Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
tragen Nonnen, oder? Ich bin keine Nonne.« Nach einem letzten Bissen Toast breche ich auf, kehre aber noch mal um. »Milly« – ich nehme alle Kraft zusammen –, »du rufst mich doch bitte an, falls etwas Offizielles und nach Scheidung Aussehendes auf die Türmatte fällt?«
»Gewiss«, sagt sie und kommt auf mich zu. »Aber willst du das wirklich und wahrhaftig heute wissen?«
»Der Gedanke, dass Dom von der vollzogenen Scheidung weiß und ich nicht, wäre mir unerträglich. Kannst du das nachempfinden? ›Jemand hat die Nieren zurückgehen lassen, und lass es dir gut gehen.‹«
»Ich verstehe, was du meinst«, stimmt sie mir zu.
»Danke«, sage ich inbrünstig, denn ich bin ihr für viel mehr dankbar als nur für die Postkontrolle.
Es gibt den Aberglauben, dass auf eine schlechte Generalprobe ein guter Premierenabend folgt, und was die Zielsetzung des heutigen Tages angeht, will ich dem gern Glauben schenken. Im Ghusto herrscht absolutes Chaos, die Küche ist angespannt und schweigsam, Oscar explosiver und pingeliger, als ich ihn je erlebt habe. Im Restaurant vorne geht es drunter und drüber. Johnnys bedauerlicherweise unerfahrene Nummer zwei ist für den Mittagsservice verantwortlich, und wenn ich sage, dass er zu nichts zu gebrauchen war, ist das noch milde ausgedrückt. Ich laufe zwischen den beiden Bereichen hin und her und baue auf das Wissen, das ich mir als Partnerin eines Maître d’ angeeignet habe, und beschwichtige einen aufgebrachten Gast nach dem anderen. Dabei verdränge ich den ganzen Tag meine Angst davor, einen ganzen Abend mit Dom zu verbringen, aber als er eintrifft, gewinnt die praktische Erleichterung die Oberhand. Ich informiere ihn über das ganze Ausmaß von Stephens völliger Unfähigkeit, die Führung zu übernehmen, ein Geheimnis, das ich Oscar vorenthalten habe, und entferne mich dann, damit er die Kontrolle über sein vorübergehendes Team übernehmen kann.
»Eine Sekunde noch«, sagt er und packt mich am Arm. »Alles okay mit dir? Komm schon, atme tief durch, du schaffst das.«
»Wirklich?«, frage ich. »Oben ist Marshas Party, in der Küche halten mich alle für Lady Macbeth, und dann wartet noch eine Butternut-Kürbis-Spezialität auf mich, die meinen Namen trägt, aber ich glaube der Kürbis wäre lieber wieder beim Großhändler.«
Dom nimmt sanft meine Handgelenke und dreht meine Handflächen nach oben. »Sieh nur, kein Blut«, sagt er zärtlich. »Es wird alles gut werden. Ich bringe diesen Haufen hier schon in Form und sehe dann, ob ich oben benötigt werde. Ich bin mir sicher, auch dort kurz einen Blick drauf werfen zu können.«
»Das ist gut, denn ich traue Tomaszs polnischer Armee nicht ganz über den Weg.« Befangen entziehe ich meine Handgelenke seinem Griff. Er wendet sich ab und klatscht in die Hände, um die Truppen zu sammeln.
»Alle mal herhören, Leute. Ihr habt harte vierundzwanzig Stunden hinter euch und eigentlich keinen Grund, einem Windhund zu trauen, der gerade von der Straße hereingekommen ist.« Er hat die Lacher auf seiner Seite, was nur Gutes verheißen kann. »Aber ich brauche euch an meiner Seite. Amber sagt, ihr seid brillant, und wenn ich eins von ihr weiß, dann, dass sie immer die Wahrheit sagt.« Dabei sieht er mich reuevoll an, was ich mit einem zaghaften Lächeln beantworte. Ich hätte das nicht tun dürfen, es macht mich traurig, und traurig sein ist ein Luxus, den ich mir nicht leisten kann. »In diesem Wettbewerb kommt es auf euch genauso an wie auf die Küche. Lasst uns da rausgehen und allen zeigen, wie’s gemacht wird.«
Seine Rede scheint den ersehnten Effekt zu haben, obwohl er ihnen die unheilvollen Warnungen und Drohungen erspart, die Oscars aufmunternde Worte zu würzen pflegen. Die Kellner kommen in die Gänge, decken die Tische ein und gehen die Spezialgerichte mit neuem Schwung durch. Oscar nähert sich dem fleißigen Bienenstock im Eilschritt und hätte dabei fast die Schwingtüren aus ihren Angeln gehoben. Er sieht sich um und beobachtet die Szenerie mit einem fast brutalen Blick. Ich gehe auf ihn zu.
»Ich werde euch miteinander bekannt machen«, sage ich linkisch. Da die Zeit so knapp ist, hatte ich auch keine, um den Boden zu bereiten und seine Befindlichkeit auszuloten. Mir ist das unangenehm, aber er ist nicht ich.
»Sie müssen Dom sein«, sagt er und streckt ihm seine Hand entgegen, als wäre es eine Waffe.
»Das bin ich«, sagt Dom und schüttelt entschlossen seine Hand. »Ihr Ruf eilt Ihnen
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