Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
das, was sie sagt, nicht wahr ist. Aber dazu kenne ich Art viel zu gut.
Tief in meinem Innern zerbricht etwas.
»Alles wegen Macht und Geld.« Die Worte rutschen mir im Flüsterton heraus.
»Um die finanzielle Seite habe ich mich gekümmert«, sagt Morgan, die meine Worte missversteht. »Art hat mir dabei geholfen. Wir haben alle in bar bezahlt. Insgesamt über eine Million.«
Mir dreht sich der Kopf. Die 50 000 Pfund, die Art MDO für Hen bezahlt hat, kommen mir plötzlich belanglos vor. Und unschuldig. Oh Hen, denke ich. Es tut mir so leid.
»Du verstehst Art einfach nicht. Nicht so wie ich«, sagt Morgan schmallippig. »Er gleicht völlig unserem Vater – ein wirklich großer Mann, der sich nicht in ein Korsett aus Konventionen zwängen lässt. Er liebt mich mit einer Macht, die du dir nicht einmal vorstellen kannst. Wir lieben einander.«
Ich schüttle den Kopf. Morgan deutet auf die Tür, die zurück in den Gang führt. »Nun weißt du, wie alles angefangen hat«, sagt sie. »Es ist Zeit, dem ein Ende zu setzen.«
»Was willst du damit sagen?« Angst schnürt mir die Kehle zu.
»Jared?« Auf Morgans Ruf hin erscheint der Riese an der Tür. Sein Gesicht ist noch immer halb von seiner Kapuze verdeckt, doch ich kann seine Mundpartie erkennen. Grimmig und entschlossen. »Bring Lorcan in den Wagen. Wir gehen.«
Sie winkt mich zur Tür. »Komm, Geniver.«
Ich sehe mich verzweifelt nach etwas um … irgendetwas, das ich als Waffe verwenden kann, um Morgan und Jared abzuwehren. Aber es gibt nichts.
Im Gang geht Morgan mir voraus. Sie hat fast die Küchentür erreicht. Ich kann Jareds Grunzen und Lorcans gedämpfte Schreie hören.
Mein Instinkt gewinnt die Oberhand. Ich stürze mich auf Morgan, stoße sie zu Boden, stürme zurück durch den Gang und zur Haustür hinaus. Inzwischen ist es völlig dunkel. Ich laufe, so schnell ich kann, die Auffahrt entlang. Ziehe mich am Tor hoch. Wenn ich es schaffe hinüberzuklettern, kann ich einen Wagen anhalten …
»Geniver!«, ertönt Morgans Stimme vom Vorbau her. »Sei nicht dumm.«
Ich halte inne. Sehe mich um. Morgan lehnt gegen eine der Säulen und beobachtet mich. Ihr seidiges schwarzes Haar glänzt im Lichtschein, der aus der Haustür fällt.
»Jared richtet gerade seine Pistole auf Lorcan«, sagt sie ruhig. »Wenn du nicht sofort herkommst, werde ich ihm befehlen abzudrücken. Lorcan wird tot sein, bevor du die Straße erreichst. Ich zähle bis drei«, fährt Morgan fort. »Eins …«
Ich zögere. Mein Instinkt sagt mir, dass ich weglaufen soll. Morgan selbst ist nicht bewaffnet. Es gibt nur eine Pistole. Und doch bin ich davon überzeugt, dass sie den Befehl geben wird, Lorcan zu töten.
»Zwei …«
Wenn ich zurückgehe, haben wir beide noch eine Chance.
»Geniver?« Morgans Stimme ist kalt und fest. »Wie lautet deine Entscheidung?«
Dann bin ich aufgewacht und hab aus dem Fenster geschaut, und da war wieder die böse Frau – direkt auf unserer Auffahrt! Und ich war sauer auf sie, weil ich Ärger bekommen habe, weil sie ein Foto gemacht hat und Mama mich ganz früh ins Bett geschickt hat. Ich dachte daran, dass ich ein tapferer Ritter sein wollte, und hab mein Schwert geholt, was wirklich albern war, denn selbst damals, als ich noch klein war, wusste ich, dass es nur ein Spielzeugschwert war, das niemandem wehtun würde.
Ich hatte Angst, aber ich war bereit, den speziellen Kampfplan zu verfolgen, denn das hatte ich Mama versprochen. Und ich habe wieder aus dem Fenster geschaut. Die böse Frau ging jetzt die Auffahrt hoch auf unser Haus zu. Mama war auch unten, und da ist mir zum ersten Mal klar geworden, dass Mama meine Hilfe brauchte.
Ich bin noch einmal ihren speziellen Kampfplan durchgegangen. Es gab nur zwei Dinge, die ich zu tun hatte.
Flüsternd versprach ich wieder, sie zu tun.
Kapitel 24
Morgan steht immer noch da. Sie öffnet den Mund. »Drei.«
»Okay.« Mir bleibt keine Wahl. »Okay. Ich komme.«
Auf dem Weg zum Haus habe ich nur einen einzigen Gedanken. Ich muss Jared die Pistole abnehmen – und wenn ich ihn damit erschießen muss. Ich habe keine Ahnung, wie man mit so etwas umgeht – außer der naheliegenden Tatsache, dass man den Abzug betätigen muss. Ich habe noch nie eine Schusswaffe in der Hand gehabt. Ich muss davon ausgehen, das Morgan die Sache hier bis zum Ende durchziehen wird – mein und Lorcans Leben sind der Preis für ihre Freiheit.
Im Augenblick hält sie alle Trümpfe in der Hand. Lorcan ist gefesselt, Jared
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