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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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habe, ihn nicht zu heiraten, wird er mich sicherlich des Grundstücks verweisen wollen.
    »Du bist Olivia!«, wiederholt er lächelnd. Ich vermag nicht genau festzustellen, ob er seine Freude ernst meint. »Die Karte, die du zu Madelines Geburt geschickt hast, hat einen Ehrenplatz auf unserem Kaminsims.«
    »Wirklich?« Ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie erschrocken ich bin. Es war mein letzter Versuch, die Kluft zwischen uns zu überbrücken, denn so naiv, wie ich war, hoffte ich, Sally sei durch die Geburt zu einer Art sanftmütigen Madonna geworden. In einem Anflug von Wahnsinn hatte ich ein Gedicht geschrieben, wie ich das schon während meines Studiums oft und gern getan hatte, und fühlte mich doppelt gedemütigt, als eisernes Schweigen die einzige Antwort war.
    »O ja. Sally hat oft an dich gedacht und sich gefragt, wie es dir wohl geht. Sie war am Boden zerstört, weil du nicht zu unserer Hochzeit kommen konntest.«
    Wäre es vielleicht denkbar, dass meine Einladung bei der Post verloren ging? Natürlich nicht: wie grässlich, dass Sally mich noch immer dazu bringt, alles infrage zu stellen, selbst noch im Tod. Ich betrachte William und versuche souverän zu bleiben. Komisch – wenn ich ihn mir jetzt ansehe, wird mir klar, dass ich sowohl recht als auch unrecht hatte mit meiner scharfsinnigen, wenn auch auf verletztem Stolz beruhenden Beobachtung angesichts dieser Hochzeitsfotos. Dort entdeckte ich die Aufrichtigkeit der von ihm ausgestrahlten Freude, deutete sie aber als Ja und Amen sagende Ergebenheit, weil Sally in ihm nur wieder einen Gefolgsmann aufgelesen hatte. Die von ihm ausgehende Kraft und seine Selbstsicherheit konnte ich nicht vorausahnen. Er ist auch größer, als er gewirkt hat – natürlich, denn Sally wird, wenn ich darüber nachdenke, unvermeidlich die Art von Absätzen getragen haben, die den Gang zum Traualtar so gefährlich wie eine Schlittschuhbahn machen –, und eine stattliche Erscheinung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er unter dem anthrazitfarbenen Anzug, den er wie eine zweite Haut trägt, einen Sixpack versteckt, aber diese Korpulenz unterstreicht seine Präsenz. Seine Augen gefallen mir am besten. Sie sind weich und dunkel – sie liegen tief in den Höhlen und strahlen eine Freundlichkeit aus, die auch der ihnen anhaftende Schmerz nicht auszulöschen vermag.
    »Dann weißt du also, wer ich bin?«, frage ich zögernd.
    »Ob ich weiß, wer du bist? Madelines zweiter Name ist Olivia.« Ich werde ganz blass und erinnere mich an den Tag, als ich Sally kennenlernte und ich mich ihr vorstellte. »O-liv-ia«, sagte sie, als hätte sie nie was Lächerlicheres gehört.
    »Sie hat es sehr bedauert, dass ihr euch aus den Augen verloren habt.«
    Aus den Augen verloren: Das klingt so sanft, so träumerisch, so gar nicht nach der Sally, die ich kannte. Ich falle, verliere meinen Halt in dem Abgrund zwischen dem Mädchen, das ich kannte, und der Frau, die er beschreibt.
    »Ja, ich auch«, erwidere ich mit trockenem Mund. Ich sollte gehen: Ich sollte gehen, bevor mein Ärger sich gegen meinen Willen schäumend Luft macht. Ich komme mir vor wie in diesem Spiel auf Kindergeburtstagen, wo du mit verbundenen Augen so lange im Kreis gedreht wirst, bis deine Freunde in nicht identifizierbare Feinde verwandelt sind, die erst dann aufhören werden, wenn dir so schwindelig und übel ist, dass du nur noch um Gnade winseln kannst. William wirft immer wieder einen verstohlenen Blick auf sein Telefon, wenn er sich unbeobachtet glaubt. Warum bin ich hier? Es muss quälend für ihn sein, diese Art von Smalltalk über sich ergehen zu lassen. »Ich sollte wieder ins Haus gehen«, sage ich und rechne damit, dass er erleichtert zusammensackt, doch er wirkt fast enttäuscht. Ich suche nach den richtigen Worten. »Es tut mir so unglaublich leid. Wenn ich irgendwas tun kann …«
    »Das kannst du«, springt er sofort darauf an. »Allein deine Erinnerungen an Sally aus einer Zeit, in der ich sie noch nicht kannte, würden Madeline und mir unglaublich helfen. Ich weiß, dass ihr in Leeds beste Freundinnen wart – ich möchte, dass die Kleine ein möglichst vollständiges Bild davon bekommt, wer ihre Mutter war.«
    Mir wird immer beklommener zumute. Warum bittet er ausgerechnet mich darum? Wenn er weiß, was für enge Freundinnen wir waren, muss ihm doch auch klar sein, dass ich mich nicht einfach in Rauch aufgelöst haben kann. Wieder drängt sich mir das Gefühl auf, dass wir von einer völlig

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