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SEK – ein Insiderbericht

SEK – ein Insiderbericht

Titel: SEK – ein Insiderbericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schulz
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Befehlsstelle: »Zugriff beendet, Kassenraum unter Kontrolle, Täter tot aufgefunden. Keine weiteren Personen im Raum. Zugriffskräfte alle unversehrt.«
    Während die Befehlsstelle uns mitteilt, dass der Notarzt zur Untersuchung des Täters unterwegs ist, löst sich langsam bei uns allen die Anspannung. Ich schaue mich im Raum um und sehe nun auch den Täter auf der anderen Seite am Boden liegen. Er liegt auf dem Rücken, und sein wachsweißes Gesicht mit den starr geöffneten Augen blickt zur Decke. Das Gesicht ist völlig unversehrt, allerdings fehlt ihm der gesamte Hinterkopf, sodass das Gesicht aussieht wie eine am Boden liegende Maske. Erst jetzt registriere ich, dass Blut, Gehirn- und Gewebefetzen überall um den Täter herum an der Decke und den Wänden kleben. Später erfahren wir, dass der Täter eine Handgranate in die Kapuze seiner Jacke gelegt und diese dann abgezogen hat. Dies war die Detonation, die wir draußen gehört hatten.
    Für uns aber ist der Einsatz endlich, nach einer langen Nacht und einem explosiven Finale, beendet – zumindest, was die Arbeit am Ereignisort angeht.
    In der Folge sollte dieser Einsatz jedoch für uns alle noch weitreichende Auswirkungen haben. Als erste Konsequenz wurden Lehrgänge durchgeführt, die die Wirkungsweise von Handgranaten in geschlossenen Räumen zum Gegenstand hatten. Interessanterweise gab es selbst bei der Bundeswehr, die ja, anders als wir, selber mit Handgranaten ausgerüstet ist und deren Einsatz auch übt, keine Erkenntnisse über die Möglichkeit, sich gegen eine solche Detonation und den auf kurze Entfernung tödlichen Splitterflug zu schützen. Ein weiteres wesentliches Problem für uns als Spezialeinheit stellte natürlich auch der Schutz von Geiseln vor dem Wirkungskreis von Handgranaten dar, falls die Situation es erforderte. Natürlich mussten auch Verfahren entwickelt werden, wie man auf einen mit Handgranaten bewaffneten Täter zugreifen kann. Durch die intensive Beschäftigung mit dieser Problematik wurde unsere Einheit so etwas wie ein inoffizieller Experte für die Bewältigung von Einsatzlagen, in denen Handgranaten eine Rolle spielten.
    Dies wiederum hatte zur Konsequenz, dass wir auch an Einsatzlagen aktiv beteiligt waren, die jenseits der Grenze unseres Bundeslandes und sogar der Landesgrenze stattfanden. Doch das ist eine andere Geschichte …

EIN AUSFLUG IN DIE HAUPTSTADT
»Avis matutina vermem capit.« (»Der frühe Vogel fängt den Wurm.«)
Unbekannter SEK-Beamter
                                                                       Ich blicke durch die Lochkornvisierung des HK G3 K und erkenne verschwommen die Umrisse mehrerer nebeneinanderstehender Täterscheiben. Wir befinden uns zum Training mit der sehr durchschlagkräftigen Munition der Kurzversion des HK G3 auf einem dafür extra eingerichteten Freiluftschießstand. Ich ziele auf das Zentrum des durch die erste Zielscheibe angedeuteten menschlichen Torsos und halte den Atem an, damit ich durch eine unkontrollierte Atembewegung keinen Zielfehler begehe. Durch das geringe Gewicht des Gewehrs und die brisante Munition hat das HK G3 K einen enormen Rückschlag, den ich dadurch kompensiere, dass ich die einziehbare Schulterstütze fest in meine Schulter presse. Das Ziel dieser Übung ist, so schnell wie möglich auf jede Scheibe in der Reihe hintereinander jeweils zwei Schuss abzugeben. Die Entfernung zum Ziel beträgt zwar nur 25 Meter, aber bedingt durch den heftigen Rückschlag und die jeweils nach zwei Schuss durchzuführenden Zielwechsel, ist es nicht besonders einfach, alle Schüsse in den Scheiben unterzubringen.
    Ich konzentriere mich und ziehe den Abzug durch. Der enorme Knall ist sogar durch meinen Gehörschutz noch sehr vernehmlich, doch darf ich mich davon nicht beeinträchtigen lassen. Es ist wichtig, bei dieser Übung einen vernünftigen Rhythmus bei der Schussabgabe zu finden, was mir in diesem Durchgang auch gelingt. Alle Schüsse finden ihr vorgesehenes Ziel. Nach dem letzten Schuss sichere ich die Waffe, nehme das Magazin heraus, ziehe den Spannhebel des Gewehrs nach hinten und blicke durch den Patronenauswurf in das jetzt leere Patronenlager. Erst nach dieser Kontrolle ist sicher, dass die Waffe auch wirklich »entladen und gesichert« ist, wie ich es dann dem neben mir stehenden Piet, der die Schießaufsicht hat, melde.
    Anschließend gehen wir gemeinsam nach vorn zur Trefferaufnahme, und

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