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Seine einzige Versuchung

Seine einzige Versuchung

Titel: Seine einzige Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Westphal
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beide menschlich durchaus sympathisch und umgänglich. Da kannte er ganz andere Ehekonstellationen, die eher Anlass zu der Vermutung gegeben hätten, dass sich mitunter ein Mann und seine Frau gegenseitig mehr schadeten als nützten.
    Wie vom Arzt vorausgesehen, besserte sich Ellis Zustand deutlich langsamer als sie angenommen hatte. Das Fieber blieb zwar niedrig, wurde aber zum Dauerbegleiter der nächsten zehn Tage, ebenso wie die bleierne Müdigkeit und andauernde Kopfschmerzen, die sie mal mehr, mal weniger heftig plagten. Sie hatte bisweilen das Gefühl, die Decke würde ihr auf den Kopf fallen, doch an Lesen war angesichts der Kopfschmerzen nicht zu denken, ebenso wenig an Spaziergänge im Park. Mitunter setzten sich Frau Roth oder Benthin an ihr Bett und erzählten Neuigkeiten oder lasen ihr etwas vor, wobei sie meistens einschlief. Zwischen Phasen des erschöpften Schlafes hatte sie viel Zeit zum Nachdenken. Sie überlegte, ob Kabus im Park auf sie gewartet haben mochte und wie wohl seine Reaktion gewesen war, als sie nicht erschien. Auf ihren Wunsch hin hatte Benthin dem Frauenverein durch Paulsen über ihren Zustand Bescheid geben und sie bis auf Weiteres entschuldigen lassen. Um Jakob kümmerte er sich jetzt wieder verstärkt selbst. Er stellte fest, dass sich einige Arbeiten, die ihm bisher überaus dringend erschienen waren, sehr wohl verschieben ließen oder delegiert werden konnten. Einige Fälle hatte er an Gerlach übergeben, andere Dinge konnte Blöhm erledigen, der unter dem Vertrauen, das ihm Benthin in dieser Situation entgegenbrachte, regelrecht aufblühte. Es tat ihm nach der Überwindung seines anfänglichen inneren Widerstrebens gegen jegliche Veränderung sogar richtiggehend gut, etwas mehr Verantwortung übertragen zu bekommen. Benthin hatte verstanden, dass er so wie während der letzten Monate nicht weitermachen konnte. Er gefährdete damit nicht nur seine, sondern auch Ellis Gesundheit.
     
    Langsam schritt Ellis Genesung voran. Sie hatte inzwischen akzeptiert, dass Benthins Hausarzt ein fähiger Mann war, dessen Urteil man vertrauen konnte. Als das Fieber endlich überstanden war und die Kräfte allmählich zurückkamen, befolgte sie seinen Rat, zunächst einmal nur sehr kleine Spaziergänge zu unternehmen. Auch Benthin bestand mit Nachdruck darauf, dass sie sich von Paulsen zum Park fahren ließ und dieser sie begleitete, wenn er selber keine Gelegenheit dazu hatte. Keinesfalls wollte er riskieren, Elli alleine dort herumlaufen zu lassen… Schon wähnte Elli sich gestärkt genug, um ihren Vereinskolleginnen endlich wieder beistehen zu können, als ihr der Hausarzt einen Strich durch die Rechnung machte:
    „Es geht Ihnen zwar schon besser, aber wenn Sie so weitermachen wie bisher, brechen Sie schon bald wieder zusammen. Ich rate Ihnen dringend zu einem Sanatoriumsaufenthalt in einem Seebad, mindestens drei bis vier Wochen.“
    Elli wollte nichts davon wissen:
    „Aber ich werde im Frauenverein gebraucht - dazu habe ich gar keine Zeit. Es geht mir doch wieder gut!“ Nun schaltete sich Benthin ein, der bislang schweigend daneben gestanden hatte:
    „Die Vereinsdamen haben es nun schon fast drei Wochen ohne Dich geschafft, dann werden sie es auch noch etwas länger durchhalten!“ Er war ungehalten über ihren Dickkopf. Noch einmal könnte er so eine Sorge um sie nicht ertragen.
    „Woher willst Du das wissen? Du warst ja noch nie dort!“ Immerhin war sie wieder so weit bei Kräften, dass sie in der Lage war, treffsicher zu kontern. Die Gegenwart des Arztes vergaß sie dabei völlig. Dessen Kopf ging nun wie bei den Zuschauern eines Tennisturniers wieder zurück zu Benthin, der zum nächsten Schlag ausholte:
    „Nein, ganz im Gegensatz zu…“ Er realisierte die Anwesenheit des Arztes und bremste er sich gerade noch aus, bevor er den Namen des mutmaßlichen Rivalen aussprach. Soeben erschloss sich dem Doktor ansatzweise, wie es um die Ehe der beiden stand. Er bedauerte seine Erkenntnis insgeheim, da ihm aufgefallen war, wie sehr Benthin sich um seine Frau bemühte. Um die Wogen zu glätten, meldete er sich zu Wort:
    „Es ist doch niemandem damit gedient, wenn Sie gleich wieder krank werden und dann vielleicht nicht so glimpflich davonkommen. Sie würden wahrscheinlich noch viel länger als Arbeitskraft ausfallen oder womöglich gar nicht mehr helfen können, weil eine chronisch angeschlagene Gesundheit das nicht erlaubt…“ Elli lenkte ein:
    „Entschuldigen Sie meinen Ausbruch. Es

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