Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
sehe hinüber. Er nimmt mit erhobenen Händen Abstand von Jared.
Nein. Er gibt den Kampf auf. Er gibt auf, um mich zu retten. Aber das wird nichts nützen. Morgan wird ihr Vorhaben durchführen. Sie wird uns beide töten. Deshalb hat sie uns hierhergebracht. Ich sehe ihn flehentlich an, aber er starrt nur auf die Pistole an meiner Kehle, den Mund vor Schreck weit aufgerissen.
»Nicht schießen«, schreit er.
Jared packt ihn an den Händen und bindet sie ihm wieder auf den Rücken. Morgan hebt das Taschenmesser auf und steckt es in die Tasche. Die Waffe hält sie die ganze Zeit auf mich gerichtet. Wieder ergreift mich Panik, zieht mir die Brust zusammen und schnürt mir die Kehle zu. Ich versuche mich zu konzentrieren.
»Was immer du vorhast, du wirst nicht damit durchkommen«, sage ich schnell. »Überleg doch, Morgan. Keiner wird glauben, dass Lorcan und ich irgendwo draußen auf dem Land zufällig in eine Schießerei geraten sind.«
»Das sollen sie auch gar nicht glauben«, erwidert Morgan genüsslich. »Sie werden gar nicht auf die Idee kommen, dass ihr tot sein könntet.«
»Aber was sonst …?«
»Du und Lorcan, ihr seid ein Liebespaar. Du hast dich entschieden, Art zu verlassen, und ihr brennt zusammen durch. Dabei seid ihr in Wirklichkeit hier begraben.« Sie deutet auf die feuchte Erde zu ihren Füßen.
Mich schaudert.
»Eigentlich sollte Jared ja das Bowiemesser dazu benutzen – eine Pistole ist gar so laut –, aber dieses Ding hier …« Sie tätschelt ihre Tasche mit dem Schweizermesser, »… das ist noch viel besser. Es ist eure eigene Waffe, keinerlei Verbindung zu mir, falls euch jemals einer ausbuddeln sollte, was natürlich nicht geschehen wird.«
Ich starre sie entgeistert an. Das alles darf einfach nicht wahr sein.
»Und wie genau brennen wir durch?«, fragt Lorcan.
»Mit deinem Wagen, Lorcan«, antwortet sie ganz ruhig, »der gerade vor meinem Haus geparkt steht.« Sie schmunzelt angesichts seiner Überraschung. »Was denn? Hast du gedacht, ich würde ihn nicht bemerken? Jared wird ihn am Bahnhof stehen lassen und ich werde mit deiner Kreditkarte Fahrkarten kaufen.«
Ich schlucke. Es scheint, als hätte sie an alles gedacht. Außer …
»Aber warum sollten Lorcan und ich überhaupt weglaufen?«, frage ich. »Niemand wird glauben, dass wir so etwas tun.«
»Meinst du?«, fragt sie abschätzig. »Ihr habt Sex miteinander. Da ist euch alles zuzutrauen. Selbst Art wird das einsehen.«
Mir verschlägt es den Atem, als ich begreife, wie gut ihr Plan eingefädelt ist. Sogar an das, was Art von mir erwartet, hat sie gedacht. Er wird enttäuscht sein, wenn ich mit Lorcan durchbrenne, aber er wird es glauben.
»Komisch wird es trotzdem aussehen, wenn wir einfach so abhauen, ohne uns von irgendwem zu verabschieden.«
»Das glaube ich nicht«, meint Morgan und grinst. »Jeder, der dich kennt oder von dir gehört hat, weiß, wie labil du bist.«
»Das stimmt nicht.« Ich starre sie an. Der Wind rauscht in den Hecken, die sich im Scheinwerferlicht am Wegrand abzeichnen.
»Oh doch«, sagt Morgan. »Alle, von deiner besten Freundin, die glaubt, dass du noch immer von deinem gestorbenen Kind besessen bist, bis zu Leuten, die dich nur vom Hörensagen kennen oder ein einziges Mal getroffen haben, wie Bitsy und Bobs.«
Ich schüttele den Kopf. »Und was ist mit O’Donnell? Die Leute mögen mich für labil halten, aber bestimmt nicht für eine Mörderin.«
»Mach dich nicht lächerlich, Geniver«, schnauzt sie. »Auf seinem Handy und an seiner Kleidung sind doch deine Fingerabdrücke. Mein Hinweis an die Polizei wäre eigentlich gar nicht nötig gewesen. Und der Taxifahrer, der dich zu den Garagen gefahren hat, wird sich auch an dich erinnern …ganz zu schweigen von den Zeugen, die in London euren Streit mit O’Donnell beobachtet haben.«
Mein Magen fällt ins Bodenlose, als mir die kleine Gruppe einfällt, die zugesehen hat, als Bernard von Lorcan gegen die Hauswand gedrückt wurde. Woher weiß Morgan nun das schon wieder?
Morgan sieht meine Verwirrung und lächelt. »Bernard hat das vor seinem Tod erzählt.« Sie bricht ab und drückt die Waffe fester gegen meine Haut. »Du siehst, dein Motiv werden sie vielleicht nicht ganz verstehen, aber du – und Lorcan –, ihr seht verdammt schuldig aus.« Zu Jared gewandt sagt sie: »Wir müssen mit ihnen hier durch.« Sie zeigt auf ein besonders dichtes Gebüsch.
Jared stößt den wieder gefesselten Lorcan vor sich her. Morgan zieht mich
Weitere Kostenlose Bücher