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Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)

Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)

Titel: Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Binder
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widerwillig Platz machende Fahrzeugkolonnen. Das ist übrigens immer so: Wir müssen irgendwo durch, wo es nicht weitergeht, damit wir vorne Platz machen können, damit es dann irgendwann doch wieder weitergeht. Diesen logischen Ablauf scheinen viele Autofahrer jedoch nicht zu begreifen. Da wird dann für den ersten Streifenwagen zögerlich ein Weg freigemacht, den man dann aber sofort wieder zumacht, sodass der zweite Streifenwagen und die folgende Feuerwehr erneut Probleme haben vorbeizukommen. Was so schwierig daran ist, einfach eine Gasse zu bilden und diese so lange offen zu lassen, bis es weitergeht, hat sich mir bis heute nicht erschlossen.
    Wir kämpfen uns also mit laut heulendem Martinshorn und Blaulicht langsam durch den Stau, und dann sehen wir es.
    Ja, da sind Schafe auf der A 1 , aber nicht eins oder zwei, wie ich angenommen hatte. Nein, die gesamte dreispurige Autobahn vor uns ist voller Schafe! Auf dem Seitenstreifen sind Schafe, auf dem Fahrstreifen, auf dem Überholstreifen und auf dem Mittelstreifen – überall stehen die blökenden Viecher und gucken wenig intelligent zu uns herüber.
    Nadine und ich tauschen einen ratlosen Blick. Wie sollen wir die von der Fahrbahn bekommen?
    Erst mal schalte ich das Martinshorn aus, das die Tiere ohnehin wenig beeindruckt hat. Nadine gibt die Situation per Funk an die Leitstelle weiter und erfährt knapp: »Kein zweiter Wagen frei. Ihr Mädels macht das schon!«
    Ja, wir machen das schon. Aber wie?
    Zunächst versuchen wir, die Herde zumindest daran zu hindern, durch den Mittelstreifen auf die Gegenfahrbahn zu laufen, indem wir dort entlangrennen, mit den Armen fuchteln und »Husch, husch!« schreien, mit dem Erfolg, dass sich die Schafe allmählich in Bewegung setzen und tatsächlich den Mittelstreifen räumen.
    Von unserem Erfolg bestärkt, fahren wir mit unserem »Husch husch«-Gebrüll fort und treiben die Herde unter den amüsierten Blicken der wartenden Autofahrer über die Autobahn. Aber eben leider nur über die Autobahn und nicht von ihr runter. Keines der Schafe ist dazu zu bewegen, sich auf dem Feldweg, von dem sie offensichtlich gekommen sind, zurück zu ihrer Weide zu begeben.
    Mittlerweile schwitzen Nadine und ich ordentlich von dem Rumgerenne. Die Schafe stehen unbeeindruckt weiterhin auf der Fahrbahn und glotzen blöd. Ich bin nach einem kleinen Sturz über ein Lamm, das mir in die Quere gelaufen war, von oben bis unten voller Schafscheiße, und auch Nadines Uniform hat gelitten und weist am Hemdsärmel ein großes Loch auf, während eines der Schafe gemächlich auf dem grünen Stofffetzen herumkaut.
    Kurz, wir kommen nicht weiter. Genervt funke ich die Leitstelle um Unterstützung an, nur um wieder die Antwort zu erhalten: »Keiner da! Der Schäfer ist verständigt, braucht aber etwa eine Stunde, bis er da ist.«
    Ratlos betrachte ich, an den Streifenwagen gelehnt, die Herde. Wenn wir hier einfach eine Stunde warten, werden uns die Autofahrer im Stau sicher lynchen. Und selbst dann steht noch nicht fest, wie lange der Schäfer braucht, um seine Schafe wieder auf den rechten Weg zu führen.
    Plötzlich vibriert das Diensthandy in meiner Hemdtasche. Es ist die Wache. »Tim hier!«, meldet sich der Funker. »Hör mal, wir hatten letztens auch Schafe auf der Bahn. Nicht ganz so viele, aber schon ein paar. Wenn du die an den Füßen packst und auf den Rücken drehst, laufen sie nicht weg, und ihr könnt sie wegtragen!«
    »Ja, ja, ich komm vom Dorf. Ich weiß, wie ich Schafe stilllege und transportiere. Aber ich denke nicht, dass wir die etwa vierhundert Stück hier einzeln von der Bahn tragen werden!«, unterbreche ich ihn ungeduldig.
    »Habt ihr den Lämmertrick schon probiert?«, will Tim jetzt wissen.
    »Den Lämmertrick?« Zum Glück kann er meinen dämlichen Gesichtsausdruck nicht sehen. »Was soll das denn sein?«
    »Schafe sind ja etwas doof, deshalb laufen sie immer in die Richtung, wo eines der Biester am lautesten schreit. Schnapp dir ein Lamm. Lass es blöken, und dann renn mit dem blökenden Lamm dahin, wo die anderen hinsollen!«
    »Is klar. Danke für den Hinweis!« Ich tippe mir in Nadines Richtung mit dem Finger an die Stirn. »Tim hat sie auch nicht mehr alle.«
    Sie nickt nur und wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht. Die Hand ist von der schmutzigen Schafwolle fettig und hinterlässt eine braune Dreckspur auf Nadines Stirn.
    Eine Weile schaue ich mir die Schafe an und stelle fest, dass die Viecher tatsächlich immer dahin

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