SEK – ein Insiderbericht
Maßnahmen an der Zieladresse, sonst haben wir in Nullkommanichts eine Geiselnahme am Bein.«
»Hab ich bereits veranlasst«, antwortet mir der Leitstellen-DGL sofort, »ein ET verpostet die Anschrift weiträumig 14 , um zumindest mitzubekommen, wenn die Zielperson das Haus verlässt.«
»Die sollen in jedem Fall mit einem Zugriff warten, bis wir da sind.« Ich sage das mit einem sehr bestimmten Unterton, weil ich ausschließen will, dass für derartige Festnahmeaktionen nicht ausreichend ausgebildete Beamte sich und vielleicht auch andere unnötig in Gefahr bringen.
»Keine Sorge, die haben ausschließlich einen Observationsauftrag, sonst nichts.«
Ich bin froh, dass ich am anderen Ende der Leitung einen erfahrenen Beamten sitzen habe, der weiß, worauf es in einer solchen Lage ankommt.
»Ich nehme an, die Frau ist noch auf der Wache in E. und für uns erreichbar?«
Natürlich möchte ich sie gern selber befragen, insbesondere zur Lage und zum Schnitt der Wohnung sowie zum genauen Aufenthaltsort der Zielperson und des kleinen Jungen.
»Könnt ihr dafür sorgen, dass die Frau in die Nähe der Zielwohnung gebracht wird? Wir werden selbstverständlich so schnell wie möglich dorthin verlegen, und ich will keine unnötige Zeit verlieren.«
»Kein Problem«, antwortet mir mein Kollege, »sonst noch was?«
»Ja. Alarmiere bitte meine RB-Gruppe und sag denen, die sollen so schnell wie möglich zur Dienststelle kommen. Ferner brauche ich einen Notarzt am Zielobjekt – den aber bitte so postieren, dass er von dort nicht gesehen wird.«
»Notarzt ist bereits veranlasst«, antwortet mir der Kollege der Leitstelle, »und wird vom Führer des ET in Empfang genommen.«
»Prima«, antworte ich, »ich fahr jetzt auch los und melde mich wieder, wenn ich auf der Dienststelle bin.«
Und schon springe ich in meine vorbereiteten Klamotten und fahre so schnell wie möglich zu meiner Dienststelle.
Dort angekommen, erwarten mich bereits ein paar schon eingetroffene Kollegen, die unsere Fahrzeuge aus der Garage geholt und ihre persönliche Einsatzausrüstung ebenfalls bereits verstaut haben. Bis der letzte Kollege meiner Einsatzgruppe eintreffen wird, versuche ich noch einmal ein paar neuere Informationen zu bekommen und rufe erneut die Leitstelle an. Neuere Informationen gibt es derzeit aber nicht, die Kollegen des ET, die das Wohnhaus beobachten, melden keine nennenswerten Erkenntnisse, im Haus ist es komplett dunkel, und auch in der Zielwohnung, die in der ersten Etage des Mehrfamilienhauses gelegen ist, brennt kein Licht. Der Kollege der Leitstelle teilt mir ferner mit, dass der für diesen Einsatz zuständige Polizeiführer, Kriminaloberrat Schnitzler, der ebenfalls zu Hause alarmiert wurde, in wenigen Minuten auf der Leitstelle eintreffen und die Gesamtführung des Einsatzes übernehmen wird.
Da wir mittlerweile vollzählig sind und ich so schnell wie möglich zum Ort des Geschehens fahren will, sage ich dem Leitstellenbeamten, dass ich mich sofort beim Polizeiführer melden werde, wenn ich mir vor Ort einen Überblick verschafft habe. Danach lege ich auf und informiere meine Kollegen über den Sachstand, soweit er mir bisher bekannt ist. Als ich ihnen berichte, dass die Zielperson Kriegsteilnehmer und offensichtlich mit allen Wassern gewaschen ist, dass sie in Exjugoslawien wegen Mordes gesucht wird, im Besitz einer Pistole und mindestens einer Handgranate, also demnach als äußerst gefährlich einzustufen ist, ernte ich zunächst Schweigen. Schließlich unterbricht Max – natürlich, wer sonst – die ernste Stimmung: »Tjaaa, das ist ja so wie einer von Piets leichteren Trainingsdurchgängen, fehlt eigentlich noch der Raketenwerfer, aber im Prinzip …«
Wir alle fangen laut an zu lachen. Ich bin stolz auf diese Jungs!
Vor Ort stellen wir unsere Fahrzeuge in einiger Entfernung zum Zielobjekt ab. Da wir alle, wie übrigens bei den meisten Einsätzen, zivile Kleidung tragen, können wir uns auch auf der Straße relativ unauffällig bewegen. Die frühe Morgenstunde tut ein Übriges dazu, denn die Straßen rund um das Zielobjekt sind menschenleer. Ich beauftrage meine Kollegen, sich einsatzbereit zu machen, da es ja durchaus sein könnte, dass unsere Zielperson das Gebäude verlässt. Dann möchte ich vorbereitet sein …
Während dies geschieht, begebe ich mich zunächst zu dem Einsatzleiter des ET, der in einem der Nachbarhäuser bereits eine Wohnung gefunden hat, die uns der Wohnungsinhaber trotz der
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