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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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Geräusch würde endlich aufhören, um sich wieder dem herrlichen Traum hinzugeben. Es sollte noch nicht vorbei sein - zu erregend waren die Empfindungen, die er in ihr ausgelöst hatte, beinahe so als sei alles real gewesen. Immer noch meinte sie, ein entschlossenes Drängen seiner Hand auf ihrem Schenkel zu spüren. Schon wieder war da dieses pochende Geräusch. 
    Es klopfte an der Tür.
    „Frau von Benthin? Hallo! sind Sie wach?“ Elli hörte ein Rascheln und ein dumpfes Geräusch - als ob sich jemand auf ein gepolstertes Sitzmöbel fallen ließ. Schon fiel gleißendes Sonnenlicht herein. Frau Roth hatte die dichten Vorhänge beiseite geschoben. Elli hob mühsam den Kopf und fiel sofort wieder zurück auf ihr Kissen:
    „Frau Roth? Was…? Ich… habe geträumt...“ Alles drehte sich, und ein dröhnender Kopfschmerz machte sich bemerkbar.
    „Herr Blöhm sucht Ihren Mann. Unten ist ein Herr, der einen Termin mit ihm hat. Wissen Sie , wo er… - ach, da sind Sie ja, geht es Ihnen nicht gut, Herr von Benthin? Sie sehen ja verheerend aus - Verzeihung!“ Sie hatte Benthin auf dem Sessel neben Ellis Bett entdeckt und konnte ihre Verwunderung über seinen Aufzug nicht unterdrücken. So derangiert hatte sie ihren Arbeitgeber noch nie gesehen. Er saß dort wie ein Häufchen Elend, seine Krawatte lag am Boden, ebenso die Weste. Sein Kragen war weit geöffnet, das Hemd hing ihm teilweise aus der Hose. Er hatte sein Jackett über seinen Schoß gelegt. Seine Haare waren zerwühlt, seine Augen wirkten übernächtigt. Er räusperte sich: 
    „Meine Frau ist krank. Ich fürchte, sie hat sich die Grippe eingefangen. Würden Sie bitte den Arzt holen?“
    „Haben Sie Fieber, Frau von Benthin?“
    „Ich glaube ja, ich fühle mich merkwürdig schwach, und mein Kopf tut entsetzlich weh.“ Sie sah zu Benthin - er musste die Nacht an ihrem Bett gewacht haben - und errötete, da der Traum von eben noch so präsent war. Verlegen sah er weg und stand langsam auf.
    „Haben Sie die ganze Nacht hier gesessen?“
    „Ja… Selbstverständlich. Ich habe mir Sorgen gemacht. Ihr Bewusstsein war seit gestern Abend vom Fieber getrübt.“
    „Es sieht so aus, als sei es vorüber. Bekommen Sie so etwas immer, wenn Sie hohes Fieber haben?“, wandte sich Frau Roth an Elli.
    „Zuletzt als Kind. Der Arzt meinte aber, das wächst sich aus.“
    „So viel zu Ärzten - alles Quacksalber! Mein Ältester hat auch damit zu kämpfen. Am besten helfen Wadenwickel, um das Fieber zu senken. Wie ich sehe, hat Ihr Mann das ganz ordentlich gemacht.“
    „Danke“, antwortete er leise und schlich aus dem Zimmer.
    Später bescheinigte ihm auch der Arzt, Benthin habe genau richtig gehandelt. Das Fieber war so weit gesunken, dass Elli nun immerhin bei vollem Bewusstsein blieb. Nichtsdestotrotz war sie weit davon entfernt, wieder als gesund bezeichnet werden zu können, selbst wenn sie der Ansicht war, bereits in der kommenden Woche wieder ihren gewohnten Tätigkeiten nachgehen zu können. Der Arzt redete ihr ernsthaft ins Gewissen, sich nicht zu überschätzen. Es handele sich zwar nicht um die gefürchtete Influenza, der schon so viele Menschen in diesem Winter zum Opfer gefallen waren, aber dennoch befand er ihren Zustand als kritisch. Da er ein Mediziner mit viel Erfahrung und gesundem Menschenverstand war, ahnte er einen Zusammenhang zwischen Ellis seelischer Verfassung und ihrem körperlichen Zusammenbruch. Er stellte eine tiefgreifende Erschöpfung bei ihr fest, von der sie sich seiner Ansicht nach nicht mal so eben in wenigen Tagen wieder erholen konnte. Ihre unvernünftige Haltung gefiel ihm ebenso wenig wie ihr offensichtlich spärliches Essverhalten. Sie war zwar nicht mager, hätte aber, um besser zu Kräften zu kommen, gut und gerne einige Kilo mehr vertragen. Er überzeugte sie schließlich, sich so lange zu schonen, bis er ihr erlauben würde, ihre Aufgaben wieder aufzunehmen. Auch Benthin führte er mit deutlichen Worten vor Augen, wie wichtig eine vollständige Genesung für Elli war und machte ihn bei der Gelegenheit darauf aufmerksam, auch auf seine Gesundheit Acht zu geben. Seinem wachsamen Blick war nicht entgangen, wie abgespannt Benthin im Vergleich zu früheren Jahren wirkte als dieser ihn - damals noch Junggeselle - sporadisch konsultiert hatte. Er wollte sich nicht zu sehr in ihre Privatangelegenheiten einmischen, doch fragte er sich, ob den beiden das Eheleben so zusetzte, dass sie sich gegenseitig krank machten. Dabei wirkten

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