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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit
Autoren: Hayes Joseph
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mit einem häßlichen Gesicht, Crichton, dessen Arbeitgeberin mit der Trophäe in der Hand im Führring gestorben war, war zu ihm gekommen, ausgerechnet, als er mit ein paar Bereitern und Jockeys in der Sattelkammer von Stall 16 gepokert hatte.
    Er hatte höflich gefragt, ob JD einen Moment Zeit hätte, und dann draußen gesagt: »Ich habe gehört, daß Sie Schwierigkeiten haben, einen Trainer zu finden. Nun, ich stehe zur Verfügung.«
    Zuerst hatte JD nicht gewußt, wie er das auffassen sollte. Machte der Mann sich über ihn lustig?
    Aber Crichton hatte gesagt: »Ancient Mariner ist eingeschläfert worden, wie Sie wissen, und Brookfield Miß Mariah hat schon das Oaks gewonnen. Ich wäre also frei, wenn Sie mich haben wollen.«
    Haben wollen? Junge, JD war fast in Freudentränen ausgebrochen. »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll, Mr. Crichton!«
    Und darauf hatte Crichton, kaum zu glauben, erwidert: »Bedanken Sie sich nicht bei mir, sondern bei Matt Haslam. Er hat mich darum gebeten, als Gefälligkeit.« Das war doch nicht zu fassen. Matt Haslam? JD hatte eine Weile gebraucht, bis er das voll begriffen hatte.
    Jetzt konnte er nur noch daran denken, daß nicht nur sein Pferd laufen würde, sondern zudem auch noch unter dem berühmten Alex Crichton, einem der besten Trainer überhaupt. »Matt Haslam hat mich eingewiesen, ich werde also weitermachen wie bisher.« Das mußte man wirklich erst verdauen!
    Er hielt vor dem Motel mit quietschenden Reifen. »Almeta, Baby, komm schnell!« Aber so ein Pech, sie war nicht im Zimmer. Er schaute sich um, weil der Raum ihm irgendwie verändert schien.
    Die Badezimmertür stand offen, aber da befand sie sich auch nicht. Er schaute in den Kleiderschrank daneben, doch da hingen nur noch seine Sachen. Er wußte Bescheid, noch ehe er den Brief fand. Und er erinnerte sich: ›Wenn du Haslam feuerst, dann hast du mich gesehen.‹
    Er sank auf der Bettkante nieder und las den Brief, der vor seinen Augen verschwamm: Tut mir leid, JD, aber mir reichts. Ich werde dich vermissen. Viel Glück, wenn dein Pferd doch im Derby läuft. Ja, ich weine, Liebling, und du wirst mir sehr abgehen, aber ich kann es nicht mehr ertragen. Ich werde das Rennen am Fernseher verfolgen. Ich bin sehr traurig.
    Er spürte, wie die Verzweiflung ihn übermannte. Er war zu schwach, um aufzustehen. Es war ihr ernst gewesen. Mit Trauer erinnerte er sich, wie schön es mit ihr gewesen war. Soviel Zauber würde er bei niemandem mehr finden. Na, JD, bist du jetzt auf dich stolz, Mann? Du hast dich ganz schön in die Scheiße geritten.
    Und wie.
    Der Schmerz warf Kimberley fast zu Boden. Ihr war, als sei ihr Gehirn, ihr ganzer Schädel explodiert. Ihr wurde schwindelig, alles drehte sich um sie im Kreise.
    Dann kam Kimberley inmitten von tosendem Verkehrslärm mit einem niederschmetternden Gefühl an einer Straßenecke zu sich. Sie war allein. In einer unbekannten Stadt. Irgendwo …
    Wie war sie hergekommen?
    So grauenvoll und schrecklich war es sonst nicht gewesen. Von allen Seiten fluteten Lärm, Farbe, Licht, Alltagsgetümmel und Straßengestank auf sie ein. Doch was war das für eine Straße? Wo war sie bloß hingeraten?
    Es war fast mehr, als sie ertragen konnte. Mit weichen Knien lehnte sie sich an einen schräg nach oben verlaufenden Stahlträger. Benommen blickte sie nach oben, sah die Eisenbahnüberführung, und in dem Augenblick donnerte ein Zug darüber, kroch mit einem schwarzen Bauch über sie hinweg; alles um sie herum bebte, und sie war in dem ohrenbetäubenden Getöse gefangen …
    Bloß jetzt keine Panik, auf gar keinen Fall durfte sie in Panik verfallen. Das war ja alles schon früher so gewesen. Zwar passierte es niemals am gleichen Ort oder auf gleiche Weise, aber sie mußte sich jetzt einfach langsam an die Sache herantasten. Das da oben ist kein Monstrum, sondern nur ein Zug, also reg dich nicht auf. Es ist gleich vorbei. Schau dich langsam um. Und keine Panik.
    Der Zug ratterte vorbei. Sie floh auf die andere Straßenseite. Bremsen quietschten, eine Hupe jaulte, jemand brüllte sie ärgerlich an. Sie befand sich auf einem Bürgersteig vor häßlichen Häuserfronten, schäbigen Läden, Schnellimbiss-Stuben. Wo war sie? Wie war sie hergekommen?
    Was wollte sie hier, in dieser fremden, heißen Stadt, inmitten von Fußgängern, die es eilig hatten, wo keiner sich um den anderen kümmerte? Und rußig und dreckig war es hier.
    Der Lärm war ohrenbetäubend. Und die Sonne, von den
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