Sekunde der Wahrheit
Chalmers.«
»Haben Sie Weisungen, sich von ihr nicht sehen zu lassen?«
»Wenn möglich – ja.«
»Dann machen Sie sich unsichtbar. Gute Nacht, Mr. Cowley.«
9
»Mr. Haslam …«
»Hallo, Mr. Edwards. Was tun Sie so früh am Morgen auf der Rennbahn? Wir haben gerade das Training beendet. Haben Sie zugeschaut?«
»Hab' ich. Hören Sie, Haslam …«
»Also Ran wird immer besser. Ein Kilometer in 1:01 und etwas, und das Geläuf ist noch recht schwer.«
»Haslam, Sie sind gefeuert.«
»Was sagen Sie?«
»Ich sagte, ich bin hergekommen, um Ihnen zu sagen, daß Sie hinausgeschmissen sind.«
»Mr. Edwards, Sie fühlen sich nicht wohl. Sie sollten erst einmal schlafen und …«
»Scheren Sie sich weg und lassen Sie die Finger von meinem Pferd. Haben Sie verstanden?«
»Mr. Edwards, die Rennleitung wird Sie ein Pferd ohne lizenzierten Trainer nicht starten lassen.«
»Soll das eine Drohung sein?«
»Nein, Sir, keine Drohung. Ich möchte Ihnen nur …«
»Hören Sie auf, mich Sir zu nennen.«
»Wie Sie wünschen, Sie sind der Boss. Ich will nur …«
»Trainer gibt's für ein Butterbrot.«
»Wir haben einen Vertrag …«
»Ich zahle Sie aus.«
»Es kommt mir nicht aufs Geld an, … Mr. Edwards. Ich meine … Hören Sie, ich könnte die nächsten drei Tage arbeiten bis nach dem Rennen. Und wenn wir kein Geld holen, schulden Sie mir keinen Pfennig. Das ist doch ein sehr faires Angebot?«
»Ich will von Ihnen keine Gefälligkeiten.«
»Ich bin bis hierher mit Ihnen gegangen. Ich weiß gar nicht, warum ich mich aufrege, aber das Pferd liegt mir irgendwie am Herzen …«
»Sie sagten, er könnte nicht gewinnen.«
»Das habe ich nie gesagt. Ich habe gesagt, ich würde mein Bestes versuchen. Mehr kann man nicht verlangen.«
»Diesen Entschluß faßte ich beim Würfeln.«
»Sie werden wahrscheinlich Schwierigkeiten haben, mich zu ersetzen.«
»Soll das heißen, daß niemand für einen Nigger arbeiten will?«
»Nicht, weil Sie schwarz sind, Teufel, JD, ich …«
»Einige Ihrer besten Freunde sind Nigger, was?«
»Die anderen Trainer könnten …«
»Trainer sind wie Jockeys. Sie reißen sich um die Jobs. Ich werd' schon einen kriegen.«
»Das möchte ich bezweifeln. Ich meine, so spät.«
»Junge, Also Ran ist ein Derbypferd. Im Kentucky Derby!«
»Ich wünsche Ihnen Glück.«
»Es muß nur jemand sein, der mich nicht hinter meinem Rücken Nigger nennt.«
»Das habe ich nie getan. Aber … es ist Ihr Pferd. Es ist Ihre Entscheidung.«
»Guten Morgen, meine verehrten und standhaften Zuhörer. Hier ist wieder Ihr Graf Wyatt. Noch zwei Tage bis zum Derby, aber die Rachegötter haben anscheinend ihre Munition verschossen. Jedenfalls war es in den letzten vierundzwanzig Stunden ominös ruhig. Wollen wir hoffen, daß sich nicht neues Unheil zusammenbraut.
Die Derbywoche nimmt ihren Verlauf wie gewöhnlich. Vor einer Stunde, pünktlich um zehn Uhr, fand im Vorraum des Rennsekretariats das Ziehen der Positionen statt, im Beisein von Pferdebesitzern, Trainern, Offiziellen jeder Art, einiger Taschendiebe und Hochstapler, mindestens drei Filmstars, der Presse und meiner Wenigkeit. In Abwesenheit von Miß Kimberley Cameron, deren Fehlen nicht erklärt wurde – schämen Sie sich, Prinzessin –, spielte ein Filmstar, assistiert von Mrs. JD Edwards, Glücksfee. Nachdem die Rennleitung offiziell den Anmeldeschluss für das Derby verkündet hatte, wurde die Kassette mit den Nennungen Mrs. Edwards anvertraut. Währenddessen schüttelte unser Filmstar die Flasche mit den Nummernkugeln und ließ eine Nummer nach der anderen herausrollen. Sie nannte die Nummer, während Mrs. Edwards aus ihrer Kassette den Zettel mit einem Pferd zog. So wurden die Startpositionen ermittelt, und zwar wie folgt:
Position eins auf der Innenbahn an den Rails und mit der geringsten zu überwindenden Distanz auf einer Strecke, wo jeder Meter zählt: Prescription von Walter Drake.
Position zwei: Fireaway von Stuart Rosser.
Position drei: Irish Thrall, direkt von der Grünen Insel.
Position vier: Also Ran von JD Edwards.
Position fünf: Bonne Fête, die hübsche Stute aus Frankreich.
Position sechs: Fuji Mist, der Geheimnisvolle aus Fernost.
Position sieben: Hotspur, der kleine Rappe aus Florida.
Und schließlich auf Position acht und damit auf der Außenbahn der Favorit Starbright.
Das ursprünglich größere Starterfeld ist ja in den vergangenen Tagen bös dezimiert worden. So fielen aus Vincent Van, Ancient
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