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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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Bedürfnis, sich abermals mit ihr zu treffen, keinesfalls gemindert - im Gegenteil. Er wollte sie so oft es ihm nur eben möglich war sehen. Elli hatte keine Einwände. Trotz - oder gerade wegen - ihrer ständigen kleinen verbalen Rangeleien wuchs ihr Gefallen an Benthin stetig. Auch für ihn stellten die anregenden Gespräche mit Elli den Höhepunkt des Tages dar. Alle Neckereien, die sich zwischen ihnen abspielten, machten das Salz in der Suppe ihrer Rendezvous aus. Ganz nebenbei stellten sie fest, dass sie durchaus ähnliche Interessen hatten, was Literatur, Musik und Kunst anbetraf. Wichen ihre Ansichten voneinander ab, bot ihnen dieser Umstand neuerlichen Gesprächs- und Diskussionsstoff. So blieben ihre Spaziergänge kurzweilig und reizvoll. Sie beendeten ihre Treffen stets mit Bedauern und sahen der nächsten Verabredung voller Sehnsucht entgegen. Inzwischen hatten die beiden fast die gesamte nähere Umgebung von Ellis Elternhaus erkundet, bis auf ein kleines Wäldchen, das sich hinter dem Park, der zur Preuß‘schen Villa gehörte, erstreckte. An diesem Tag war es so hochsommerlich warm, dass ihnen ein Gang durch den schattigen Wald angenehmer erschien als sich der Sonne auf den Feldwegen auszusetzen. Als sie nach einiger Zeit an den Waldrand kamen, entdeckte Benthin in einiger Entfernung Rehe:
    „Sehen Sie! Da hinten - zwei Rehe!“
    „Wo?“ Er stellte sich hinter sie, umfasste ihre linke Schulter und zeigte mit ausgestrecktem Arm über ihre rechte Schulter in Richtung der Tiere. Er flüsterte:
    „Da drüben, am Waldrand.“ Elli war weniger vom Anblick der Rehe beeindruckt als von den Empfindungen, die er durch seine Nähe verursachte. Sein Atem kitzelte ihr Ohr und sie begann sich zu fragen, ob ihm bewusst war, welche Gefühle er in ihr auslöste.
    „Gesehen?“, fragte er leise und streifte mit den Worten wieder sanft ihr Ohr. Sie konnte nur nicken. Benthin sehnte sich seit der Bootfahrt schmerzlich danach, sie endlich wieder zu berühren. Schon zu lange hatte er sich zur Wahrung des Anstandes in Geduld geübt. Er schaffte es zwar, die langen Gespräche mit Elli trotz seiner Sehnsucht zu genießen - es war überaus angenehm, Zeit mit ihr zu verbringen. Und doch wünschte er sich zunehmend, nicht länger nur neben ihr - in Gespräche vertieft - herzugehen. Da er sich nach den Spaziergängen stets im Beisein ihrer Eltern von ihr verabschiedete, hatte er es bislang stets bei galanten, aber förmlichen Handküssen belassen.
    Seine Absicht, ihr die Rehe zu zeigen, war eine zufällige, wenn auch willkommene Gelegenheit, sie endlich wieder in seiner Nähe zu spüren. Er war ihr so nah wie nie zuvor, als er nun unmittelbar hinter ihr stand. Seine Sinne waren aufs Äußerste gespannt. Er hoffte, dass seine zärtlich gesprochenen Worte an ihrem Ohr ihre Wirkung nicht verfehlen würden. Ihr Duft betörte ihn. Sein Mund wanderte zu ihrem Nacken und berührte beinahe ihre wundervolle, weiche Haut. Durch seine Worte streiften seine Lippen nun wie zufällig ihren Hals:
    „Wie herrlich Sie duften.“ Elli konnte ihren überbordenden Empfindungen nicht standhalten und flüchtete sich in einen Scherz:
    „Die Rehe?“ Benthin ließ sie laut lachend los und trat einen Schritt zurück. Zum ersten Mal hörte sie ihn richtig lachen und sah ihn fasziniert an. Seine Stimme klang voll und angenehm, seine ebenmäßigen Zähne strahlten ebenso wie sein ganzes Gesicht. Seine Anziehungskraft auf sie hätte kaum größer sein können.
    „Nein! Sie, also Du ! Elli, es fällt mir wirklich schwer, Sie zu Ihnen zu sagen.“ 
    „Das habe ich gemerkt.“ Sie musste lächeln bei dem Gedanken daran, wie oft ihm schon versehentlich das Du herausgerutscht war. 
    „Es fühlt sich falsch an, zu distanziert. Es entspricht nicht dem, was ich empfinde für… Dich.“
    „Wie können wir da Abhilfe schaffen, Herr von Benthin?“
    „Julius. Bitte. “, gab er ihr mit Nachdruck zu verstehen. Elli zögerte, seinen Namen auszusprechen. Für sie war er schon immer Benthin gewesen, so wie ihn auch ihre Eltern stets nannten. Unschlüssig blickte sie auf den Boden und rang sich schließlich dazu durch: 
    „…Julius…“ Seinen Namen aus ihrem Mund zu hören, ließ sein Herz höher schlagen. Er fand, es war an der Zeit, Elli endlich zu küssen. Doch er wusste nicht so recht, wie er es anstellen sollte. Seinem Charakter entsprechend wählte er den direkten Weg. Er griff sanft unter ihr Kinn, da sie immer noch auf den Boden schaute und hob

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