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Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)

Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)

Titel: Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Binder
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Rettungswagen klettere.
    Mittlerweile ist der Notarzt eingetroffen und versucht herauszufinden, was überhaupt passiert ist. »… hat Kinder hier auf dem Spielplatz angegriffen … haben Mühe gehabt, ihn überhaupt in den Rettungswagen zu bekommen … steht total unter Drogen … war wohl schon mal in der Geschlossenen …«
    Abwesend höre ich Peters Erklärungen zu, während ich mir den Rotz von der Jacke wische, die Gummihandschuhe ausziehe und froh bin, dass die Fahrt mit dem Rettungswagen nicht so lange dauern wird, denn das Alexianer-Krankenhaus, die Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Porz, liegt ganz in der Nähe.
    Die Kollegen begleiten den Rettungswagen, während Peter und ich auf dem Spielplatz bleiben und versuchen, aus den Kindern herauszubekommen, was eigentlich genau passiert ist. Aber auch wir können keine Ursache für den Ausraster des Mannes finden und schreiben schließlich eine kurze, fast schon nichtssagende Strafanzeige. Glücklicherweise wurde keines der Kinder verletzt, und auch wir sind diesmal ohne größere Blessuren davongekommen.
    Leider geht das Zusammentreffen mit wahnhaften Personen nicht immer so glimpflich ab, manchmal kann es sogar ganz schön kritisch werden, wie im Fall einer jungen psychotischen Frau.
    »Wir sind da, gehen Sie von ihr runter! Wir machen das jetzt schon!«
    Mir bietet sich ein ziemlich sonderbares Bild: In einem Vorgarten liegt ein kräftiger Mann in Anzug und Krawatte am Boden, unter ihm ein vielleicht gerade achtzehnjähriges Mädchen. Es bekommt sichtlich schlecht Luft und rührt sich kaum noch.
    »Gehen Sie runter!« Meine Stimme nimmt einen nachdrücklichen Tonfall an.
    Der Mann lockert zögerlich seinen Griff. »Wie Sie wollen. Aber sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewa…«
    Er kommt nicht dazu, den Satz zu beenden, denn kaum kann sich das Mädchen wieder etwas bewegen, beginnt sie sich zu winden wie ein Aal und robbt über den Rasen zu den Gehwegplatten hin, wo sie ihren Schädel immer wieder auf den Stein knallt.
    Nach einer Schrecksekunde sind mein Kollege und ich zur Stelle. Peter packt das Mädchen, schlingt seinen Arm mit einem geübten Griff um ihren Hals und hindert sie daran, ihren Kopf erneut auf die Platten zu schlagen. Ich schmeiße mich wie üblich quer über den Unterkörper, um den Kollegen vor Tritten zu bewahren. Dabei reiße ich mir die Dienstjeans an den Gehwegplatten auf und fühle einen scharfen Schmerz an beiden Knien, schaue aber nicht nach, sondern konzentriere mich darauf, die Beine der jungen Frau unter meinem Körper zu fixieren.
    »Ich hab Sie gewarnt!« Der Mann im Anzug hat sich aufgerappelt und schaut jetzt auf uns herunter, während das Mädchen nur noch wilder um sich schlägt und tritt und immer wieder versucht, Peter in den Arm zu beißen.
    » SCHEISSBULLEN !«, brüllt sie immer wieder. »Fotze! Fotze! Fotze!«
    Sie ist zierlich und nicht besonders kräftig, aber ihre Bewegungen sind schnell. Sie ist gelenkig, und wir bekommen ihre Gliedmaßen kaum unter Kontrolle.
    » UNTERSTÜTZUNG !«, keuche ich in das Funkgerät, dessen Knopf ich so gerade gedrückt bekomme, ohne die Beine loszulassen. Die nächsten Minuten kommen mir vor wie Stunden. Immer wieder gelingt es dem Mädchen, einen Arm freizubekommen oder ein Bein in unsere Richtung zu ziehen. Sie kratzt und beißt wie irre, und selbst meine Kleinkindern vorbehaltene besonders beruhigende Stimmlage kann nicht zu ihr durchdringen.
    » VERPISST EUCH ALLE !« Sie beginnt erneut zu kreischen, und endlich höre ich aus der Ferne Martinshörner.
    »Sie spielen unser Lied«, presst Peter grinsend hervor und versucht gleichzeitig, das Mädchen so gut festzuhalten, dass sie stillhält, ohne sie halb umzubringen.
    Erst als ich eine Hand auf meiner Schulter spüre, realisiere ich, dass Unterstützung da ist. Vor Anstrengung klingeln mir die Ohren. Kaum zu glauben, dass so eine kleine Person uns so viel entgegenzusetzen hat.
    Zu viert gelingt es uns schließlich, sie zu einem kleinen Paket zu verschnüren und so weit von den Gehwegplatten wegzuschleifen, dass sie ihren Kopf nur noch auf die Wiese donnern kann. Als sie sich selbst nichts mehr tun kann, stehe ich mit zerrissener und blutiger Jeans auf und gehe zu dem Herrn im Anzug, der aus sicherer Entfernung zu uns herübersieht.
    »Binder!« Ich strecke ihm meine Hand hin. »Sie hatten recht, wir hätten sie so liegen lassen sollen, aber das konnte ich ja nicht ahnen.«
    Er grinst und macht eine wegwerfende

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