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Sekunde der Wahrheit

Titel: Sekunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hayes Joseph
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eine ölig glatte Oberfläche ohne Schatten.
    Sie schlief. Und wie einige Male in der Nacht zuvor überkam Clay der Wunsch, für Kimberley zu sorgen, sich um sie zu kümmern und sie zu beschützen. Doch wieder funkten ihm andere Gedanken dazwischen. Zwar konnte er sich ein Zusammensein mit ihr ausmalen, im Auto, auf Rennbahnen, in Motelzimmern, in der freien Natur, überall, aber nicht wie sie ihn zu Hause empfing, in einer Wohnung erwartete. Er konnte sie sich nicht in einer häuslichen Gemeinsamkeit vorstellen. Und gerade ein Zuhause war es, nach dem er sich in seinem tiefsten Inneren sehnte, vielleicht, weil er nie eines gekannt hatte.
    Clay betrachtete sie. Kimberley trug nicht mehr die Reithose und Stiefel und den schwarzen Rollkragenpullover, in denen sie vor Stunden an der Rennbahn aufgetaucht war. Einen nackten Arm hatte sie über die Augen gelegt, die hellen Haare umspielten locker den Kopf, und ihre Nacktheit genierte sie nicht. An ihrer Fraulichkeit bestand kein Zweifel, aber dennoch erschien sie Clay nur wieder wie ein wehrloses und verletzliches Kind, das für kurze Zeit alle Probleme und Konflikte vergessen hatte. Er hatte das flüchtige Gefühl, daß Kimberley innerlich frei war, und daß es nichts gab, was sie nicht erreichen konnten. Aber … konnte sie jemals wirklich ihm ganz gehören? Sich ihm ganz schenken? Er hatte einen langen Weg zurückgelegt, um sie wiederzugewinnen, zu besitzen, und doch konnte er nicht einmal jetzt düstere Vorahnungen ganz abschütteln. Nicht einmal hier und jetzt. Er blickte wieder zu dem unergründlichen Stückchen Himmel hinauf.
    »Kannst ruhig auf den alten Elijah hören«, hatte der Pferdepfleger gesagt, »auch wenn die Sonne scheint. Heut abend gibt's Regen, bestimmt.«
    Kimberley, die ihn mit ihrem plötzlichen Auftauchen überrascht hatte, hatte sich lachend mit dem Arm eingehängt und gemeint: »Elijah hat recht. Schau dir doch Hotspur an und die anderen Pferde. Sie gähnen fast alle.«
    Fröhlich hatte sie seinen Arm gedrückt. »Das ist ein sicheres Zeichen, das weißt du doch!«
    Als sie zusammen fortgegangen waren, hatte Bernie ihnen gespannt und nachdenklich nachgeschaut.
    »Behandeln Sie den Jungen gut, Missie, hören Sie!« hatte Elijah sie ermahnt. Etwas ganz Neues für den wortkargen Alten.
    Doch das lag Stunden zurück, und von Regen keine Spur. Kimberley schlief noch immer mit geöffneten Lippen. Die Zeit schien stillzustehen. Die zarten Umrisse ihres Körpers, er konnte sie in aller Ruhe genießen.
    Auf dem Weg zum Derby stall hatte sie gesagt: »Du bist nicht zurückgekommen, also mußte ich zu dir gehen. Oh, Clay, ich kann es immer noch nicht glauben. Verstehst du es, Liebling?«
    Dann hatte sie unvermittelt seinen Arm losgelassen und war stehen geblieben. »Schau doch, Clay«, mit einem heiseren, fast bestürzten Flüstern, »schau ihn dir an!« Sein Blick war ihrem gefolgt.
    Umringt von Reportern und Fotografen stand Starbright in königlicher Haltung vor seiner Box, als wüsste er, daß er aufgenommen wurde. Die Ohren spielten neugierig, und sein Fell schimmerte wie frische Kastanien. Obgleich er ganz ruhig und versammelt dastand, vermittelte er den Eindruck von geballter Kraft und Geschwindigkeit. Der weiße Stern auf seiner Stirn schimmerte wie ein Juwel. Trotz des Kückens der Kameras und dem Stimmengewirr fühlte Clay sich ganz allein. Er hatte Fotos gesehen und kannte natürlich die Erfolgsliste des Hengstes, aber auf diesen herrlichen Anblick war er nicht vorbereitet gewesen. Wie konnte sein kleiner Hotspur gegen dieses Prachtexemplar mit dem makellosen Exterieur gewinnen?
    Kimberley hatte den Kopf an den Hals des Tiers gelegt, und die Kameras klickten und surrten wieder. Pepe Benitez stellte sich daneben, der legendäre Jockey mit den goldenen Händen, der nie zur Peitsche griff. Aus sanften Mandelaugen schaute der kleine große Mann zu Kimberley auf, strich mit der Hand über Starbrights Flanke, wobei sein hufeisenförmiger, brillantbesetzter Ring blitzte. Dann wurde der Hengst wieder in die Box gebracht, und Kimberley gab dem Jockey einen liebevollen Kuß auf die Stirn und gesellte sich zu Clay.
    Händchenhaltend waren sie zum Parkplatz gegangen zu einem roten Porsche Targa mit abgenommenem Hardtop. Mit einem übermütigen Lächeln hatte sie ihm die Wagenschlüssel in die Hand gedrückt. »Fahr du«, sagte sie, »er gehört dir.« Und er hatte sich ans Steuer gesetzt, war losgeprescht und war mit einem Mal weder mit sich, Kimberley,

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