Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
Ernsthaftigkeit dieses Versprechens gar nicht zu schätzen, aber nachdem ich noch weitere zehn Minuten auf sie eingeredet habe, habe ich sie nicht nur davon überzeugt, dass es mir ernst ist, sondern auch noch, dass die Inuit-Wandbehänge meine größte Leidenschaft sind – zwei zum Preis von einem. Jetzt muss ich diesen Handel nur noch Oscar verkaufen.
Erst um Mitternacht und nach den Schrecken des Abendservices bekomme ich Gelegenheit, ihn zu sprechen. Ich war zu einer Unberührbaren geworden, sodass ich irgendwann fast wie der Elefantenmensch geschrien hätte: »Ich bin kein Tier.« Nicht einmal mein Team, das mich sonst unterstützte, heiterte mich auf. Michelle war nun tatsächlich dahintergekommen, dass zwischen Oscar und mir was lief, weshalb ich jede bedeutsame Interaktion, die über das Anreichen eines Topfes hinausgeht, vermeide, weil mir der Anblick ihres fassungslosen Gesichts unerträglich ist. Tomasz ist nicht der geeignete Kandidat, um sich bei ihm sein Herz auszuschütten, und Johnny … nun Johnny scheint mich zu hassen. Die Grenze zwischen Liebe und Hass ist schmal, so viel steht fest.
Ich habe mich nach oben in die Wohnung verdrückt und es den Küchenkräften überlassen, für ein blitzblankes Restaurant zu sorgen. Oscar knöpft seine Kochjacke auf und entblößt seine straffe muskulöse Brust. Ich würde gerne mit meinen Fingern über seine Gürtellinie streifen und die Schockwelle spüren, wenn er auf meine Berührung reagiert. Kommt mein Zittern vom Verlangen oder von der Angst?
»Also, ich habe Marsha angerufen …«, taste ich mich vorsichtig heran.
»Gut gemacht. Und was ist mit den Metzgern? Was hast du da erreicht?«
»Ich muss morgen mit dir über die entsprechenden Optionen reden. Es ist nichts Ideales dabei, aber ich habe ein paar Ideen.«
»Erzähl es mir jetzt«, sagt er und zieht das nur allzu vertraute Notizbuch aus seiner Gesäßtasche.
»Nicht jetzt«, sage ich. »Jetzt ist Schlafenszeit.«
»Wenn du das sagst«, meint er und entledigt sich schwungvoll seiner Kochklamotten.
»Warte, Oscar«, sage ich, »ich habe Marsha angerufen, aber …«
»Aber was?« Seine Augen werden hart. Wer kann es ihm verdenken? Ich würde womöglich genauso empfinden. Ich baue auf die Tatsache, dass er mein Geliebter und mein Boss ist, hoffe, dass die Liebe die Arbeit übertrumpft, aber kann ich das von ihm erwarten?
»Ich wollte nur … Ich konnte ihr das nicht antun. Es ist zu spät. Sie wird in irgendeinem Loch in Stratford landen, und das, obwohl ich einen Weg weiß, wie es funktionieren kann. Ich habe sie bereits vorgewarnt, dass die Kosten dadurch ein wenig höher ausfallen werden, und sie ist bereit, sie zu tragen«, brabble ich gegen Oscars immer heftiger werdende Wut an, »also werde ich ein paar zusätzliche Leute einstellen und mich beim Essen auf ganz einfache Gerichte beschränken. Ich werde ein paar Leuten Überstunden zahlen und mir die Nacht davor um die Ohren schlagen. Du wirst es gar nicht mitkriegen, das verspreche ich dir.«
»Sei jetzt sofort still«, sagt Oscar, die Fäuste geballt. »Du wirst nichts dergleichen tun. Du hattest nicht das Recht, überhaupt kein Recht, dich meinem direkten Befehl zu widersetzen. Das ist der wichtigste Abend in meinem Leben, und du glaubst, du könntest Schindluder damit treiben …«
»Der wichtigste Abend in deinem Leben? Was ist mit der Nacht, als Tallulah geboren wurde? Oder der Nacht, in der dein Vater starb?«
Er sieht mich kopfschüttelnd an. »Ich fass es nicht, du bist unverschämt. Absolut unverschämt.«
»Nein, bin ich nicht! Ich weiß« – ich gehe einen Schritt auf ihn zu, überlege es mir aber dann anders –, »ich weiß, wie wichtig das für dich ist, und ich werde auch dafür sorgen, dass alle voll bei der Sache sind. Ich werde dir wie versprochen alles geben, was ich habe, aber ich liebe Marsha. Sie ist mir treu geblieben, auch wenn ich ein egoistisches, arbeitswütiges Biest war.« Hier entfährt mir ungebeten ein Schluchzer, aber ich schlucke ihn hinunter. Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, Schwäche zu zeigen. »Und vielleicht hätte ich ihr für diese Party besser nie zugesagt, aber da ich es schon mal getan habe, darf ich sie nicht enttäuschen.«
Ich schaue in sein verständnisloses Gesicht. Nein, sein Ausdruck verrät viel mehr als Verständnislosigkeit – Oscar wittert Verrat, und sein schönes Gesicht verzerrt sich unter dessen giftigem Anschlag zu einer hässlichen Fratze. Und plötzlich plagen mich
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