Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
sucht.
»Keine Ahnung, vielleicht kauft sie eine Wohnung. Wir haben getrennte Bankkonten.«
»Aber das macht keinen Sinn, warum sollte sie den Preis nach oben treiben wollen?«
»Weiß nicht. Ist mir auch egal. Ich kann sie fragen, aber dann hält sie dich sicherlich für eine neugierige Besserwisserin, und das wäre doch wohl das Letzte, was du willst. Jetzt sag mir schon, ob wir die Kaninchenterrine wieder auf die Vorspeisenkarte setzen sollen.«
»Die Kaninchenterrine«, sage ich und muss dabei an die erregende Romantik denken, als wir deren kleine Fellkörper auseinandernahmen, nachdem wir gerade mal einen heimlichen Kuss ausgetauscht hatten. Damals war alles so viel einfacher.
»Überlege dir deine Antwort gut«, sagt Oscar streng. »Ich setze für diesen verdammten Wettbewerb mein Leben aufs Spiel. Wenn wir gewinnen, spielen wir direkt in der Oberliga mit. Das bedeutet, dass unsere Chancen auf einen Stern steigen, wir permanent ausgebucht sein werden und unsere Preise erhöhen können. Und vor allem …«
»Vor allem?«
Oscar erhebt sich, weil er sich nicht mehr bremsen kann. »Bedeutet es ein massives Leck mich! für diesen verdammten Angus.« Er bebt, und sein Gesicht ist verzerrt. »Ich werde für den Ausgleich sorgen«, ergänzt er, und seine Stimme hat dabei einen bedrohlichen Unterton, »egal, wie lang ich dazu brauche, ich schwöre dir, ich werde für den Ausgleich sorgen.« Es sind nicht so sehr seine Worte als sein Gesicht, das mir Angst macht. Ich kann nur hoffen, mich niemals mit ihm zu überwerfen.
Ich versuche das Thema Lydia noch ein weiteres Mal anzuschneiden, aber er ist zu hundert Prozent auf den Wettbewerb konzentriert. Vielleicht ist sein mangelndes Interesse ja sogar gerechtfertigt – schließlich ist sie seine Frau und nicht meine. Beim bloßen Gedanken daran dreht sich mir der Magen um: Getrennt oder nicht, die Tatsache, dass sie seine Frau ist, verbreitet einen bösen Zauber. Er muss davon Abschied nehmen und sich sein reduziertes Kit Kat verdienen. Ich jedenfalls spüre es in meinen Knochen, dass sich etwas verändern wird, wenn ich tatsächlich mein nacheheliches Leben beginne. Sooft ich mich auch als Geschiedene ausgegeben habe, so hat doch die Tatsache, dass es nicht die ganze Wahrheit war, dafür gesorgt, dass die Luft nur ganz allmählich aus dem Ballon wich. Aber jetzt, jetzt wird er platzen. Ich steuere die Küche an und hoffe, dass man meiner erderschütternden Weisheit dort mehr Aufmerksamkeit entgegenbringt. Unterwegs piept mein Telefon, fast als hätte Dom meinen inneren Dialog mitgehört (herrje, vielleicht bin ich ja doch paranoid).
Steve den Schleimer gibt es nicht mehr. Da es sich um einen schwierigen Fall handelt, habe ich eine Entscheidung getroffen und William den Waschlappen von Hardacres engagiert. Vertrau mir, er ist schlimmer, als er sich anhört. Wir hören bald voneinander. x
Du meine Güte, er ist so fröhlich und so darauf bedacht, alles in trockene Tücher zu bringen, bevor er in die weite Welt hinausgeht und dort Ursula Andress trifft, die in ihrer ganzen Pracht dem Indischen Ozean entsteigt. Ich bin froh, dass wir nicht mehr die Klingen kreuzen, aber die Kumpelhaftigkeit, die schiere unverfälschte Freundschaft setzt mir doch ziemlich zu. Bin ich wirklich so vergesslich? Ich erröte beim Gedanken an den katastrophalen Kuss – und gelange immer mehr zu der Überzeugung, dass ich diesen falsch in Erinnerung habe und mich vielmehr wie eine Irre auf ihn gestürzt habe, woraufhin er den Kuss so kurz wie möglich erwiderte, um mir eine schlimmere Demütigung zu ersparen. Jede Kommunikation mit ihm dient dazu, mich daran zu erinnern, dass er ganz und gar über mich hinweg ist. Ich weiß, dass er mich noch liebt, das spüre ich, aber wohl eher wie ein Cousin, den an Weihnachten zu sehen man sich immer gefreut hat. Oder wie ein von Gicht geplagter Labrador, den einzuschläfern man nicht übers Herz bringt, obwohl er ständig den kostbaren Perserteppich vollpinkelt.
Ich liebe ihn bereits. Danke, dass du dich darum gekümmert hast. Und ich habe endlich die Papiere unterschrieben. Sie sollten in Kürze bei deinem Anwalt sein. x
Danke x ist alles, was zurückkommt. O diese berauschende Romantik des modernen Lebens. Ich frage mich, wie Shakespeare mit seinen Sonetten zurechtgekommen wäre, wenn er sie als Textnachricht hätte verfassen müssen, mit Emoticon-Einsprengseln, um sie ergreifender zu gestalten. Genug. Ich schlucke meinen Molotowcocktail der
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