Seit jenem Tag
ihm zu sagen. Ich trinke ihn höflich am blanken Kieferntisch, während ich immer ängstlicher werde. Sally wird hier an diesem Tisch gesessen und hinaus auf die Scheune geblickt haben, die jetzt die Überbleibsel ihres Lebens beherbergt.
»Bist du dir sicher, dass du das willst?«, fragt er, seinen Becher in seinen kräftigen Händen haltend.
»Ja«, sage ich, bemüht, entschlossen und überzeugt zu klingen.
Nachdem er mich mit einem angespannten Lächeln angesehen hat, rappelt er sich hoch. Er führt mich durch einen herrlich gepflegten ummauerten Garten zur Scheune, die man zu etwas viel Hübscherem umgebaut hat, als das Wort vermuten ließe. In ihrem höhlenartigen Inneren stapeln sich Kiste auf Kiste, beschriftet mit Harrington und darunter die jeweiligen Räume. Schlafzimmer lese ich, und mich erfasst ein Schauder, begleitet von der Erinnerung an improvisierte Studentenumzüge, unsere Habseligkeiten in schäbigen Kartons vom Eckladen, die wir dann durch Sallys winzige Hecktür zwängten, bis sie kaum noch was sehen konnte. Und jetzt bin ich hier und packe ihr Leben aus, aus dem sie herausgerissen wurde. Ich spüre, dass William sich wappnet, bevor er losgeht und von der ersten Kiste das Packband löst.
»Madelines Spielsachen«, stellt er mit einem erleichterten Lächeln fest. Eine streng und altmodisch wirkende Puppe taucht auf, und er schiebt sie zurück in die Kiste, während er seinen Blick über den Rest des Stapels schweifen lässt.
»Das dürften ihre Kleider sein«, sage ich, als ich die Klamottenkisten entdecke. Meine Stimme beginnt zu schwanken. Er reißt das Packband ab wie ein Pflaster von einer schorfigen Wunde. Dort hängt Kleid an Kleid an einer Stange. William ballt den Stoff eines der Kleider in seinen Händen, und ich wende mich ab und schaue aus dem Fenster. Womöglich atmet er ihren Duft ein, vergräbt sein Gesicht darin – es geht mich nichts an. Als ich mich wieder umdrehe, steht er in einiger Entfernung davon und nimmt sie kritisch in Augenschein.
»Mich schaudert, wenn ich daran denke, wie viel die gekostet haben«, sagt er. »Möchtest du …«
Ich schüttele den Kopf, bevor ich es aussprechen kann. Ich trete vor und ziehe ein saphirblaues Etuikleid heraus, das vorn und hinten tief ausgeschnitten ist. Es ist Größe 32. Wie schön sie darin ausgesehen haben muss.
»Oxfam«, sage ich und schlucke. »Bei Oxfam weiß man, wie man für Designerkleider einen anständigen Preis bekommt. Oder bei eBay.« Ich ziehe noch ein paar weitere Kleider heraus, gerate aber, als ich die Duftnote von Chanel N° 19 erkenne, ins Stocken. »Oder du hebst sie auf für Madeline, wenn sie älter ist.«
Jetzt ist William an der Reihe, mit entschlossener Miene den Kopf zu schütteln.
»Die gehen zu Oxfam. Dann tun sie wenigstens noch ein gutes Werk.« Mit einem Marker, der sich in den Karton gräbt, schreibt er es in Großbuchstaben auf die Kiste. »Lass uns weitermachen.« Er sieht mich kaum an, sein Blick ist nach innen gewandt, die flüchtige Lockerheit während der Autofahrt nur noch Erinnerung. Und mich überrollt eine Woge der Angst, als mir bewusst wird, dass ich mich zu weit hinausgewagt habe und das rettende Ufer noch lange nicht in Sicht ist. Der Stoff knistert unter meinen Fingern, und als ich den Parfümduft einatme, spendet er mir ein wenig Trost, weil er eine Zeit heraufbeschwört, in der Sally, ob zu Recht oder nicht, mein Anker war. Nun reißt er eine Kiste voller Toilettenartikel auf, halb aufgebrauchte Gesichtscremes und Bodylotions.
»Das ist ganz leicht«, sagt er und fängt an, den Inhalt in einen Müllsack zu kippen. Ich kann das nicht mit ansehen – meine Hand schießt nach vorne, bevor ich mich zügeln kann.
»William, warte. Bitte …«
»Sag nur, wenn du irgendwas haben möchtest.«
»Das ist es nicht!«, erwidere ich, hoffentlich nicht allzu schroff. »Komm«, sage ich ganz sanft und löse den Sack aus seiner geballten Faust, »lass mich das machen.«
Und ich lege alles hinein, Tube um Tube, wobei ich bewusst jede einzelne in meiner Hand halte. Ich öffne ihre Gesichtscreme, sie ist reichhaltig und zäh und zeigt noch die Vertiefungen, die ihre Fingerkuppen hinterlassen haben. Bevor ich sie dem Sack überantworte, reibe ich ein wenig davon auf meinen Handrücken und atme den Duft ein.
Es gibt Unmengen von Bücherkisten, und William kniet auf dem Boden und durchforstet sie. »Soll ich mit den Kleidern weitermachen?«, frage ich, aber er antwortet nicht. Ich bleibe
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