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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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ich mich damals benommen habe. Es war so egoistisch …«
    Ihr Stirnrunzeln verrät mir, dass sie mir noch nicht ganz vergeben hat, aber sie bringt sich rasch unter Kontrolle. Liegt es schlichtweg in der Natur des Menschen, dass die tiefsten Schnitte eine Narbe hinterlassen müssen, oder sind unsere Wunden empfindlicher, weil Sallys Intensität auf alles abgefärbt hat?
    »Ich muss ständig an William denken«, sagt sie und macht um das von mir Gesagte einen großen Bogen wie um eine Schmutzlache. »Weißt du überhaupt, dass er aus den Staaten zurückgekommen ist und wieder hier lebt?«
    »Ja, ja, das weiß ich«, sage ich, und meine Stimme klingt hoch und künstlich.
    »Ich habe ein paar Mal bei ihm angerufen, aber nichts von ihm gehört. Aber jetzt …« Sie sieht mich verlegen an, und ich freue mich selbstgefällig, dass ausnahmsweise mal ich genauestens darüber informiert bin. »Er lässt Madeline nächsten Monat taufen.«
    »Ja, ich weiß. Ich gehe auch hin.«
    »Großartig! Das ist großartig«, sagt sie und versucht dabei vergeblich, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen. Soll ich ihr erzählen, dass ich Patin sein werde, oder führt uns das auf gefährliches Terrain? »Hast du ihn denn gesprochen?«
    Ich sehe sie an und versuche eine Antwort zu formulieren, doch die Worte bleiben mir fast im Hals stecken.
    »Ja, habe ich. Er wollte sich mit mir sogar treffen.« Warum sage ich sogar? »Um über früher zu reden. Du weißt schon, über das, woran ich mich erinnere … über Sally.«
    »Oh. Genau.«
    »Er ist ein netter Mann, nicht wahr? Ich bin froh, dass sie es so gut getroffen hat.«
    »Ich denke eher, er glaubt es gut getroffen zu haben«, wirft Lola blitzschnell ein.
    »Ja, nein. So habe ich es nicht gemeint. Ich meinte nur, dass er ein netter Mann ist. Bei all deinen Reisen nach New York wirst du ihn doch gut kennengelernt haben.«
    »Ich war nur ein paar Mal dort.« Alles, was wir einander sagen, scheint spitz rüberzukommen, selbst wenn es gar nicht so beabsichtigt ist. Wenn wir doch die Vergangenheit auf sich beruhen und ganz zwanglos miteinander kommunizieren könnten. Aber durch das, was ich getan habe, bleibt mir diese Möglichkeit verschlossen. »Aber ja, sie gingen ganz toll miteinander um.«
    »Tatsächlich?« Das zu hören stimmt mich traurig. Aber ich muss es hören, muss mich ständig daran erinnern, dass William nie wirklich zu mir gehören kann.
    »Ich meine, ich kann von Glück sagen, wenn ich von Justin am Valentinstag einen Strauß Osterglocken bekomme!«, sagt Lola, deren Gesicht ihre Schwärmerei für Sally nur allzu deutlich widerspiegelt. Sie hat sie offenbar nie von ihrem Podest heruntergeholt. »Ich erinnere mich an das letzte Mal, als ich bei ihnen war, da ging es darum, dass er ihr ein angemessenes Geschenk von seiner Geschäftsreise mitbringen sollte, etwas anderes als Pralinen oder ein Parfüm aus dem Duty-free-Shop. Er war in Mailand gewesen und hatte tatsächlich seinen ganzen letzten Tag dort darauf verwandt, durch die Straßen zu laufen und nach dem passenden Geschenk zu suchen. Er hätte sogar fast den Flieger verpasst.«
    »Und was hat er ihr mitgebracht?«, frage ich so neutral wie möglich, damit sie nicht merkt, wie gierig ich auf Details bin, die mir, wie ich weiß, nur wehtun werden. Aber es geht dabei nicht nur um William, ich möchte erfahren, wer sie geworden ist: Wenn ich weiß, wer sie geworden ist, werde ich vielleicht auch wissen, warum sie gegangen ist.
    »Es war ein wunderschönes handgearbeitetes Fotoalbum. Ich glaube, er legte noch ein Foto von Madeline hinein, bevor er es ihr überreichte.« Lola sieht mich mit leuchtenden Augen an. »Es war so romantisch.«
    »Und hat es ihr gefallen?«, frage ich und fühle mich ein wenig mulmig dabei, als wäre ich ein Gauner beim Trickdiebstahl.
    »Ja, natürlich.«
    Das dürfte wenige Wochen vor ihrem Tod gewesen sein. William wird noch immer alles drangesetzt haben, ihre Anerkennung zu gewinnen. Hat sie ihn dafür geliebt oder verachtet, wie er das oft zu befürchten schien?
    »Und sie waren glücklich?«
    »Ja, Livvy, Sally war glücklich! Sie hatte ein wunderbares Leben. Was willst du hören?«
    »Es ist nur … du weißt doch, wie sie war. Sie hat die Leute doch gern auf Trab gehalten, nicht wahr?«
    Lola hat dafür nur ein zorniges Schulterzucken übrig.
    »Hat sie das? Wir waren Studentinnen, Livvy, das ist lange her. Sie war eine Ehefrau und Mutter. Sie ist erwachsen geworden.«
    Für einen kurzen

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