm durch und setzten seine inneren Heilkräfte wie durch ein Wunder binnen weniger Tage wieder in Gang. Die Ärzte konnten sich die rasche Besserung nur mit seiner sehr guten körperlichen Allgemeinverfassung erklären. Elli war überzeugt, dass auch seine seelische Verfassung einen nicht unwesentlichen Anteil daran gehabt hatte. Letztlich war es aber gleichgültig, da nun beide Kranke täglich Fortschritte machten. Ab der vierten Woche konnten sich Benthin und sein Schützling regelmäßig im Garten der Klinik treffen, mussten aber noch in Rollstühlen dorthin gebracht werden. Wie es Benthins Art war, machte er laufend Scherze über sich und Jakob, dass sie wie zwei betagte Herren herum geschoben werden mussten. Beide bemitleideten sich gegenseitig voller Ironie, wenn ihnen das Lachen Schmerzen bereitete und mal der eine oder andere aufstöhnte. Die Ärzte schüttelten die Köpfe über die beiden, sahen aber, dass sich ihr Zustand täglich besserte - trotz ihrer ständigen Alberei, die sie nach medizinischem Dafürhalten nicht begrüßen konnten. Die Krankenschwestern hingegen ahnten, dass ausgerechnet der Humor den beiden half, über das Erlebte leichter hinwegzukommen. Insgeheim hatten sie fast alle eine Schwäche für den attraktiven, charmanten Mann und seinen Umgang mit dem traumatisierten Jungen. Leider schien er geradezu überschwänglich in seine Frau verliebt zu sein, sodass er keiner Schwester den Gefallen tat, ihr mehr Beachtung und respektvolle Höflichkeit entgegen zu bringen als nötig war. Sie tuschelten, als Benthin wieder ohne den Rollstuhl auskam und mit Elli durch den Klinikgarten gehen konnte. Es entging ihnen nicht, wie er immer wieder die Gelegenheit nutzte, wenn sie einen größeren Baum passierten, sie hinter den Stamm zu ziehen, um sie beide vor neugierigen Blicken zu schützen. Er war zwar noch geschwächt und hatte noch immer große Schmerzen, doch konnte er es einfach nicht lassen, Elli so oft wie möglich zu küssen. Später, wenn er an den Schwestern wieder alleine im Flur vorbei ging, drehten sie sich nach ihm um und steckten kichernd die Köpfe zusammen, was er mit einem amüsierten Kopfschütteln registrierte. 
    Als die Genesung so weit vorangeschritten war, dass die Ärzte für beide die Entlassung in Reichweite sahen, bestand Benthin darauf, Jakob den Aufenthalt im Sanatorium zu bezahlen, den sich seine Eltern sonst nicht hätten leisten können. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als anzunehmen - schließlich ging es um das Wohl ihres Kindes. Sie konnten es sich allerdings nicht erlauben, ihren Sohn zu begleiten und versprachen, ihm so oft wie möglich zu schreiben. Zu ihrer Beruhigung hatte Jakob Begleitpersonen, denen sie voll und ganz vertrauten: Elli und Benthin. Die Eltern sahen es nicht als deren Schuld an, was geschehen war, sondern betrachteten den Schuss als schicksalhaftes Unglück und Benthin als Jakobs Lebensretter. Wenn jemand für die Sache verantwortlich war, dann Kabus. Die genauen Zusammenhänge und die Vorgeschichte waren - abgesehen von Gerüchten - offiziell nicht bekannt geworden, man munkelte nur dies und das über ein Duell, in das der Junge irgendwie versehentlich verwickelt worden war.
     
    Es war nicht so, dass ausschließlich Jakob von den Geschehnissen traumatisiert war. Auch wenn man es Benthin nicht anmerkte, war der Vorfall für ihn ebenfalls nicht nur mit körperlichen Blessuren einhergegangen, sondern hatte auch seelische Spuren hinterlassen. In seiner ersten Nacht nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wachte Benthin schweißgebadet auf. Elli hatte seine dringend notwendige Nachtruhe nicht stören wollen und sich daher in ihr Zimmer begeben, wo sie noch in einem Buch las.
    „Elli!... Nein!... Nein!“ Sie hörte seine Schreie von nebenan und eilte mit dem Kerzenhalter in der Hand zu ihm. Er saß bleich und mit angst-geweiteten Augen aufrecht in seinem Bett und atmete panisch. Elli kroch unter seine Decke und versuchte, ihn zu beruhigen:
    „Ich bin hier - alles ist in Ordnung. Du bist wieder zu Hause.“ Sie streichelte seine

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