Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
künstliche Befruchtung vorzunehmen. Und er leidet, weil du nicht den Mumm hast, die Sache durchzuziehen.«
Wieder überkommt mich Scham. Mein Herz pocht heftig. Ich hasse sie. Ich hasse sie vom Grunde meines Herzens.
»Wo willst du hin?«, fragt sie mit einem Blick auf meine Tasche.
»Raus aus meinem Haus!« Nun werde ich laut.
»Ich bin auf Arts Einladung hier.« Sie wirft das dunkle Haar über die Schulter zurück – eine herausfordernde Geste.
»Und zum Herumwühlen in seinem Büro, hat er dich da auch eingeladen?«, schnaube ich, eingedenk der knarrenden Dielen.
Morgan verdreht die Augen. »Er hat mich eben erst angerufen und gebeten, etwas in einem Ordner für ihn nachzusehen. Ich warte auf meinen Wagen, und dann muss ich in die Stadt zu einer Besprechung.« Sie legt den Kopf auf die Seite. »Bittet er dich nie um solche Gefälligkeiten, Geniver? Du bist doch den ganzen Tag zu Hause«, meint sie mit einem höhnischen Grinsen. »Wahrscheinlich nicht. Zu unzuverlässig.«
Ich bin zu wütend um zu antworten. Im Grunde weiß ich, dass ich auch deswegen so wütend bin, weil sie einen wunden Punkt getroffen hat. Aber das gibt ihr noch lange nicht das Recht, so mit mir zu sprechen.
Morgan deutet auf meine Tasche. »Wo warst du letzte Nacht? Vielleicht hast du ja ein Verhältnis?«
»Wie? Himmel, Morgan …«
»Du warst doch bei Lorcan Byrne, oder?«
Ich erstarre.
»Da war nichts.« Die Worte sind heraus, bevor mir klar ist, wie schuldbewusst sich das anhört.
»Zwischen dir und Lorcan?« Sie runzelt die Stirn. »Wirklich? Ich habe ihn ja kennengelernt. Ich weiß, wie er tickt.«
Was soll denn das nun wieder heißen?
»Woher willst du wissen, dass ich Lorcan überhaupt gesehen habe?«
»Von Art«, sagt sie. »Und Hen weiß auch Bescheid. Sie hat Art angerufen, als du dich gestern Abend bei ihr aus dem Staub gemacht hast. Da war beiden gleich klar, dass du nur zu ihm gegangen sein kannst. Die arme Hen war ganz aufgelöst am Telefon.« Morgan schüttelt den Kopf. »Du hast sie in eine sehr unangenehme Lage gebracht, Geniver. Ziemlich egoistisch von dir.«
» Was?«
»Ach, komm schon. Art und Hen wissen genau so gut wie ich, was er für einen Ruf hat.«
»Du meinst, weswegen sie ihn damals rausgeschmissen haben?«, sage ich. »Das ist lange her. Lorcan ist mir nur behilflich.«
»Ich wette«, meint sie verächtlich, »dass er draußen im Auto auf dich wartet.«
Ich antworte nicht. Angst und Scham ergreifen von mir Besitz. Schon allein der Gedanke, dass Art mit ihr und Hen über Lorcan und mich redet.
»Schon bei der Party habe ich gesehen, wie er dich ansieht. Lorcan ist noch ganz der Alte. Wie ein Wolf, der sich ein Opferlamm ausgesucht hat.« Dann werden ihre Augen ganz weit. »Aber natürlich! Er hat dir all diese lächerlichen Anschuldigungen gegenüber Art eingeredet!«
»Nein. Und lächerlich sind sie schon gar nicht.«
» Er war das«, wiederholt sie. »Und dass er in der Anfangszeit bei Loxley Benson mit der Frau des Kunden geschlafen hat, das hat er bestimmt auch bestritten«, schnaubt sie.
»Darüber haben wir nicht gesprochen, Morgan. Das ist, wie schon gesagt, sehr lange her.«
Ich muss hier zum Ende kommen. Ich sollte einfach gehen, und doch dreht sich das, was sie über Lorcan als Wolf gesagt hat, in meinem Kopf im Kreis.
Und Morgan spürt meine Unsicherheit.
»Schau mal, ich sage das wirklich ungern, aber ich möchte, dass du die Wahrheit weißt.« Sie kommt näher, und ich bekomme einen Hauch ihres Parfums in die Nase. Ein dunkler, schwerer Duft nach würzigen Kräutern. »Da war ja nicht bloß die Frau des Kunden … Auf dieser Reise mit Art durch die Staaten, da hat Lorcan praktisch keine Droge ausgelassen. Und dafür gesorgt, dass auch Art alles Mögliche ausprobiert.«
»Na und?« Das hatten mir Lorcan und Art schon selbst erzählt. »Da waren sie beide Anfang zwanzig. Das ist schon ewig her.«
»Aber die Drogen waren nur das eine.« Sie spitzt die Lippen. »Auf dieser Reise hat Lorcan mit ungefähr zwanzig Frauen geschlafen, die meisten schon älter und wohlhabend. Er hat sie benutzt, Geniver. Aber so war es nicht nur in den Ferien. Ich weiß von mindestens drei weiteren solchen Fällen hier zu Hause. Und solange er mit Art befreundet war, hat er öfter zwei Freundinnen gleichzeitig gehabt, ohne dass sie’s wussten natürlich. Das weiß ich von Art.« Sie hält inne. »Weißt du, dass er auch jetzt jemanden in Irland hat?«
Ihre Selbstgerechtigkeit ist beinahe
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