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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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Sinn, darüber nachzudenken, warum sie in den vorangegangenen Wochen so wenig Interesse an mir gezeigt hatte, als ich niedergeschlagen durch unser Haus schlich und es mir ganz offensichtlich elend ging, eingemummt in mehrere Schichten sexabweisenden Cord.
    »Aber ich muss dir etwas erzählen, was dich aufmuntern wird«, sagte sie und schenkte mir Wein bis fast zum Überlaufen nach.
    »Was denn?«
    »Shaun hat ein Haus für uns!«
    Ein paar Studenten im dritten Jahr zogen aus einer hellen Wohnung mit Holzfußböden aus, die sie von jemandes Vater gemietet hatten. Auf diese Weise umgingen wir die Liste der schäbigen studentenfreundlichen Bruchbuden, die von den ortsansässigen Vermietern feilgeboten wurden. Sally hatte Polaroids, die sie auf dem Bett ausbreitete und sich dabei immer mehr in ihre Begeisterung hineinsteigerte. Ich sah sie mir an, und mir gefiel die Aussicht auf dieses kultivierte urbane Leben. Ich war damals so sehr auf sozialen Aufstieg bedacht, so sehr bereit, die Werte meiner Eltern über den Haufen zu werfen und mich im Eiltempo in die entgegengesetzte Richtung zu bewegen. Dann sah ich sie mir noch mal genauer an.
    »Wo ist das dritte Schlafzimmer?« Sally schnitt eine Grimasse. »Wir können nicht … wir haben es Lola versprochen.«
    »Aber die ist doch perfekt! Außerdem hat sie Justin. Ich würde es nicht sagen, wenn’s nicht so wäre.«
    »Ich glaube aber nicht, dass sie mit Justin zusammenleben möchte.« Ich wusste es, nachdem wir mehr Zeit miteinander verbracht hatten. Sie waren sich beide sicher, dafür noch den Rest ihres Lebens zu haben, und wollten aus ihren Studentenjahren das Beste herausholen. »Das können wir nicht machen!«, sagte ich, doch als ich Sallys düstere Miene sah, wurde ich schwach. »Ich meine, ich weiß wirklich nicht, wie wir es anstellen sollen.«
    Ich war erledigt.
    Sally hatte einen Plan. »Ich möchte sie auf keinen Fall verletzen«, sagte sie mit einem Gesichtsausdruck, der mir vermitteln sollte, dass sich dies wohl von selbst verstehe. »Aber es wäre unverzeihlich, das Angebot abzulehnen.« Meine Aufgabe bestand darin, so zu tun, als sei uns die Wohnung über Freunde der Familie überraschend angeboten worden – käme das von Sally, wäre die Verbindung zu Shaun allzu offensichtlich –, und zwar zu einer derart günstigen Miete, dass wir nicht hätten Nein sagen können. Jedes Mal wenn ich mir das Gespräch mit Lola ausmalte, wurde mir regelrecht übel, aber jedes Mal wenn ich daran dachte, Sally zu enttäuschen, erging es mir noch schlimmer. Ich war eine ganz schlechte Lügnerin und sagte das Sally auch. »Manchmal muss ein Mädchen das tun, was ein Mädchen tun muss«, meinte sie fröhlich. »Wir werden es ihr gemeinsam sagen, wenn du magst.« Was für eine abscheuliche Alternative. Ich wollte mich nicht derart gegen sie verbünden, doch die Aussicht, ihre Enttäuschung allein ertragen zu müssen, wäre noch schlimmer gewesen. Es ging alles so schnell. Insgeheim schwankte ich noch, während Sally bereits vorpreschte und die saftige Kaution hinterlegte, sodass mir der Rückzug versperrt war. Natürlich hätte es einen Ausweg gegeben, wenn ich nur genügend Rückgrat besessen hätte, aber ich war schon zu weit gegangen.
    Es lief besser und zugleich schlimmer als erwartet. Lola schrie und fluchte nicht, sie errötete nur tief und bat uns, ihr Zimmer zu verlassen. »Nicht doch, Lola«, sagte Sally und versuchte, auf sie zuzugehen und ihren Kummer mit einer ihrer patentierten Umarmungen zu ersticken.
    »Es ist mir ernst«, sagte Lola würdevoller, als ich das je sein könnte. »Ich möchte einfach, dass ihr geht.«
    Ich sah sie erschrocken an, sie hielt meinem Blick, ohne mit der Wimper zu zucken, stand. Es war der Augenkontakt zweier Vorstadtmädchen, und er traf mich tief. Sie teilte mir auf diese Weise mit, dass das, was ich getan hatte, unverzeihlich war, sie und ich aus anderem Holz geschnitzt waren: Sallys Lebhaftigkeit brachte unweigerlich diese Art von launischem Umschwung mit sich, aber dieses Recht gestand Lola mir nicht zu. Als wir in die Küche kamen, brach ich in Tränen aus, und kurz darauf fing auch Sally zu weinen an. Ihre Tränen stelle ich allerdings infrage, es waren wohl eher Krokodilstränen, doch damals verbanden sie uns umso mehr. Sally und ich klammerten uns aneinander, als wären wir die Opfer.
    »Soll ich dir was verraten, was dich aufheitern wird?«, sagte sie, nachdem unsere Schluchzer verstummt waren.
    »Nun sag schon.«
    »Wir

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