Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
oder vielleicht auch von Art, doch ein Blick auf das Display verrät mir, dass es Bernard O’Donnell ist. Wir haben nicht mehr miteinander gesprochen, seit Lorcan und ich vor einigen Stunden nach Shepton Longchamp aufgebrochen sind. Ed zu finden hatte jeden Gedanken an Bernard verdrängt.
Ich halte das Handy ans Ohr. »Bernard? Tut mir leid, dass ich nicht angerufen habe. Wir sind in Shepton Longchamp und …«
»Ich bin auch hier«, unterbricht Bernard mich, und ich frage mich, welche neue Enthüllung mich wohl erwartet.
»Ich bin Ihrem Mann gefolgt. Er ist wieder zum Wardingham Arms gefahren, am frühen Nachmittag.«
Ich ringe nach Luft. Art muss dort angekommen sein, kurz nachdem Lorcan und ich nach Somerset aufgebrochen sind.
»Dieses Mal habe ich draußen gewartet und gesehen, wie er das Arms verlassen und zu einem anderen Hotel gegangen ist … dem … dem Princess Alice.« Bernard spricht so schnell, dass seine Worte sich überschlagen. »Ich habe gesehen, wie er in einen VW einstieg. Ich bin ihm hierhergefolgt, nach Shepton Longchamp. Er hat gerade vor einer Garage angehalten … am Stadtrand. Sieht aus, als würde er auf jemanden warten.«
Mir dreht sich der Kopf. Ich schaue zum Haus zurück, als mein Taxi um die Ecke biegt. »Oh Gott, Bernard.«
»Haben Sie den Laden gefunden, nachdem Sie gesucht haben?«
»Ja, und …« Ich senke die Stimme, damit der Taxifahrer mich nicht hören kann. »Und wir haben meinen kleinen Jungen gefunden. Bernard, er ist ein Junge, kein Mädchen. Wusste Ihre Frau … wusste Lucy davon?«
Schockiert hält Bernard den Atem an. »Nein. Mary hat Lucy nur von einem ›Baby‹ erzählt, aber als wir Sie im Internet gesucht haben, haben wir die Hinweise auf ›Beth‹ gesehen und angenommen, das Baby sei ein Mädchen. Sind Sie sicher, dass es ein Junge ist?«
»Ja.« Ich versuche, mich zu konzentrieren. »Wo genau ist diese Garage?«
»Rushdown Road. Sie befindet sich hinter einem Waldgelände. Das Ganze sieht von draußen ziemlich heruntergekommen aus.« Bernard holt tief Luft. »Moment mal, da ist eine Frau – sie ist gerade aus einem Taxi gestiegen. Sie geht hinüber zu Mr. Loxley.«
Angst mischt sich mit wütender Neugier. »Wer ist sie? Wie sieht sie aus?«
»Ich weiß nicht; sie trägt eine blaue Mütze oder Kappe oder so, die sie tief übers Gesicht gezogen hat. Sie ist schlank. Ich sehe blondes Haar. Ihr Mann steigt gerade aus seinem Wagen. Das Taxi, mit dem sie gekommen ist, fährt weg. Sie reden miteinander.«
Ich umklammere mein Handy. Der Taxifahrer beobachtet mich neugierig im Rückspiegel. Ich wende mich ab, halte das Handy dichter an meinen Mund.
»Haben sie ein Kind dabei?«
»Nein. Jetzt gehen sie in die Garage rein.«
Mein Herz rast. Ist es möglich, dass es sich um die Frau handelt, die Art als seine Ehefrau ausgibt – und dass man ihnen gleich Ed bringt? Lorcan würde es doch sicher gesehen haben, wenn Ed das Haus verlassen hätte? Außer … meine Gedanken überschlagen sich. Lorcan wartet an der Vorderseite des Hauses. Es könnte einen Hintereingang geben … der vielleicht zu dem Waldgebiet führt … vielleicht hat man Ed durch den Wald zu dieser Garage gebracht … vielleicht warten Art und die Frau jetzt auf ihn, bereit, mit ihm zu verschwinden …
Ein anderer Gedanke drückt mich nieder: Möglicherweise ist Lorcan irgendwie in die Sache verwickelt. Ich schiebe den Gedanken beiseite. Ich kann es nicht zulassen, dass ich auch ihm noch misstraue.
»Ich bin unterwegs.« Ich beende das Telefonat und gebe dem Taxifahrer die Rushdown-Road-Adresse. »Wie weit ist das von hier?«
Der Taxifahrer sieht mich über die Schulter an. »Nur ein paar Straßen«, antwortet er.
»Fahren Sie dorthin«, sage ich. »So schnell wie möglich.«
Als das Taxi das Waldstück erreicht, das Bernard beschrieben hat, verlangsamt der Fahrer das Tempo. Beim Anblick der Garagen beginnt mein Herz zu hämmern. Ganz in der Nähe parkt ein Wagen. Es ist nicht Arts VW . Aber ich habe ja nur ein paar Minuten gebraucht, um hierherzukommen. Art und diese Frau sind bestimmt noch da. Endlich habe ich sie. Grausame Bilder von dem, was ich tun werde, schießen mir durch den Kopf. Ich stelle mir vor, wie meine brennende Wut aus meinen Händen herausbricht … meine Nägel sich in ihr Gesicht graben … meine Füße sie in den Boden trampeln …
Und dann sehe ich plötzlich Ed in Gedanken vor mir. Mein Baby ist der kleine Junge dieser Frau. Zumindest ist er das nach fast acht
Weitere Kostenlose Bücher