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Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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gefunden, was unsere Beziehung zerstört hatte – den stressigen Alltag. Die Fronten waren geklärt. Keiner von uns war bereit, eine funktionierende, harmonische, unkomplizierte Beziehung für etwas, das wir nicht einordnen konnten, sausen zu lassen.
    »Gut, dann können wir eben keine Freunde mehr sein«, stellte ich bemüht sachlich fest. Tim sah mich enttäuscht an, so dass ich beschwichtigend hinzufügte: »Es funktioniert einfach nicht. Wir würden immer wieder übereinander herfallen.«
    »Dann tun wir das eben!«, versuchte Tim albern, unsere Freundschaft zu retten.
    Ich warf ihm einen gereizten Blick zu und zog mich schnell an.
    »Ich meine es ernst, Tim, wenn wir aus dem Urlaub zurück sind, hört das hier mit uns auf.« Ich machte eine vage Handbewegung, die sowohl Tim und mich als auch das Bett einschloss. Dann beugte ich mich nach unten und suchte unter dem Bett nach meinem zweiten Pantoffel.
    Tim atmete schwer ein. »Ich meine es auch ernst.«
    »Was?«, fragte ich abgelenkt und ging im Kopf noch mal alle Entkleidungsschritte durch, um den Verbleib meines dicken, warmen Strickpantoffels nachvollziehen zu können.
    »Dass wir dann eben weiter übereinander herfallen sollten. Und zwar so lange, bis wir wissen, was es bedeutet.« Tim half mir bei der Pantoffelsuche und redete dabei von unserem Seitensprung, als wäre er ein Test, den man nur oft genug wiederholen musste, um das richtige Ergebnis zu erzielen. Ich wusste nicht, was mich mehr aufregte. Die Tatsache, dass mein zweiter Schuh wie vom Erdboden verschluckt blieb, oder Tims völlig inakzeptabler Vorschlag.
    »Wir sollen weiter übereinander herfallen?!«, fauchte ich ihn entgeistert an. Das konnte er nun wirklich nicht ernst meinen! Und wenn ich meinen verdammten Schuh jetzt nicht endlich fand, dann flog unser endgültig letzter Ausrutscher am Ende sowieso noch wegen so einer Lappalie auf.
    »Ja. Natürlich nur, wenn wir beide Lust haben.« Tim lächelte mich zaghaft an, bevor er unter dem Bett abtauchte, obwohl ich da schon vergeblich gesucht hatte.
    Okay, Tim hatte im Wettbewerb um das größere Ärgernis eindeutig gewonnen, mein Pantoffel war mir egal. Ich starrte entgeistert auf die Matratze, unter der er suchte.
    »Du schlägst also völlig ernsthaft vor, dass wir beide eine Affäre beginnen sollten?«
    Das hörte sich in Tims Ohren offenbar doch nicht mehr so reizvoll an, denn unter der Matratze kam es dumpf hervor: »Eine Affäre? Na ja, ich weiß nicht, ob es das ist.«
    »Wir haben Sarah und Hannes schon dreimal betrogen und denken darüber nach, es noch mal zu tun. Doch ja, ich würde sagen, so ungefähr fühlt sich eine Affäre an.«
    Tim kroch verstaubt aber ohne Schuh wieder unter dem Bett hervor. »Na gut, du bist die Expertin.«
    Dann merkte er selbst, dass das gerade ziemlich unangebracht war, weil er diese abstruse Idee schließlich ins Spiel gebracht hatte. Mal ganz zu schweigen von seiner Affäre mit Sarah, die der ursprüngliche Auslöser für diesen verrückten Seitenwechsel war. Ich schüttelte immer noch fassungslos den Kopf, aber Tim sah mich eindringlich an. »Es ist doch so, Karina. Von dem Moment an, von dem wir alles durchplanen mussten und unsere Beziehung nur noch per Terminkalender regeln konnten, ist doch alles erst so schwierig zwischen uns geworden. Also, warum treffen wir uns nach dem Urlaub nicht weiter? Einfach so. Keine Planung, keine Verantwortung, keine Verpflichtungen.«
    Nur Sex, wollte ich bissig hinzufügen, aber ich verkniff es mir und sah Tim unschlüssig an. Er wollte seine Hände um meine Hüften legen und mich an sich ziehen, aber plötzlich war mir diese zärtliche Geste von ihm unangenehm. Ich machte einen Schritt zurück und schüttelte sprachlos den Kopf. Tim blieb etwas unbeholfen mitten im Raum stehen und wirkte fast ein wenig enttäuscht, als er erklärte: »Ich weiß auch nicht, wo es uns hinführt, Karina, aber warum lassen wir es zur Abwechslung nicht einfach mal auf uns zukommen?«
    Weil es nicht richtig war. Weil wir Hannes und Sarah aufs Bitterste enttäuschen würden. Weil man sich einfach mal entscheiden musste. Weil es nichts Halbes und nichts Ganzes war. Weil man bei einer Beziehung nicht nur die Rosinen herauspicken konnte. Weil … weil … weil mir noch tausend weitere gute Gründe einfielen, warum wir es nicht tun konnten. Und der Hauptgrund kam gerade in den Flur gepoltert und rief nach Mama und Papa. Ich sah Tim hilflos an und wusste immer noch nicht, was ich darauf erwidern

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