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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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Plötzlich vermisste ich Matt, der immer dann am glücklichsten war, wenn wir gemeinsam durchs Moor stapften und meine Wangen nur vom bitterkalten Wind gerötet waren. Langsam ließ die Wirkung des Alkohols nach, und ein vorzeitiger Kater setzte ein, wie so oft begleitet von ein wenig Schwermut. Und diese ließ mich innehalten und mich fragen, worauf ich mich gleich einlassen würde, aber ich hatte nicht die Kraft umzukehren: Ich hatte mich so danach gesehnt und war mir sicher, ihn, wenn ich jetzt die Gelegenheit nicht nutzte, an all die anderen Mädchen zu verlieren, die es wirklich wert waren im Unterschied zu mir, der Schwindlerin. Wird schon werden, sagte ich mir und setzte vor dem Spiegel ein breites gekünsteltes Lächeln auf. Hatte ich Heimweh nach der Livvy, die sich unerlaubt einfach entfernt hatte?
    Ich schlüpfte ins Bett, und James stützte sich auf einem Ellenbogen auf.
    »Ich weiß ja, dass es kalt ist, aber willst du wirklich in deinen Partyklamotten zu Bett gehen?«
    Ich kam mir richtig blöd vor. Er lächelte mich an, weil er es spürte und vielleicht sogar erleichtert war, dass ich unter Druck noch immer so linkisch war wie eh und je.
    »Möchtest du kuscheln?«, fragte er. »Du weißt, dass ich ein ausgezeichneter Kuschler bin.«
    Ich nickte stumm und hielt die Decke hoch, damit er zu mir ins Bett schlüpfen konnte, und wünschte mir fast, er würde es wörtlich meinen. Hätte ich doch nur den Mut gefunden, zu sprechen und ihm zu sagen, dass es trotz all meines Draufgängertums viel zu früh für uns war, kaum dass es mit Matt und mir vorbei war. Und ich wünschte, ich hätte ihm sagen können, wie viel einschüchternder sich die Realität im Vergleich zu meinen von Liebe durchtränkten Tagträumen anfühlte, in denen ich immer die Kontrolle über die Inszenierung hatte. Ihn in den Armen zu halten und seinen Körper zu spüren war fast nicht auszuhalten.
    Als er mich küsste, glaubte ich über uns beiden zu schweben und meine Darbietung zu kritisieren. Er streifte mir das Kleid ab und enthüllte Sallys Geschenk. »Wow«, murmelte er und küsste Hals und Schultern um die Träger herum, und ich spürte den gähnenden Abgrund zwischen innen und außen, doch meine Reizwäsche war verpflichtend wie ein Vertrag, den einzulösen mir Angst machte. Ich erwiderte seinen Kuss, streichelte diesen Körper, nach dem ich mich verzehrte, konnte mich allerdings nicht darin verlieren. Heute frage ich mich, warum es sich so falsch angefühlt hat – warum auch hätten wir, ohne die Startbahn zu benutzen, abheben und dorthin kommen sollen, wohin einen natürlicherweise eine Beziehung führt und nicht eine Kollision von Umständen? –, aber damals wäre ich mir wie eine elende Versagerin vorgekommen. Inzwischen waren wir nackt, und er muss gespürt haben, dass mein Körper sich unter seiner Berührung verspannte. Er zog sich zurück, hörte auf, mich zu küssen, und löste seine Hände.
    »Wir müssen das nicht tun.«
    »Vielleicht sollten wir es ein wenig langsamer angehen lassen«, erwiderte ich und überzog sein Gesicht mit Küssen, als wollte ich Abbitte leisten.
    Er küsste mich noch mal, es war nicht viel mehr als ein Streifen unserer Lippen, und dann lagen wir da, keiner von uns schlief, doch keiner wagte sich mehr, die Grenze zu überschreiten. War ihm bewusst, dass ich es nicht konnte, weil ich ihn zu sehr begehrte, und nicht zu wenig? Ihn das zu fragen habe ich bis heute noch nicht den Mut aufgebracht.
    Als ich aufwachte, sah es so aus, als würde er schlafen, und ich schlich mich aus dem Zimmer und hüllte meine Nacktheit in alle Kleider, die ich auf die Schnelle finden konnte. Beim Gehen sah ich, wie er wiederholt ein Auge öffnete und dann wieder schloss. Shaun und Sally saßen in der Küche und tranken Kaffee und kicherten miteinander, als würden sie sich schon seit Jahren kennen. »Moment mal«, sagte Sally und rannte mir nach ins Badezimmer und schloss uns ein.
    »Und?«, fragte sie mit suchendem Blick. Ich versuchte sie wegzuscheuchen und wünschte, ich hätte die Tür rascher zugemacht.
    »Es ist nichts zwischen uns«, antworte ich, um einen fröhlichen Ton bemüht. »Ich hätte es wissen können. Wir sind dazu bestimmt, Freunde zu sein.«
    »Nun, dann weißt du das jetzt wenigstens«, sagte sie mit tröstender Stimme. »Das ist doch besser so oder nicht? Klarheit zu haben?«
    Wie schnell sie doch bereit war, mir zuzustimmen, obwohl meine Beteuerungen nicht einmal eine Vierjährige überzeugt

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