Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
Vom Netzwerk:
sich. Ich fürchte, es gibt Klärungsbedarf, was den gestrigen Tag anbelangt. Sie waren so plötzlich verschwunden, dass meine Frau und ich uns gefragt haben, was Sie dazu veranlasst haben könnte. Eine Unterredung mit Elli hat uns die Augen geöffnet. Es ist…“
    „Es ist unverzeihlich - ich weiß, Professor. Es war niemals meine Absicht, als ich letzte Woche zu Ihnen kam, um Sie um Rat zu befragen. Dass sich die Dinge in diese Richtung entwickeln würden, hat mich selbst am allermeisten überrascht.“
    „Wovon reden Sie? Was ist los mit Ihnen, Benthin?“
    „Ich kenne mich selbst nicht mehr. Es tut mir unendlich leid, und doch bin ich machtlos gegen meine Gefühle für Ihre Tochter…“ Seine Stimme versagte, er musste sich räuspern: „Hätten Sie einen Schluck Wasser für mich?“ Benthin kämpfte so sehr mit seiner Aufregung, dass er nicht sofort bemerkte, wie ihn der Professor vollkommen entgeistert ansah. Schließlich stand Preuß wie in Trance auf, um zu der kleinen Bar, die in seinen Schrank eingearbeitet war, zu gehen.
    „Ich brauche jetzt etwas Stärkeres…“ Schweigend schenkte er sich einen Cognac ein und kehrte mit dem Schwenker und einem Glas Wasser zurück zum Schreibtisch. Dann setzte er sich wieder in seinen bequemen Ledersessel, nahm einen Schluck und starrte in sein Glas. Er war fassungslos über Benthins Worte und überlegte, ob er sich verhört oder etwas falsch verstanden hatte. Aber die Worte lagen noch im Raum wie dichte Rauchschwaden: Ich bin machtlos gegen meine Gefühle für Ihre Tochter. Die Stirn in Falten gelegt grübelte der Professor über die Worte und den Hergang, wie es zu dieser Aussage gekommen sein konnte. Benthin und Elli kannten sich doch kaum und waren sich schon seit Jahren nicht begegnet. Er konnte sich auch nicht vorstellen, dass Benthin vor einer Woche vorsätzlich zu Besuch gekommen war mit der Absicht, seine Suche nach einer Frau hier erfolgreich umzusetzen. Es sah ihm überhaupt nicht ähnlich, dass er sich unter dem Vorwand, einen Rat einholen zu wollen, an seine Tochter heran gemacht haben sollte. Benthin war ein Ehrenmann, dafür würde er jederzeit die Hand ins Feuer legen - auch jetzt noch. Er hatte ihn letztlich selber mit geprägt durch die Ausbildung, die Benthin Senior seinerzeit vertrauensvoll in seine Hände gelegt hatte. Stets hatte Preuß in dem jungen, nachdenklichen und überaus intelligenten Mann ein wenig einen Sohn gesehen, den er selber nie gehabt hatte. Später war dann auch nach Abschluss seines Studiums der Kontakt erhalten geblieben und eine Freundschaft daraus erwachsen. Und nun sollte er ihn von einer Seite kennenlernen, die ihm bislang an Benthin verborgen geblieben war. Er hatte ihn nie beim Anbändeln mit Frauen gesehen oder in Männerrunden etwas Zweideutiges sagen hören. Das sprach für ihn - alles sprach für ihn. Dennoch focht Ellis Vater innere Kämpfe mit sich. Er fühlte sich überrollt von den Ereignissen. Auch wenn er wusste, dass er seine Lieblingstochter in nicht allzu ferner Zukunft würde gehen lassen müssen, so hatte er nicht so bald damit gerechnet. Dass Benthin zu einem derart spontanen Gefühlsüberschwang in der Lage war, hätte er nicht für möglich gehalten. Aber er war kein Mann, der eine solche Äußerung leichtfertig in den Raum warf - die Sache war ernst. Allmählich fügte sich das Bild zu einem Ganzen zusammen, Ellis merkwürdiges Verhalten inbegriffen. Was auch immer zwischen den beiden vorgefallen sein mochte - es hatte bei beiden nachhaltige Spuren hinterlassen. Ellis Vater ahnte, dass er auf verlorenem Posten war, sollte sie Benthins Gefühle erwidern. Er würde sie gehen lassen müssen, auch wenn es ihm noch so schwer fiel. Wer, wenn nicht dieser Mann, wäre für sie aus seiner väterlichen Sicht gut genug?Er konnte Benthin ansehen, wie unbehaglich dieser sich fühlte - was musste in dem Mann in diesen Augenblicken vor sich gehen? Preuß war dankbar für sein taktvolles Schweigen, das ihm ermöglicht hatte, seine Gedanken zu ordnen. Für Benthin waren es indessen wahrscheinlich mit die längsten Minuten seines Lebens. Er hatte die wechselnde Mimik seines Freundes beobachtet und ahnte, welcher Kampf in dem Mann tobte, sollte er doch das Liebste an ihn abtreten, das er hatte. Wie der Angeklagte im Gerichtssaal erwartete er nun sein Urteil. Doch es lag dem Professor fern, ein solches zu sprechen. Stattdessen überraschte er Benthin mit einer Frage: 
    „Aber warum zeigen Sie ihr Ihre Gefühle, indem

Weitere Kostenlose Bücher