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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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weiß, ich weiß«, sagt er und legt mir tröstend seine Hand auf den Arm, »aber Lydia war dabei, als die Bestellungen aufgegeben wurden, und sie ist nicht eingeschritten. Wir können wohl kaum Nein sagen.«
    Da auch Oscar sich nicht beklagt hat, kann ich den Köchen nur die Anweisung geben, die lächerliche Liste der Änderungen zu befolgen, und hoffen, dass sie bei der nächsten Bestellungsflut nicht noch mehr entgleisen. Und es dauert nicht lang, da kommt Johnny schon wieder mit einer ganzen Handvoll angerannt, und als die Türen aufschwingen, sehe ich Matt Nutkins, der für die versammelte Meute eine Flasche mit was Sprudelndem knallen lässt.
    »Sagen Sie jetzt bloß nicht, dass das Cristal ist«, zische ich.
    »Sagen wir mal so, es ist kein Lambrusco«, grinst Johnny und zieht sich hastig zurück.
    Ich brülle die Bestellungen raus und finde schließlich meine Mitte wieder. Die Vorspeisen kommen halb gegessen zurück und werden wie Müll in den Eimer geschabt. Inzwischen kämpfen wir mit den Hauptgerichten, die genauso verhunzt sind wie die Vorspeisen. Stu schreit frustriert auf, als er den Fisch in Olivenöl anstatt in Butter zu sautieren versucht, während der Kartoffelbrei, ein Verbrechen gegen die Atkins-Diät, schmachtend zurückbleibt. Inzwischen hat Oscar sich völlig aus allem herausgezogen. Entweder schmollt er in seinem Büro oder flirtet mit dem unmündigen Mädchen, und beide Optionen bringen mich in Wallung. Es ist totenstill in der Küche, alle sind nur damit beschäftigt, die vielen hereinschneienden Bestellungen umzusetzen. Ich höre nur das wiehernde Gekreische von Tallulahs Hyänenmeute. Johnny kommt mit der nächsten Bestellungsflut herein, und ich ziehe ihn beiseite.
    »Ist Oscar da draußen? Es ist kein Scherz, aber ich kann selbst hier hören, wie viel der Geburtstagsporsche dieses Jungen gekostet hat, und die anderen Gäste werden bestimmt bald durchdrehen.«
    »Hab ihn seit einer guten halben Stunde nicht mehr gesehen. Lydia hat ein ernstes Wort mit ihrer königlichen Hoheit gesprochen, es scheint aber nicht gefruchtet zu haben.«
    »Ich werde ihn auftreiben. Auf ihre Mum hört sie vielleicht nicht, aber sie wird es doch nicht riskieren, Oscar zu verärgern, oder?«
    Johnny verzieht das Gesicht. »Ich fürchte, das ist nicht das Einzige, was uns Sorge machen sollte. Ich habe den leisen Verdacht, dass da draußen eine Kritikerin ihr Unwesen treibt.«
    »Was?! Wieso?«
    »Diese eigenartige kleine Dame mit dem Knoten an Tisch sechs. Ich kann mich nur deshalb an sie erinnern, weil sie eine unglaubliche Ähnlichkeit mit meiner Großtante Phyllis hat, Gott sei ihrer Seele gnädig. Zweiter Besuch innerhalb von vier Tagen, ich könnte es beschwören.«
    »Mit wem ist sie da? Haben sie schon bestellt?«
    »Einem Durchschnittstypen mit ergrauendem Haar. Der letzte Packen der Bestellungen, glaube ich, den Jason reingebracht hat. Steinbutt und Rindfleisch, mit Krabben und Spargel als Vorspeisen.«
    Ich springe geradezu in den Durchgang und rufe den Stationen zu, mir zu sagen, wohin die Bestellungen gegangen sind. Die Spargelvorspeise kommt mit einem pochierten Entenei, und sobald ich sie vor mir habe, sehe ich, dass sie nicht perfekt ist. Das Eigelb sieht zu hart aus, es ist nicht die weiche einladende Flüssigkeit, die die Spargelstangen in gelber Sauce baden sollte. Ich greife mir Bobby, den Assistenzkoch, von dessen Station das Gericht stammt.
    »Hoffnungslos!«, schreie ich. »Nutzlos. Sie haben Oscar gehört. Wir sind jetzt in erhöhter Alarmbereitschaft, und Sie beherrschen nicht einmal die Grundvoraussetzungen.«
    Er sticht auf das unnachgiebige Eigelb ein. »Tut mir leid, Chefin. Es sind einfach so viele Bestellungen …«
    »Ja, der Abend ist hart, damit müssen Sie klarkommen. Gehen Sie zurück an Ihren Platz, und bringen Sie mir in drei Minuten einen Ersatz hierfür. Bis ich zurück bin, kümmern Sie sich um die Endkontrolle, Michelle.«
    Ich drängele mich durch die Küche und steuere das Büro an. Oscar sitzt über ein Hauptbuch gebeugt, die unvermeidliche Kippe zwischen seinen Fingern.
    »Ich weiß, dass du beschäftigt bist, aber ich brauche dich dringend.«
    »Halt dich zurück, ich habe dich den ganzen Tag nicht gesehen, nicht richtig. Lass die mal fünf Minuten allein wursteln, komm her und sprich mit mir.«
    »Keine Zeit. Tallulahs Kumpel machen mehr oder weniger einen Aufstand, und nun meint Johnny auch noch, wir hätten die Inspektoren im Haus.«
    Er beißt die Zähne zusammen.

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