Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
Vom Netzwerk:
Gedankenblitz: Sally, die wegen Gabriel in meinen Armen schluchzt. Das ist der Grund – der wahre Grund –, weshalb ich nicht zulassen kann, dass meine Gefühle für William stärker werden: Je unerreichbarer jemand ist, desto mehr will man ihn haben, was einen automatisch leiden lässt. James ist der Beweis – dazu brauche ich mir nur ihn und seinen momentanen Zustand anzusehen. Ich springe auf und trete an den Herd.
    »Ich wusste doch, dass da Karotten drin sind!«
    Ich breche in den frühen Morgenstunden zu den Pinewood-Studios auf und kann nur hoffen, dass die getönte Feuchtigkeitscreme mich ausgeschlafen aussehen lässt. James und ich waren bis nach Mitternacht aufgeblieben und redeten, da mich das Thema William doch mehr beschäftigte, als ich zugeben wollte. Ich spielte alles runter und wiederholte mein Verslein von wegen, dass es ein aus der Trauer geborener Irrtum war, wobei ich allerdings ausließ, dass in mir etwas geweckt worden war, das mich zu ihm hinzog. Dass ich diesen grundlegenden Aspekt verschwieg, ist vermutlich der Grund dafür, warum James mir nicht abriet.
    »Der arme Kerl«, sagte er. »Bestimmt fühlt er sich als Marionette, zu allem anderen, was er sonst so abbekommt.« Ich dachte an William an jenem Abend im Berkeley und seinen Hang zur Selbstbestrafung und wusste, dass James recht hatte. »Ich würde ihm noch ein paar Tage Zeit geben und ihm dann noch mal schreiben, um ihn aus seinem Elend zu erlösen.«
    Vielleicht werde ich das, überlege ich, während ich mit James’ altem Golf durch die Sicherheitstore der Pinewood-Studios steuere – wenn er der Meinung ist, dass ich mich wie eine Verliererin benehme, hält er damit nie hinter dem Berg, also kann es nicht so schlimm sein, wenn er mir rät, aktiv zu werden.
    Nachdem ich eine Befragung habe über mich ergehen lassen, als wollte ich hinter den Eisernen Vorhang vordringen, winkt der Sicherheitsbeamte mich endlich durch, und ich suche mir einen Parkplatz. Mir wurde angekündigt, dass Flynns Assistentin mich abholen werde, und nach wenigen Minuten kommt auch schon eine gestresst wirkende junge Frau in den engsten aller hautengen Jeans über den Parkplatz gerannt, in der Hand einen Packen Papier, den Mund quasselnd am Telefon. Ihr kegelförmiges Gesicht ist voller Sommersprossen, gerahmt von dunklem kastanienbraunen Haar, das lose herabhängt: Sie erinnert an einen Fuchs, auf den eine Hundemeute Hetzjagd macht.
    »Bye, bye«, blafft sie mit schneidender Stimme und wendet sich dann an mich. »Verzeihung. Ich bin Katy.«
    »Schön, Sie kennenzulernen.«
    »Folgen Sie mir«, sagt sie und legt ein kolossales Tempo vor. »Ich fürchte, sie überziehen. Flynn meinte, Sie hätten vielleicht Lust, ans Set zu kommen.«
    Ans Set? Und ob! Man dreht eine Außenszene in einem Hinterhof, die Crew steht herum und wartet, bis die Beleuchtung für die nächste Einstellung stimmt. Flynn sitzt wie ein Filmstar in den alten Zeiten auf einem Segeltuchstuhl mit seinem Namen darauf. Er wiederholt seinen Text.
    »Ich möchte ihn nicht stören«, sage ich, als ich Katys wachsende Beklommenheit spüre, aber in dem Moment dreht Flynn sich um.
    »Olivia!«, sagt er und springt mit weit ausgebreiteten Armen auf. Er umarmt mich warmherzig.
    »Hi!«, sage ich, als mein Gesicht gegen seine stoppelige Wange gedrückt wird.
    »Geben Sie uns noch ein paar Minuten, dann gehöre ich ganz Ihnen«, meint er. »Haben Sie Olivia schon was zu trinken angeboten?«, fragt er Katy.
    »Nein, das wollte ich gerade«, erwidert sie.
    Flynn grinst und zuckt in gespielter Verzweiflung die Schultern.
    »Man kriegt heutzutage kein gutes Personal mehr.«
    »Ich hätte gern eine Tasse Kaffee, wenn das okay ist«, sage ich und versuche ihr mit einem Lächeln zu vermitteln, dass er Spaß macht und ich eine Leibeigene bin wie sie. »Ohne Milch …«, doch sie ist schon weg.
    Eine umwerfende französische Schauspielerin namens Marie-Claire, die ich in ein paar Arthouse-Filmen gesehen habe, streicht mit ihren endlos langen Beinen am Set herum und schüttelt ihre dunkle Mähne. Die Szene besteht nur aus wenigen Zeilen, aber der Dialog spielt während eines Regenschauers.
    »Nur du hast für mich gezählt, immer«, fleht sie. »Das musst du mir glauben.«
    Es gießt wie aus Kübeln, als Flynn antwortet.
    »Wenn ich das nur könnte«, sagt er, geht auf sie zu, um sie zu küssen, und schreitet danach aus dem Bild.
    Man sollte denken, das könnte in zehn Minuten erledigt sein, doch die Crew muss es

Weitere Kostenlose Bücher