Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
Teller.
»Eins. Ach was soll’s, gib mir zwei.«
»Das ist mein Mädchen.«
Mum späht über den Rand der Times . »Du siehst aus, als könntest du es vertragen, ein wenig aufgepäppelt zu werden. Du bist ziemlich blass.«
Normalerweise reichen wenige Stunden in der Nähe meiner Mutter, bis sich eine unerfreuliche Mischung aus Traurigkeit und Gereiztheit wie eine dunkle Gewitterwolke auf mich herabsenkt, aber heute, heute macht es mir nicht so viel aus.
»Schäbige Nägel, Liebling«, sagt Mum.
»Ich habe Kaninchen ausgeweidet! Da habe ich nicht in erster Linie auf meine Nägel geachtet.«
»Sie sind aber das Erste, was den Leuten auffällt, Amber.« Und holt Luft. »Was hältst du davon, wenn ich dir eine Maniküre spendiere? Du könntest mich zu Howell’s begleiten, wenn ich um halb zwei zur Föhnwelle dort hingehe.«
Eigentlich möchte ich ihr Angebot ausschlagen mit einem inneren Grinsen darüber, wie sie ihre wöchentliche Föhnwelle zu einem religiösen Ritual erhebt, aber dann wird mir klar, dass ich mich wie ein Teenager benehme.
»Danke, Mum. Glaubst du, man wird mich einschieben können?«
»Versuchen können wir es«, sagt sie und geht ans Telefon im Flur.
Dad wirft einen glückseligen Blick in meine Richtung, und ich lächle zurück.
»Nun komm schon, Liebling, erzähl uns alles. Wir hatten gehofft, du bringst ihn mit nach Hause, aber ehrlich gesagt bin ich hocherfreut, dass wir dich ganz für uns allein haben.«
»Ja, was gibt es da zu erzählen?«, beginne ich. Ich bin eigentlich noch nicht ganz so weit, ihnen zu sagen, dass ich mein Liebesleben mal wieder in den Sand gesetzt habe. »Nun, er ist ein ausgezeichneter Koch … aber auch nicht besser als du.«
Dad lacht.
»Nein, Dad, ich meine das ernst. Natürlich ist er technisch versierter, aber … du bist zwar nur ein einfacher Koch, aber du bist brillant. Wenn ich nicht weiterkomme, frage ich mich jedes Mal: ›Was würde Dad tun?‹ Immer.«
»Hört sich an, als würdest du dich bald fragen: ›Was würde Oscar tun?‹«
»Nein, Dad, das wird nicht passieren. Wirklich nicht. Du bist Yoda, nicht er.«
»Also, ich fühle mich geehrt«, sagt er und macht eine alberne Verbeugung. »Aber jetzt geh meiner Frage nicht länger aus dem Weg. Dein Dad braucht Details.« Er sieht mich erwartungsvoll an, der Pfannenheber schwebt in der Luft wie ein Taktstock.
»Diese Eier werden gleich steinhart sein«, sage ich.
»Mist!«, ruft er und kratzt in der Pfanne herum, wodurch ich ein wenig Zeit gewinne.
Mum rauscht herein und verkündet: »Alles gebucht.«
»Ich sollte lieber mal auspacken«, sage ich schnell. »Dann müssen wir ja in zwanzig Minuten los.«
»Deine Eier …«, sagt Dad.
»Ganz ehrlich, Dad, ich bin schon von den Würstchen pappsatt.«
»Nun komm doch, Liebes, und setz dich. Wir kamen doch gerade zum interessanten Teil.«
»Lass uns heute Abend über ihn reden«, sage ich. »Ich verspreche, ich werde dir alles erzählen.«
Es macht tatsächlich Spaß, rote Fingernägel zu haben. Ich halte sie wie Klauen und mal mir aus, Alexis Colby zu sein. Mum und ich sitzen inzwischen im Café, wo ich sie zu einer riesigen Tasse Cappuccino eingeladen habe.
»Vorsicht, du wirst sie noch abbrechen«, sagt sie und lacht über meine albernen Brülllaute.
»Sie gefallen mir«, sage ich. »Ich fühle mich wie eine Sexpuppe.«
Mum und ich sprechen nie über Sex, niemals. Es folgt eine Pause.
»Deine Haare sehen auch gut aus«, füge ich hinzu. »Sehr gepflegt.«
»Danke«, sagt sie und tätschelt sie zerstreut. »Amber … ich bin nicht sehr gut in solchen Dingen.«
»Welchen Dingen? Dass wir uns über einem Cappuccino von Frau zu Frau näherkommen oder …«
Wir sind nicht gut darin, das stimmt. Sie würde das viel eher mit Beth tun als jemals mit mir, was mich schon immer wütend gemacht hat. Aber vielleicht liegt es nicht nur an ihr.
»Nicht nur das. Sondern ein Gespräch führen. Und ich möchte mich wirklich mit dir unterhalten.«
Ich gerate in Panik, als würde mir jemand ein Kissen aufs Gesicht drücken.
»Über Oscar? Über die Scheidung?«
»Nein, Amber, über das, was passiert ist. Das ist damals so schlecht gelaufen.« Obwohl meine Hände den warmen Becher halten, fröstelt mich. Ich bringe kein Wort über die Lippen. »Wir hätten damals wahrscheinlich mit jemandem reden sollen, als ganze Familie. Und ich hätte dich nie, niemals bitten dürfen, für mich zu lügen.«
Ich weine jetzt, weil etwas in mir schmilzt, Tränen
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