Seit du tot bist: Thriller (German Edition)
herausgeben.«
Lorcan legt seine Hand auf den Empfangstresen, neben ihre. »Ist da denn gar nichts zu machen?«, fragt er leise. »Wir würden es wirklich zu schätzen wissen.«
Die Empfangsdame starrt ihn an. »Hören Sie …« Sie zögert. »Ich werde mit der Büroleiterin reden. Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, mit ihm Kontakt aufzunehmen … ihm Ihre Daten weiterzuleiten, damit er sich mit Ihnen in Verbindung setzen kann.« Sie schenkt Lorcan ein Lächeln und trabt dann davon.
»Rodriguez darf auf keinen Fall erfahren, dass ich versuche, ihn ausfindig zu machen«, zische ich.
»Keine Sorge, wir haben ja nicht deinen wirklichen Namen genannt.«
Ich nicke und durchquere dann den Raum. Ich schaue durch die Glastüren und sehe die Trauerweide, auf die ich damals stundenlang gestarrt habe. Der Gebärraum liegt genau gegenüber. Es ist seltsam, wieder hier zu sein und Dinge zu sehen, die mir so vertraut sind und doch einem anderen Leben anzugehören scheinen.
Einen Augenblick später kommt die Empfangsdame zurück, begleitet von einer anderen Frau – einer älteren, mit harten Gesichtszügen.
»Hallo?« Die Büroleiterin starrt mich an, ohne zu lächeln.
Oh Gott, es ist die Frau, mit der ich gestern telefoniert habe.
»Hi«, sage ich. »Es tut mir sehr leid, Sie zu stören, aber …«
»Und mir tut es leid, aber es widerspricht einfach unseren Grundsätzen, persönliche Informationen weiterzugeben.« Sie hält inne, zieht die Augenbrauen hoch. »Sie waren das, die gestern hier angerufen hat, stimmt’s?«
»Nein«, lüge ich und spüre die Schamesröte im Gesicht.
»Wirklich nicht?« Sie zieht die Augenbrauen noch weiter hoch. »Natürlich nicht, denn wenn Sie es gewesen wären, dann wüssten Sie ja, dass Dr. Rodriguez nicht mehr hier arbeitet, und dann hätten Sie ganz sicher keinen Termin bei ihm, nicht wahr?«
Mein Gesicht brennt.
Die Büroleiterin rümpft verächtlich die Nase. »Dr. Rodriguez ist, kurz nachdem er hier wegging, umgezogen«, erklärt sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldet. »Wir haben seine neue Adresse nicht.«
Sagt sie die Wahrheit? Ich betrachte ihre geschürzten Lippen, den Lippenstift, der sich bis in die Falten um ihren Mund herumzieht. Ihre Augen strahlen nicht einen Funken Wärme aus. Die Empfangsdame, die neben ihr steht, sieht beschämt aus. Sie wirft Lorcan immer wieder entschuldigende Blicke zu.
»Ich gehe davon aus, dass Dr. Rodriguez uns mitgeteilt hätte, wie wir ihn erreichen können, wenn er gewollt hätte, dass man ihn findet«, sagt die Büroleiterin. »Aber das hat er nicht.« Sie richtet sich zu ihrer vollen Größe auf.
Wir starren einander an. Ich weiß nicht, ob diese Frau einfach übertrieben dienstfertig ist oder ob Dr. Rodriguez sie instruiert hat, alle Nachfragen abzuwehren. Dann merke ich, dass Lorcan mich am Arm zieht.
»Vielen Dank für Ihre Hilfe.« Er nickt den beiden Frauen zu, der Empfangsdame, der man immer noch deutlich ansieht, wie unangenehm ihr das Ganze ist, und der Büroleiterin. Dann führt er mich sanft nach draußen.
Plötzlich ist Wind aufgekommen, schlägt mir kalt ins Gesicht. Während wir schweigend die Treppe hinunter zurück zum Wagen gehen, ziehe ich mir meine blaue Mütze über die Haare.
»Ich denke, wir müssen einen anderen Weg finden, Rodriguez ausfindig zu machen«, sagt Lorcan mit einem Seufzer.
Ich nicke und gehe in Gedanken die Möglichkeiten durch. Ich habe Rodriguez schon gegoogelt; er ist nicht auf Yell.com, Facebook oder LinkedIn zu finden und auch nicht im Allgemeinen Ärzteregister. Welche anderen Wege gibt es, diesen Mann aufzuspüren?
Wir erreichen Lorcans Wagen, und ich gehe um ihn herum zur Beifahrerseite.
»Warten Sie!«, hallt es durch die Straße an unser Ohr.
Es ist die Empfangsdame aus der Klinik, die auf dem Bürgersteig angetrippelt kommt. Sie erreicht Lorcan und sagt atemlos: »Gott sei Dank habe ich Sie noch erwischt. Es tut mir so leid, das da drinnen.« Sie schaut mich schräg von der Seite an, und ich spüre, dass sie mit Lorcan allein reden will.
Ich ziehe mich in den Wagen zurück und schließe die Tür. Draußen führt Lorcan die Empfangsdame ein paar Schritte vom Auto fort. Sie reden ruhig miteinander. Wenige Minuten später steigt Lorcan ein.
»Was sollte das denn?«
»Du hast ihr sehr leidgetan, sie wollte helfen.« Lorcan lehnt sich auf seinem Sitz zurück. Auf seinem Gesicht breitet sich langsam ein Lächeln aus.
»Aber wie?«
»Sie hat mit einer Krankenschwester
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