Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
Sie hat darum gebeten, ihm seine Crème brûlée mit seinem Namen darauf und Kerzen zu servieren.«
»O, hat sie?«
»Könnten Sie das an Jean-Paul weitergeben? Ich möchte nicht meinen Kopf riskieren, weil sein Dessert verhunzt wird.«
»Mit Vergnügen«, sage ich, und dabei kommt mir spontan eine Idee. Ich wende mich zum Gehen.
»Warten Sie doch, Sie brauchen seinen Namen! Er heißt Dom«, schreit er mir hinterher. »Ein Glück, dass der so kurz ist, oder? Sollte passen.«
Ich gehe zu Paul und spreche mit ihm, und er reagiert genauso wie vorherzusehen.
»Was sind das für Leute?«, schreit er. »Das ist doch keine Kindergeburtstagsparty bei McDonald’s. Non . Sie kann es mit nach Hause nehmen und ihre eigene Verzierung mit ihrem, wie heißt das noch mal, Mr Kiiip-ling machen.«
Er spricht den Namen dieses Backwarenherstellers mit derartiger Verachtung aus, dass jede Diskussion sinnlos wäre. Perfekt.
»Ganz ehrlich, Jean-Paul, wenn Sie den Zustand Ihres … aber wir müssen es versuchen und etwas unternehmen. Unter uns, der Typ, mit dem sie zusammen ist, ist ein ziemlich großes Tier. Wir wollen doch nicht den Eindruck erwecken, nicht entgegenkommend zu sein.« Ich gebe vor nachzudenken. »Wie wär’s, wenn ich das übernehme?«, frage ich nach einer Pause. »Sie brauchen keinen Finger zu rühren, können so tun, als wäre es nie geschehen.«
Er sieht mich finster an und zuckt mit den Schultern. » Pouf «, sagt er und zeigt mit dem Kopf auf eine warme Spritztüte mit Schokolade, und ich mache mich an die Arbeit. Ich beiße konzentriert die Zähne zusammen und gebe mich ganz der Aufgabe hin. Dann trete ich einen Schritt zurück und hätte mein Kunstwerk gern jemandem gezeigt. TROTTEL steht in Schokoladengroßbuchstaben darauf. Nachdem ich ein paar Kerzen reingesteckt habe, liegt ein hübscher Glanz auf ihnen. Wer sollte davon nicht bezaubert sein?
Was ich dann tue, erfüllt mich nicht mit Stolz. Ich warte ein paar Minuten, weil ich mir ausrechne, dass Johnny jetzt, da sie sich auf der Zielgeraden befinden, sicherlich eine kurze Zigarettenpause macht. Dann greife ich mir einen Jungkellner und gebe ihm das Dessert.
»Sind Sie sich sicher?«, fragt er nervös.
»Ja, ja. Das sind alte Freunde von mir. Ich hab’s ihr versprochen, es wird ihm gefallen.« Was ist nur los mit mir? Offensichtlich kann die Hölle selbst nicht wüten wie eine verschmähte Frau. Fasziniert verfolge ich, wie er auf den Tisch zugeht. Rachel entdeckt das Dessert schon von ferne und stimmt in fröhlicher Erwartung eine zunehmend lauter werdende Interpretation von Happy Birthday an. Ihr durchdringendes unmelodisches Gebrumm steckt auch den Nachbartisch an, wo alle fröhlich ihre Stühle umdrehen, um einzustimmen. Dom blickt zu Boden und hasst jede Sekunde. Sie ist so bescheuert. Restaurantkunden sind sein tägliches Brot, und das Letzte, was er sich wünscht, ist eine ganze Meute davon, die an seinem freien Abend großes Aufhebens um ihn macht. Als sie zu »lieber Dom« kommt, landet die Bombe auf dem Tisch.
»Happy birth …« Sie verstummt, der große Mund bleibt offen stehen. Sie blickt zu dem unglücklichen Kellner auf, um eine Schimpftirade loszulassen.
»Was zum …«, setzt Dom gerade an, als ich auf den Tisch zugeeilt komme.
»Alles Gute zum Geburtstag, Liebling«, sage ich. »Sie hat darum gebeten, es mit deinem Namen zu verzieren. Habe ich den richtig geschrieben? Ich wusste nicht, wie viele Ts du zurzeit verwendest.«
Er sieht mir direkt in die Augen, ist weiß wie die Wand, und plötzlich ist alles gar nicht mehr lustig, wenn es das je war. Der Nachbartisch verfolgt fassungslos das Geschehen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit wurde Rachel zum Schweigen gebracht. Ich weiß nicht, was ich erwarte, aber gerechnet hätte ich mit einer Explosion. Stattdessen spricht er ganz sanft mit mir.
»Was machst du da, Amber?«
Meine Augen werden schmal. »Was ich mache? Es geht doch wohl mehr darum, was du machst!«
»Ich weiß, was du denkst. Du denkst, ich bin ein Lügner und ein Mistkerl, und ich mache dir auch keinen Vorwurf …«
»O, wie überaus großzügig …«
Dom schaut in die gebannten Gesichter um uns herum und schafft es, Tisch elf so in Verlegenheit zu bringen, dass sie sich umdrehen.
»Amber, bitte, hör mir doch einfach mal zu. Wir müssen irgendwo hingehen und darüber reden.« Er richtet seinen Blick auf Rachels käsiges, berechnendes Gesicht. »Sorry.«
»Nein, müssen wir nicht«, sage ich
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