Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
geleert ist, und drückt so fest zu, dass ich fürchte, er könnte es zerbrechen.
»O Oscar …«
»Er ist offenbar seit Monaten hinter ihr her. Er möchte, dass sie den Restaurantbetrieb für die ganze Unternehmensgruppe leitet.«
»Das heißt also, sie hat es schon seit einer Ewigkeit geplant?«
»O nein, sie hat sein Angebot ausgeschlagen, aber seit sie von uns weiß … offenbar haben wir sie mit der Nase darauf gestoßen.« Er prostet mir mit einem freudlosen Grinsen zu. »Gratuliere, Fischmädchen, du hattest also recht.«
Natürlich hatte ich recht, obwohl es mir anders lieber gewesen wäre. Eine Kinderbuchversion von Scheidung war immer undenkbar, dafür ist das menschliche Herz ein viel zu abgründiges Organ. Man brauchte sich ihn nur anzusehen, die Traurigkeit in seinem Gesicht, die Trauer, die ihn endlich überrollt wie ein Rammbock. Hinauszögern kann man sie, aber man entkommt ihr nicht, und um sie zu überstehen, gibt es nur einen Weg: Man muss durch sie hindurch.
»Es tut mir so leid. Ich weiß, wie weh das tut.« Hier bewege ich mich auf glattem Parkett, weil mir bewusst ist, wie sehr ich meine eigenen Gefühle für Dom während unserer gesamten Beziehung heruntergespielt habe. Ich sehe, dass er sich mannhaft dagegen zu wehren versucht, und wünschte, ich könnte ihm sagen, es nicht zu tun, sondern die Gefühle einfach zuzulassen. Keine Chance.
»Der Wettbewerb ist so gut wie verloren«, sagt er. »Sowohl was das Restaurant als auch was die Küche betrifft, wir sind am Arsch.«
»Johnny ist brillant, Oscar, er kann …«
»Sprich nicht von diesem kleinen Scheißer. Er geht mit ihr.«
»Nein?! Ich fass es nicht, er ist einfach ohne Kündigung weggegangen?« Ich sehe ihn an. »Du hast doch nicht etwa?«, sage ich und muss dabei an die Heftigkeit ihres Abgangs denken. Natürlich wird er sie kurzerhand hinausgeworfen haben in seinem verletzten Stolz, der keine Logik mehr zuließ.
»Ich will ihren traurigen, betrügerischen Hintern nicht mehr in diesen Räumen sehen. Sie wird von mir nur noch über meine Anwälte hören.«
»Aber du kannst doch nicht … Liebling, du musst an Tallulah denken. Ich weiß, es ist hart, aber wenn sich die Wogen geglättet haben, musst du dich um eine zivilisierte Lösung bemühen. Das musst du auch jetzt tun, wo es ihr so schlecht geht.«
»Süße, ich weiß, du meinst es gut, aber wenn ich elterlichen Rat benötige, frage ich Eltern.«
Ruhig bleiben, ganz ruhig bleiben. Er ist so verdammt wütend, dass er die Mauer um einen ganzen Teil von sich eingerissen hat und etwas offenlegt, wovon er dachte, ich sei zu naiv, um es zu verstehen. Ich überlege, ihn daran zu erinnern, dass ich auch mal ein Teenager war, was allein schon mir einen Einblick erlaubt, aber wozu?
»Wenigstens wird deine Party gut laufen.«
»Hör auf damit«, sage ich und kippe meinen Wein hinunter. »Du wirst diesen Wettbewerb nicht sausen lassen.« Versucht er sie zu bestrafen, oder lebt er seinen Schmerz aus, weil er ihn nicht zugeben kann? Doch es bleibt Doktor Amber Freud keine Zeit, ihn auf die Couch zu legen: Ich muss mich auf das Machbare konzentrieren.
»Johnny und ich, wir waren immer Kumpel, lass es mich versuchen, vielleicht kriege ich ihn ja herum. Er ist der Inbegriff von Anständigkeit, ich kann nicht glauben, dass er uns nicht helfen will. Heute hat er, wie ich glaube, keinen Dienst, aber ich werde ihn anrufen.«
Oscar sieht mich rebellisch und erbärmlich zugleich an.
»Was ich an dir liebe, Oscar, ist der Glaube an dich selbst, deine Leidenschaft für das, woran du glaubst. Die Rede, die du vorhin gehalten hast, war fantastisch, und ich weiß, dass du hinter jedem Wort stehst. Du bist brillant, und Angus weiß das und unternimmt deshalb alles, was in seiner Macht steht, um dich zu zerstören. Wenn du diesen Wettbewerb gewinnst, bringt ihn das um.«
Oscar hält inne, sein Gesicht noch immer von Trauer gefurcht. Man stelle sich vor, ich hätte in der Woche nach Doms Auszug beim Finale der Frauen in Wimbledon antreten müssen – das ist in etwa die Entsprechung für das, was er durchmacht.
»Dann versuch’s«, sagt er und sieht mich zum ersten Mal richtig an. »Worauf wartest du noch?«
Ich umarme seinen kräftigen unnachgiebigen Körper. »Ich warte ja gar nicht«, sage ich. »Du kümmerst dich um die Küche, ich erledige den Rest.«
Ich schließe mich im Büro ein, nehme dann aber doch lieber mein Mobiltelefon. Wenn Johnny die Restaurantnummer sieht, denkt er
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