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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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machen einen kleinen Wochenendausflug. Wir werden deinem Freund James einen Besuch abstatten.«

Kapitel 14

    James erwartet mich an der Bahnsteigschranke, obwohl ich ihm gesagt hatte, dass ich keinen Abholservice benötige. Eigentlich wollte ich ihn gar nicht sehen, aber da er nun schon mal da ist, finde ich seine Anwesenheit doch angenehm.
    Er wirkt grau, sein Mund ist ein schmaler Strich, was nur unterstreicht, wie attraktiv er normalerweise ist.
    »Du siehst furchtbar aus«, sage ich ihm, als er mir meine Tasche abnimmt.
    »Danke«, sagt er. »Hübsche Klamotten übrigens.« Die Freude darüber, nicht mehr jedes Wort auf die Goldwaage legen zu müssen, hat mich wohl zu sehr in die andere Richtung gelenkt. Er blickt auf mich herab und hält mich mit seinem prüfenden Blick fest. »Also was genau hat dich dort festgehalten?«
    »Ich sagte dir doch, da zog dieses Unwetter auf, und William hatte sich das Auto seiner Schwester geliehen, eine regelrechte Klapperkiste, und …« Ich quatsche zu viel. »Wieso warst du überhaupt allein zu Hause?«
    »Oh«, sagt er und schwingt seine Schlüssel ein wenig zu lässig. »Charlotte wollte sich eigentlich vor dieser beschissenen Dinnerparty in Chelsea drücken, und wir dachten, das wäre ihr auch gelungen, aber dann musste sie doch hin.«
    »Sie war wieder da?«
    »Jetzt spiel dich hier nicht als prüde Haushälterin auf. Ja, sie war in deiner Wohnung«, blafft er mich an.
    »Es geht dabei nicht um mich. Aber es macht auf mich nicht den Eindruck, als wärst du allzu glücklich mit ihr.«
    »Erzähl mir was, das mich aufzuheitern vermag«, sagt er und öffnet den Wagen. »Wir gehen ins Little Lisbon.«
    Little Lisbon ist eine ziemlich üble Tapasbar auf der Oval Road, die ich nur aufsuche, wenn anderswo schon Sperrstunde ist und ich von einem Todeswunsch beseelt bin.
    »Du bist doch derjenige, der behauptet, die Chorizo dort sei aus Hundepimmeln gemacht.«
    »Ist sie auch«, bestätigt er und fährt los. Wir nähern uns dem Waterloo-Kreisverkehr, und er sieht mich erwartungsvoll an, bis ich einwilligend mit den Schultern zucke, was er ohnehin stillschweigend vorausgesetzt hat.
    »Ein Drink«, sage ich.
    »Ein Drink«, willigt er ein.
    Sangria ist eine wirklich abscheuliche Erfindung, aber wenigstens überdeckt der Orangensaft, wie ekelhaft der billige Rotwein tatsächlich schmeckt. Wir sind inzwischen fast am Grunde des Krugs angekommen, zu dem wir etwas Hundepimmel-Chorizo und eine Tortilla bestellt haben, die nach Erbrochenem riecht und schmeckt. Wir sitzen eingezwängt auf einer winzigen Bank hinten in der Bar, während auf dem Widescreen-Fernseher ein lautes ausländisches Fußballspiel übertragen wird, das eine dunkelhäutige Männermeute am Tresen abwechselnd mit lautem Jubel oder Stöhnen kommentiert.
    »Der ist fast leer«, sagt James und knallt den Krug auf den Tisch.
    »Lass das, sonst denken sie, wir wollen noch einen.«
    Wir ziehen voreinander angewiderte Alkoholiker-Gesichter und wetteifern darum, wer mit seinem Gesicht die beste Grimasse schneiden kann.
    »Lass uns noch einen Tequila trinken«, schlägt James vor.
    »Morgen ist ein Werktag. Und du bist mit dem Auto da.«
    »Das hol ich mir in der Früh. Im Moment ist mir alles egal.« Seine Stimmung wechselt von himmelhochjauchzend zu zu Tode betrübt, und im Moment schlägt das Pendel wieder in Richtung Melancholie aus. Bisher war es mir gelungen, das Thema abzublocken, aber jetzt hält ihn nichts mehr. Die arme Charlotte. Offenbar spricht ihr Freund kaum mit ihr, wenn sie lange Autofahrten machen, und sagt ihr auch nie, dass sie schön ist. Es gibt noch verschiedene andere Ungeheuerlichkeiten, darunter auch die, dass er sie in ihrem Beruf nicht unterstützt, doch inzwischen höre ich nur noch ein einziges Rauschen.
    »Entschuldige, wenn ich mich wiederhole wie eine hängengebliebene Schallplatte, aber wird sie ihren Verlobten nun abservieren?«
    »Ja, natürlich. Aber nicht sofort.« Ich sehe ihn an und beiße mir auf die Lippe. »Wieso?«, sagt er gereizt.
    »Es kann doch nicht ewig so weitergehen. Du könntest ihr ein Ultimatum stellen.« Er schnaubt abwehrend, und mir wird klar, dass er genauso verblendet ist wie all die anderen armen Narren, die eine Affäre haben, und genauso überzeugt, dass sie die einzig Wahre ist und in einer anderen romantischen Biosphäre existiert. Er ist womöglich sogar noch verblendeter, weil ihm bisher noch nie eine das Herz gebrochen hat. Er wird also gar nicht in der Lage

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