Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
auspackt. Es ist so schwer zu sagen, ob sie sich für eisiges Schweigen entscheiden oder es öffentlich kundtun wird, in der Absicht, ihre Gleichgültigkeit zu demonstrieren und mir und meinem Kommando über die Küche gleichzeitig eins reinzuwürgen.
»Pst und ja«, sage ich mit einem Unterton.
Nachdem Milly sicher auf den Weg gebracht wurde, mache ich mich auf die Suche nach Oscar, aber er ist verschwunden, ohne sich zu verabschieden. Für den Rest des Nachmittags sitze ich wie auf glühenden Kohlen. Joe lässt keine Zeit verstreichen und informiert den Rest der Küche darüber, was ich verbrochen habe, mit vorhersehbaren Folgen. Keiner sagt etwas, doch ich fühle mich so willkommen, wie es Angelina Jolie ergehen dürfte, sollte sie auf die Idee kommen, überraschend auf Jennifer Anistons Geburtstagsparty vorbeizuschauen.
Insgeheim verfluche ich meinen mangelnden Selbsterhaltungstrieb, aber wie könnte ich behaupten, Oscar zu lieben, wenn ich ihn diesbezüglich im Dunkeln ließe? Hoffentlich kommt er bald zurück. Nicht zu wissen, was los ist, was gesagt wurde, macht mich kirre. Der von Milly ausgegrabene Artikel kommt mir plötzlich wieder in den Sinn und verfolgt mich, als ich eine Rinderseite aus dem Kühlhaus schleppe. Könnten die Karten auch anders fallen? Vielleicht bringt ja die Notwendigkeit, sich Tallulahs wegen zusammenzutun, sie wieder richtig zusammen. Geschähe mir recht.
Endlich kommt Oscar zurück. Er platzt mit grimmiger Miene in die Küche und erteilt seine Befehle allen Unglücklichen, die so aussehen, als würden sie bummeln. Anschließend reckt er seinen Kopf in meine Richtung, und ich folge ihm ins Büro.
Er lässt sich in seinen Sessel fallen, das Gesicht abgewandt. So habe ich ihn noch nie erlebt – es zermürbt mich. Ich bin inzwischen schon sehr geschickt darin, seinen Zorn zu beschwichtigen, aber diesen Quickstepp muss ich erst noch lernen.
»Was ist passiert, Schatz?«, frage ich, schlinge von hinten meine Arme um ihn und lege meinen Kopf auf seine Schulter. »Was hat sie gesagt?«
»Sie meinte, du lügst. Dann sagte sie, du hast nicht gelogen, schwört jedoch, dass nicht sie es war, die Drogen genommen hat. Dann sagte sie, wir würden sie nicht verstehen. Dann heulte sie sich die Augen aus und sagte, sie hasse uns. Na ja, mich jedenfalls.«
»Das meint sie nicht so, Schatz. Sie ist durcheinander, sie sucht Aufmerksamkeit.«
»Nun, jetzt hat sie erst mal für den nächsten Monat Hausarrest und somit genügend Zeit, über alles nachzudenken.«
Oscar zündet sich eine Zigarette an, seine Haltung ist starr und unnachgiebig.
»Einen Monat lang?« Ich stelle sie mir vor, wie sie in Lydias zweifellos tipptopp in Schuss gehaltener Wohnung herumwütet und darauf wartet, dass diese vom Abendservice nach Hause kommt. »Wird sie sich nicht ein wenig einsam fühlen?«
»Das hätte sie sich überlegen sollen, bevor sie damit anfing, Lindsay Lohan nachzueifern. Wir müssen nun hart durchgreifen, bevor sie auf die schiefe Bahn gerät.«
Ich sehe mich mit sechzehn, die endlosen Kämpfe, die ich mit Mum wegen der Länge meiner Röcke und der genauen Definition eines Alcopop ausfocht. Nichts machte ein Vergehen reizvoller als das Wissen, dass ich sie damit auf die Palme brachte.
»Habt ihr denn richtig mit ihr gesprochen?«
»Natürlich haben wir mit ihr gesprochen!«
»Ja, auch darüber, warum sie es getan hat?«
»Sie hat es getan, weil wir nicht streng genug mit ihr waren. Diese Schule heutzutage« – er schüttelt seinen Kopf –, »ich hätte in ihrem Alter Angst gehabt vor einem Joint, geschweige denn vor was anderem.«
»Es war auch für sie ein hartes Jahr. Eure Trennung, dass ihr auseinandergezogen seid.«
»Das ist keine Entschuldigung«, sagt Oscar mit Nachdruck. »Sie braucht Unterstützung, aber auch Druck, und beides kriegt sie jetzt auch.«
»Du solltest wenigstens versuchen, mehr Zeit mit ihr zu verbringen. Wenn sie schon Hausarrest hat, sollte sie vielleicht öfter bei dir sein, dann könntest du ihr ein Abendessen kochen und so.« Ich bin wirklich Mutter Teresa. Was gäbe es Schlimmeres für mich? (»Rück mal ein Stück, Tallulah, gleich kommt EastEnders .«) Ich würde die Wohnung in einem Sarg verlassen.
»Wenn der Wettbewerb vorbei ist.« Er drückt seine Kippe im Aschenbecher aus. »Ich muss jetzt ernsthaft mit der Planung beginnen.«
»Ja, müssen wir, aber … Du musst dich schrecklich fühlen. Es ist so ein Schock, es tut mir wirklich leid, dass ich es dir
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