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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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auswich. »Du hast mich nicht gefragt, wo ich gewesen bin.«
    »Mir wurde bedeutet, daß das nichts nützen würde, weil du dich nicht daran erinnern kannst.«
    »Andrew läßt sich so leicht hereinlegen.« Sie blieb vor ihm stehen und lachte, bitter und ohne Fröhlichkeit. »Und du auch!«
    »Wenn du dich entsinnst, wenn du es mir sagen willst …«
    Sie rauschte zur Bar, goß Whisky in das Glas, wobei der Dekanter an den Rand klapperte. »Hast du jemals das Buch ›Verlorenes Wochenende‹ gelesen?«
    »Ich habe nicht einmal den Film gesehen.«
    »Es handelt von einem Mädchen, einer netten Schullehrerin, die an ihren Abenden Männer aufliest, alle Sorten von Männern in Single-Bars, und sie dann für die Nacht mit nach Hause nimmt.«
    Er sprach nicht. Er fand keine Worte. Glaubte sie, was sie sagte? War das möglich?
    Sie kippte den Whisky und fragte dann: »Soll ich noch immer mit dir weggehen, Clay?«
    Wollte er es?
    Nein.
    Er drehte sich um und ging ins Vorzimmer ohne einen Blick zurück. Er betrat den Korridor und schloß die Tür hinter sich, ganz behutsam.
    So … das war also die Geschichte, die widerliche Geschichte.
    Das war also die wahre Kimberley Cameron.
    Jetzt reichte es ihm. Es stand ihm bis oben. Und die Verschwendung von gutem Willen, die Sorge ragte wie ein Berg vor ihm auf. Etwas war aus ihm gewichen, aber er hätte nicht den Finger drauflegen können. Würde es wahrscheinlich nie ausloten können. Er wußte lediglich, heute war es verschwunden, für immer verloren, was es auch war, und es war auf Nimmerwiedersehen weg in wenigen Minuten.
    Er beschloß, sich zu betrinken, sich einen Vollrausch anzusaufen wie alle anderen in Louisville in der Nacht vor dem Derby. Dann erinnerte er sich, was damals passiert war, als er sich betrunken hatte. Und wieder überfiel ihn das Gefühl, das alles schon einmal erlebt zu haben.
    Aber diesmal würde er sich trotzdem betrinken, und es kam nicht darauf an. Er wußte, was er am Morgen tun mußte, und er würde es tun.
    Brigid war still im Mercedes auf dem Weg zum Hotel. Angeekelt, aber nicht ungläubig überlegte sie, was sie an dieser blutrünstigen und hinterhältigen Geschichte anging, die Andrew ihr in sachlich-ruhigem Ton auf dem Rasen der Jordanschen Besitzung erzählt hatte. Sie mußte sie erst verdauen. Wie paßte sie – Brigid Tyrone – hinein? Nun verstand sie Kimberleys Anruf aus Chicago: Es war wirklich ein verzweifelter Hilfeschrei gewesen. Sie verstand vieles nun besser. Aber … welcher Platz wurde ihr zugewiesen?
    Andrew schien erleichtert, als hätte die Tatsache, darüber reden zu können, ihn bereits vielleicht in ein klareres Licht gerückt, so daß er den roten Faden in dem rätselhaften Geschehen fand. Ohne Umschweife sagte er nun: »Ich habe beschlossen, deine Einladung nach Ascot im nächsten Monat zu akzeptieren.« Als er in den Hotelparkplatz einbog, fuhr er fort: »Und dabeizusein, wenn Irish Thrall im Arc in Paris im Herbst an den Start geht.«
    So einfach war das. Die Feststellung einer getroffenen Entscheidung, einer Zusage?
    Trotz allem anderen, aller Ungewissheiten, spürte sie, wie sich ihre Stimmung hob. Eine seltsame und belebende Erregung machte sich bemerkbar, und sie spürte, daß sie nun mit einbezogen war und irgendwie dazu gehörte. Ob Irish Thrall gewann oder verlor, was ihr einmal so wichtig erschienen war, hatte seine Bedeutung verloren. Aber lebendig zu sein, anteilnehmend, zu fühlen – das war lebenswichtig. Und Daniels Schatten oder Geist schien zu lächeln.
    Als sie in das Hotel gingen und den Wagen einem uniformierten Pagen überließen, nahm sie Andrew bei der Hand. Sie war schwer und warm und stark, und sein Griff war so fest, daß es fast schmerzte.
    Und sie fand es wunderbar. Und ihn auch.
    Endlich liebte sie ihn. Sie konnte wieder lieben.

11
    Die Stute Foxy Lady in Stall 7 hatte einen Hahn als Maskottchen oder als Talisman. Während der Nacht war Bernie einmal wegen einer Gans wachgeworden, die seinen Schlafsack angestupst und leise geschnattert hatte, entweder weil sie etwas zu fressen wollte oder weil sie einfach neugierig war. Doch davon war Molly nicht aufgewacht. Bernie liebte das Stallgebiet, besonders am frühen Morgen. Irgendwo schrillte ein Wecker.
    Der Himmel erhellte sich bereits, so daß man erkennen konnte, wie wolkenlos er war. Überall lag Tau, der im Dämmerschein glitzerte. Heute früh würden die Pferde nicht gähnen, denn es würde heiß und klar werden. Tut mir leid,

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