Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
ergänzt er. »Das gibt dem Geschäft noch eine weitere Dimension.«
»Das sehe ich auch so«, stimmt Oscar ihm zu, ohne auf mein selbstgefälliges Lächeln einzugehen. Es ist wirklich sehr hübsch geworden. Im Kamin lodert ein Feuer und verbreitet seinen gemütlichen Schein, und trotz der vielen Menschen geht die spürbare Freude nicht im Trubel unter. Um Peter und Marsha hat sich eine Menschentraube gebildet, in der Ecke befindet sich ein ständig wachsender Geschenkeberg, obwohl es sich nur um eine Verlobung handelt. Dom ist wieder nach unten gegangen, was vermutlich eine kluge Entscheidung ist, doch es fällt mir schwer, nicht an unseren Verlobungsumtrunk zu denken, den wir mitten im Winter in einem schäbigen Pub in Islington abhielten. Wir waren auf diesem Gebiet wirklich Pioniere, und mir wäre es damals peinlich gewesen, einen derart raffinierten Abend zu gestalten. Wir tranken alle billigen Weißwein, spielten Poolbillard und gaben uns Mühe, die zufällige Auswahl der Jukebox in den Griff zu bekommen. Ich war gleichermaßen naiv und glücklich, aber ganz bestimmt glücklich.
Gleich darauf bin ich wieder unten im Schacht, schmore Kaninchen und sautiere Leber, als hinge mein Leben davon ab. Oscar ist ganz versunken ins Kochen und blickt höchstens auf, um irgendwelche Zutaten anzufordern, doch meine Augen wandern ständig durch den Raum. Susan schleicht noch immer mit gezücktem Notizblock still und todbringend um die Kochstationen herum. Restaurantgäste strömen herein, aber Dom scheint dafür zu sorgen, dass man der Sintflut vorne effizient gerecht wird. Vielleicht, aber nur vielleicht kriegen wir es ja doch hin. Als ich ausatme, tritt anstelle der Erleichterung allerdings gleich ein viel komplizierteres Gefühl. Innehalten hat was Beängstigendes, genauso wie die Reise nach Hause, die ich machen muss, und der Freiraum, der sich dadurch auftut. Ich hatte schon lange keine Zeit mehr, um richtig nachzudenken, jedem Gefühl ist nur ein winziges Zeitfenster beschieden, bis ich mich wieder um das kümmere, was vorrangig ist.
Nachdem wir erfolgreich die erste Ladung Hauptgerichte nach draußen geschafft haben, belohnt Oscar mich mit einem Lächeln. Die Juroren sitzen an einem Tisch für zwei Personen, wo sie sich von jedem Gericht in Kostprobengröße einen Eindruck verschaffen können, und bis jetzt haben sie das Kaninchen und den Seeteufel hochgelobt, und auch die winzige Platte mit Schweinsfüßen, die wir als Appetithappen rausgeschickt haben, kam sauber zurück.
»Ich denke, wir schaffen es, Fischmädchen«, sagt er und nimmt einen Schluck aus der Wasserflasche, die links neben ihm steht. Ich möchte das Schicksal nicht herausfordern, aber ich denke, er könnte recht haben. Und obwohl er seinen Tunnelblick aufgesetzt hat, macht es mir Freude, ihn tatsächlich kochen und nicht nur Befehle erteilen zu sehen. Seine Erfahrung, wann ein Stück Fleisch perfekt gegart ist, sein Wissen um die Zutaten – er ist ein echter Zauberer. Und als ich einen kurzen Blick auf ihn werfe, wird mir klar, wie viel Ehrfurcht ich noch vor ihm habe. »Du solltest die Ausgabe machen«, sagt er.
»Joe macht das gut!«
»Nun geh schon, ich will, dass jeder Teller perfekt aussieht. Du bist meine Augen und meine Ohren.«
Ich gehe zu Joe, um ihm die gute Nachricht zu überbringen, und lasse dem schalen Gefühl, zur Stellvertreterin abgedrängt worden zu sein, keinen Raum. Die Arbeit dort ist hart: Die Teller überschlagen sich, und die Kellner schwirren hin und her wie Gummibänder. Es wird immer hektischer und schwerer für mich, cool zu blieben, zumal jetzt auch Susan wieder in der Küche ist. Sie hat ein paar bissige Bemerkungen zum Service fallen lassen, der ihr offenbar nicht flott genug ist, aber ich weiß, dass wir unsere Ansprüche nicht zurückschrauben dürfen. Oscar würde das keinesfalls dulden und hat bereits ein paar seiner eigenen Teller verworfen, obwohl sie in meinen Augen absolut perfekt waren. Sind wir dem Anspruch wirklich gewachsen, jetzt, wo unsere Kapazitäten voll ausgelastet sind?
»Nein!«, sage ich frustriert zu Stu. Er hat in der letzten Stunde drei Teller gebracht, die alles andere als in Ordnung waren. »Dieser Kartoffelbrei sieht aus wie in der Schulküche, Sie müssen zusehen, dass er links bleibt und sich nicht über den ganzen Teller ergießt. Verdammt noch mal, Stu, das können Sie doch besser.« Ich blicke auf und sehe Dom neben mir stehen. Mein Gott, für was für eine Xanthippe muss er mich
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