Seine einzige Versuchung
rauchte. Da der Rauch in der Küche unerwünscht war, hatten die Vereinsdamen ihn gebeten, draußen auf Elli zu warten. Schwungvoll kam er auf sie zu, um sie - auf die ihm eigene Art - zu begrüßen:
„Ah! Da sind Sie ja endlich!“
„Das ist ja eine nette Begrüßung! Sind wir etwa verabredet?“ Elli konnte sich die kleine Spitze nicht verkneifen. „Woher wissen Sie überhaupt, dass ich heute hier bin?“
„Man hat so seine Kontakte…“, gab er ihr geheimnisvoll zu verstehen und nahm mit einer leicht übertrieben wirkenden Verbeugung ihre Hand zu einem formvollendeten Handkuss.
„Aha, das ist ja interessant…“ Er ließ sie nicht weitersprechen:
„Ich bin hocherfreut, Sie wieder zu sehen! Ist es möglich, dass Sie noch schöner erstrahlen als bei unserer letzten Begegnung?“
„Wohl kaum. Das macht vielleicht die frische Luft…“ Elli ließ sich nicht auf seine Schmeicheleien ein. Er machte sie verlegen, was sie sich keinesfalls anmerken lassen wollte.
„Sie wollen mir doch nicht etwa weismachen, dass sie zu Fuß hier hergekommen sind?“, staunte er nun.
„Doch, natürlich. Warum denn nicht? Das Wetter ist doch sehr schön für einen kleinen Spaziergang.“
„Werden Sie denn nicht von Benthin gebracht? Wie nachlässig von ihm!“ Schnell hatte er das Gespräch wieder auf sein offensichtliches Lieblingsthema gelenkt.
„Mein Mann hat schließlich auch noch andere Dinge zu erledigen!“, verteidigte Elli ihn nun.
„So eine bezaubernde junge Dame lässt man doch nicht alleine durch die Weltgeschichte laufen. Da kann ja wer weiß was passieren…“
„Ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen!“, entgegnete Elli leicht verärgert.
„Natürlich können Sie das! Sie schlagen jeden, der Ihnen zu nahe kommt, ganz leicht mit Ihren Worten in die Flucht!“ Er lachte herzhaft. „Es ist mir ein wahres Vergnügen, Sie wieder erleben zu dürfen!“ Seine Ironie erinnerte Elli an Benthin, wenn er in Form war. Unwillkürlich musste sie lächeln.
„So gefallen Sie mir schon besser!“ Er trat den verbliebenen Stummel seines Zigarillos am Boden aus. „Was ist, gehen wir hinein? Man hat mich nach draußen in die Kälte verbannt, weil ich rauchen wollte. So viele Frauen auf einem Haufen gegen mich - da konnte ich auch mit Charme nichts erreichen. Das ist mir ein schöner Verein!“
„Was wollen Sie denn in der Suppenküche?“, wollte Elli wissen.
„Ich dachte, wenn ich schon mal hier bin, mache ich mich gleich nützlich, oder können Sie keine Hilfe gebrauchen?“
„Doch, selbstverständlich. Es kommt nur …“
„… unerwartet ?“
„Ja.“ Warum schien dieser Mann zu wissen, was sie dachte?
„Sie denken, ich sei ein dekadenter Herumtreiber, stimmt’s? So einer hilft doch nicht bei der Armenspeisung!“ Elli fragte sich, ob ihre Gedanken auf ihrer Stirn geschrieben standen. Sie fühlte sich ertappt, zuckte aber nur gelangweilt mit den Schultern, um ihm nicht die Genugtuung zu verschaffen, dass er richtig gelegen hatte. Er zwinkerte ihr zu:
„Also gut. Das lässt sie kalt. Unter uns: ich bin vor allem Ihretwegen gekommen… Und um Sie über den neuesten Stand meiner versprochenen Nachforschungen zu unterrichten. Geben Sie’s zu - Sie dachten, ich würde es vergessen!“
„Nein, das dachte ich nicht. Ich habe es normalerweise mit zuverlässigen Menschen zu tun…“
„Ich weiß schon: Benthin ! Der Inbegriff von Verlässlichkeit…“
„Jetzt lassen Sie doch endlich diese Sticheleien! Wenn Sie etwas gegen meinen Mann haben, sagen Sie es frei heraus!“ Elli hatte die Nase voll von seinen ständigen Andeutungen. Er beugte dicht sich zu ihr vor und sah ihr aus unmittelbarer Nähe in die Augen:
„Oh, da habe ich wohl einen wunden Punkt getroffen. Gehen wir jetzt rein oder nicht?“
„Ja, ich habe ohnehin nicht die Zeit, den ganzen Tag hier herum zu stehen und sinnlose Gespräche zu führen! Drinnen wird meine Hilfe dringender benötigt.“ Sie wandte sich ab und streckte den Arm aus, um den Türgriff zu fassen. Doch er war schneller. Geschickt kam er ihr zuvor und öffnete mit einer eleganten Geste die Tür. Als sie an ihm vorbeiging und ihn keines Blickes würdigte, stellte er sich ihr in den Weg und raunte ihr mit verführerischer Stimme zu:
„Bitte verzeihen Sie mir. Ich habe wohl ein wenig übertrieben, verehrte Frau von Benthin.“ Erneut war er ihr viel näher gekommen als es statthaft war.
Nachdem er sich den anderen Vereinsdamen nun noch einmal in
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