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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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weiß selbst nicht, warum ich diesen Wortschwall losgelassen habe. Eigentlich finde ich, dass vegetarisches Essen reif ist für Innovationen, vor allem in einem erstklassigen Restaurant wie diesem, aber würde ich mich rücksichtslos der Beförderung meiner eigenen Karriere widmen (was ich, ehrlich gesagt, auch tue), würde ich doch mit einem beeindruckenden Fleisch- oder Fischhauptgericht punkten wollen, das sich wie von selbst verkauft und dessen Erfolg auf mich zurückfällt.
    »Gut, dann seien Sie darauf vorbereitet, dass es Ihnen die Sprache verschlägt«, antworte ich, als würde ich ständig an Talentshows teilnehmen.
    »O Gott«, sagt er, aber wenigstens lächelt er ein wenig. »O sehen Sie, da kommt Ihr schlimmster Feind. Höchste Zeit, dass Sie ihn kennenlernen.«
    Ich schaue auf die Schwingtüren und rechne mit dem verhassten Joe, doch stattdessen taucht Mac Steak auf.
    »Ay ay!«, sagt er und geht auf Oscar zu. Schlachter ist der perfekte Beruf für Mac, der große Ähnlichkeit mit einem Schwein hat, das entdeckt hat, wie man auf den Hinterbeinen aufrecht steht. Seine Nase ist gewaltig und zeigt schnauzenartig nach oben, wohingegen seine Augen ganz klein sind. Er ist so breit wie hoch, und seine blutverschmierte Schürze reicht kaum um seinen enormen Bauch.
    »Wie geht es Ihnen, mein Sohn?«, erkundigt er sich und klopft Oscar mit seiner feisten rechten Hand auf den Rücken.
    »Kann nicht klagen«, sagt Oscar. »Das ist Amber. Sie ersetzt Mike, und Sie sollten sich ihr Gesicht merken.«
    »Das dürfte nicht schwerfallen«, erwidert Mac lasziv, sodass ich am liebsten eine Rasierklinge an sein Gesicht angelegt hätte, wie ich das bei seinen schweinischen Brüdern getan habe.
    »Was haben Sie denn heute für uns?«, fragt Oscar. »Haben Sie die Bäuche mitgebracht, um die ich gebeten habe?«
    »Aber ja doch«, bestätigt Mac, »und noch eine Überraschung dazu. Er mag Überraschungen«, sagt er verschwörerisch zu mir.
    Er geht zurück zu seinem Lieferwagen, und Oscar klärt mich auf. »Ich kenne ihn seit Jahren. Einen besseren Fleischlieferanten wie ihn gibt es nicht.« Kein Wunder, wenn man wie er sein Geschäft in- und auswendig kennt. Mac kommt mit einer zugedeckten Kiste zurück.
    »Ist dies das pièce de résistance?« , will Oscar wissen. »Die hier hat einen Gemüsetick und wird vermutlich nicht einverstanden sein.«
    »Einen Gemüsetick?«, sagt Mac, als hätte ich einfach so zum Spaß das Schlachten neugeborener Kinder vorgeschlagen. »Sie sind doch wohl nicht eine dieser Veganerinnen?«
    »Nein. Ich finde nur, dass sie eine unterrepräsentierte Minderheit sind.«
    Mac lacht buchstäblich aus dem Bauch heraus, während Oscar affektiert das Gesicht verzieht. Und ich, um der Wahrheit Genüge zu tun, stehe ein wenig wie ein Idiot da.
    »Das Hauptereignis!«, verkündet Mac und lüftet die Abdeckung wie ein Zauberer. O Gott bin ich froh, dass es fünfundzwanzig Jahre her ist, seit ich Watership Down gesehen habe. Fünfzehn kleine braune flauschige Kaninchen liegen nebeneinander, als hätte ihre Mama sie für ein kleines Nickerchen abgelegt. Nur dass sie ihnen vorher noch die Kehlen aufgeschlitzt hat.
    »Sie suchen eine neue Herausforderung, guter Mann?«
    »Darauf können Sie wetten«, sagt Oscar und zieht eins davon an den Hinterläufen heraus und hält es hoch, um es genauer zu inspizieren.
    »Einsame Spitze«, sagt Mac und zielt mit seinem Grinsen in meine Richtung.
    »Sie sehen großartig aus«, meine ich zu ihm. »Ich kann’s kaum erwarten, die Ärmel hochzukrempeln.«
    Er watschelt nach getaner Transaktion davon, und ich frage Oscar, was er damit vorhat.
    »Sagen Sie’s mir«, fordert er mich auf. »Wenn das hier Ihr Restaurant wäre, was würden Sie tun?«
    Ich gehe mein geistiges Rolodex nach Rezepten durch und suche verzweifelt nach einer klugen Antwort. Nach einer langen tödlichen Pause kommt sie endlich.
    »Wie wär’s, wenn wir sie kurz anbraten? Und mit ein wenig Sahne und Schinken sowie ein paar leckeren Kräutern anrichten, dazu Kartoffelbrei.«
    Er sieht mich an, und ich frage mich, ob er mich wohl für einen kulinarischen Einfaltspinsel hält.
    »Ja, sehr nett, sehr Franglais. Aber ich möchte was viel Radikaleres damit anstellen.« Ungebeten geht ein Zucken durch mich. »Ich möchte sie auseinanderreißen und die Teile dann wieder zusammensetzen.«
    »Ein Humpty-Dumpty-Kaninchen?«
    »Etwas in der Art.« Er zieht sein abgewetztes ledernes Notizbuch aus seiner Gesäßtasche.

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