Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
ausgelastet sind.«
»Großartig!«, sagt Oscar mit einem künstlichen Lächeln. »Wo haben Sie die gefunden?«
»Es sind alles Otto Normalverbraucher – darum geht es schließlich.«
Otto Normalverbraucher, denen hoffentlich beim Anblick eines Gehirns nicht übel wird, das wie ein Pudding wackelt. Von Profis beurteilt zu werden ist eine Sache, aber das? Ein Restaurant wie der erstklassige Italiener, gegen den wir antreten, dürfte es in dieser Hinsicht leichter haben. Oscar hat denselben Gedanken, ich spüre, wie er sich verspannt, aber er rastet nicht aus.
»Wir lieben die Herausforderung, nicht wahr, Amber?«
»Das tun wir«, sage ich, als hätte ich mich plötzlich in einen Kobold verwandelt. Ich entschuldige mich und renne nach oben, wo ich Milly an der Tür begegne.
»Bist du gerade erst gekommen?«, frage ich sie und betrachte das Gewimmel.
»Nein, ich habe mal eine Verschnaufpause gemacht. Ganz ehrlich, meine Liebe, schon der Versuch, einen Drink zu ergattern, ist ein Hindernisparcours.«
»O Gott, o Gott«, sage ich, als Dom sich zu uns gesellt und endlich auch besorgt wirkt.
»Ich fürchte, die Kellner kommen nicht«, sagt er. »Ich habe herumtelefoniert, aber es ist zu kurzfristig.«
»Wir können unmöglich jemanden von unten abziehen …«
»Ich springe ein«, wirft Milly blitzschnell ein.
»Sei nicht albern«, sage ich synchron mit Doms »Fantastisch!«.
»Sie kann das nicht«, erkläre ich ihm. »Es ist doch verrückt. Sie ist hier Gast!«
»Ich habe im Studentenwerk hinter der Bar gearbeitet«, sagt Milly. »Ich bin durchaus dazu in der Lage. Ich will helfen.« Sie will es wirklich, das sehe ich ihrem Gesicht an, und plötzlich habe ich ein fürchterlich schlechtes Gewissen, dass ich wegen ihrer Verwandlung in Donald Trump so schnippisch zu ihr gewesen bin. Sie will sich doch nur nützlich fühlen.
»Na los doch, Amber, es ist eine Notsituation«, sagt Dom, »es werden noch jede Menge Gäste erwartet. Es geht schließlich nicht um Raumfahrttechnik, nicht wahr, Milly?« Dabei sieht er mich forschend an, und ich gebe nach. Schon komisch, dass es in mir noch immer etwas gibt, was ihm besser vertraut ist als jedem anderen, während ein anderer Teil von mir ihn nach wie vor aus schmalen Augen ansieht.
Wir statten Milly mit einer Uniform und einem Getränketablett aus und schicken sie in den Kampf, und nach und nach wird es ruhiger. Marsha grinst erleichtert und tippt an ihr Glas.
»Es mag unkonventionell sein, aber ich würde gerne ein paar Worte auch in Peters Namen an euch richten.« Peter lächelt stolz, und seine Brille mit Kassengestell blitzt im Feuerschein auf. »Es ist eine ziemlich mühsame Aufgabe, den Richtigen zu finden, man könnte sagen, es ist fast wie Zahnziehen!« Höfliches Kichern von der versammelten Meute. »Aber ich weiß, dass wir beide finden, das Warten hat sich gelohnt.« Sie lächeln einander an und tauchen ein paar Sekunden lang ab. »Und es freut uns unendlich, dass ihr alle hier seid, um das mit uns zu teilen. Ich möchte nicht versäumen, meine ganz besondere und beste Freundin zu erwähnen.« Ich schaue auf Lisa, deren Bauch sich gerundet hat. »Amber.« Ich? Wie kann ich ihre beste Freundin sein, ich habe doch nur Mist gebaut? »Amber ist manchmal wie ein Feuerwerk, das strahlend hell, aber nur kurz brennt, manchmal auch nur einmal im Jahr« – sie sieht mich an bei diesem für Marsha typischen kleinen vorwurfsvollen Seitenhieb, der ihren Gefühlsausbruch dämpft –, »aber sie ist viel, viel mehr als das.« Dom beobachtet sie ganz genau – nicht sentimental, sondern intensiv. »Sie hat in einem spektakulären Akt selbstloser Freundschaft ihre Karriere aufs Spiel gesetzt, um diesen Abend zu ermöglichen, und dafür und für noch viel mehr werde ich immer dankbar sein, sie in meinem Leben zu haben. Also lasst uns die Gläser erheben und auf euch, unsere geschätzten Freunde, anstoßen.«
O Mann, ich heule. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob dies unter ninjagleiche Konzentration fällt. Milly reicht mir eine Serviette, und ich schaffe es damit, in den wenigen Sekunden, bevor Giorgio und Oscar hereingerauscht kommen, an meinem Augen-Make-up eine Notkorrektur vorzunehmen. Milly drückt Giorgio gleich ein Glas des höchstdurchschnittlichen Prosecco in die Hand, aber dankenswerterweise ist er von seinem höchstitalienischen Interesse an ihrem Dekolleté abgelenkt.
»Nur ein kleines Schlückchen«, meint er kokett, »ich muss arbeiten. Gut genutzter Raum«,
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