Sekundentod: Kriminalroman (German Edition)
weitermachen?«, fragte Rolf.
»Auch wenn ich mir sicher bin, dass Rafael Langer mehr weiß, als er sagt, sollten wir uns nicht nur auf ihn konzentrieren. Sarah kümmert sich weiter um die Viktimologie. Ob nun Langer der Täter ist oder irgendein anderer. Wir müssen rausbekommen, wie er auf Rebecca Ganter gekommen ist. Woher wusste er, wo sie wohnt? Und warum hat er sich den weiten Weg aus Düsseldorf gemacht? Eine zufällige Begegnung können wir mit ziemlicher Sicherheit ausschließen.«
»Wegen der Entfernung?«, fragte Rolf. »Ich meine, vielleicht war er ja aus einem ganz anderen, völlig banalen Grund hier in Lüneburg und hat sie dann zufällig kennengelernt.«
»Hm«, zweifelte Sarah, »da spricht aber das dagegen, was wir bisher vom Opfer wissen. Sie war ja nicht gerade der gesellige Typ, der jemanden im Supermarkt kennenlernt, über sein Leben plaudert und dann einfach mit nach Hause nimmt.«
»Gibt’s solche Frauen überhaupt?«, fragte Timo.
»Wieso? Hättest du dann eine neue Masche entdeckt?« Sarah lächelte breit. »Ach, komm schon, kleines Späßchen.«
»Na ja«, stieg Timo darauf ein, »wenn ich es mir recht überlege …« Er grinste zurück.
»Im Ernst, lasst es uns mal durchspielen«, lenkte Falko das Gespräch wieder in sachliche Bahnen. »Wie könnte Langer auf sein Opfer gestoßen sein?«
»Vielleicht war er ja ein abgedrehter Fan.« Rolf sah die anderen an. »Ich meine, das finde ich zumindest wahrscheinlicher als die Supermarktvariante.«
»Ich auch«, murmelte Falko nachdenklich. »Aber welche Motivation hatte er dann, sie umzubringen?«
»Weil Rebecca Ganter von dem Mord an der Krankenschwester in Düsseldorf gehört und auf eigene Faust ermittelt hat.« Sarah trank einen Schluck.
»Und wie soll sie auf ihn gekommen sein? Immerhin hat die dortige Polizei Rafael Langer verhört und als Täter ausgeschlossen.«
Timo rieb sich nachdenklich das Kinn. »Was wäre, wenn der Langer schon vorher Kontakt zu Rebecca Ganter aufgenommen hat? So eine Schwärmerei, in der er ihr gestanden hat, seine Verlobte nach ihrer Romanvorlage umgebracht zu haben.«
»Klingt logisch«, meinte Falko. »Doch irgendetwas stört mich schon die ganze Zeit an dieser Romangeschichte. Ich komm nur nicht drauf, was es sein soll.«
»Außerdem würde diese Theorie noch nicht erklären, warum Langer nach Lüneburg gekommen ist. Die Ganter wird ihn ja kaum eingeladen haben.«
»Und woher hatte er überhaupt ihre Adresse? Das haben wir schon vorhin nicht zu Ende besprochen.«
»Das ist leicht«, meinte Rolf. »Wenn man an solche Daten rankommen will, ist das ein Klacks.«
»Ja, für dich vielleicht, weil du dich über die Dienststelle ganz legal in alle möglichen Register einloggen kannst«, widersprach Timo.
»Ne, echt. Ihr könnt mir glauben. Nennt mir irgendeinen beliebigen Namen eines real existierenden Menschen, und auch ohne die Daten der Dienststelle gebe ich euch in einer halben Stunde alles über den, wahrscheinlich sogar seinen Kontostand.«
»Na toll, ein fieser Hacker mitten an unserem Tisch.« Sarah zog eine Grimasse.
»Ich würde gern noch mal auf Rolfs Theorie zurückkommen«, bat Falko. »Entweder Langer war ein glühender Fan von der Ganter, um nicht zu sagen Stalker, hat sie ausfindig gemacht und ist, als sie ihn zurückwies, ausgerastet.«
»Oder?«, fragte Timo.
»Oder er hat ihr, wahrscheinlich per E-Mail, den Mord an seiner Verlobten gestanden, hat dann, als sie mit Anzeige gedroht hat, Panik gekriegt, ist in den nächsten Zug gestiegen und hat sie umgebracht.«
Sie saßen eine Weile schweigend da. Plötzlich knallte Falko seinen Becher auf den Tisch.
»Jetzt weiß ich, was mich an dieser Romangeschichte stört. Sarah, was hast du gesagt, wann die Bücher jeweils erschienen sind?«
»Das erste Buch kam 2010 heraus, das war das mit den vergewaltigten Pflegern. Dann 2011 das mit den gefolterten Krankenschwestern und jetzt das neueste, das ja erst nach ihrem Tod erschienen ist, oder zeitgleich, wenn du so willst. Wieso?«
Falko schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Ich bin ein solcher Idiot.«
Sarah stellte ebenfalls ihren Becher auf den Tisch. Sie wurde unruhig. Was hatte sie übersehen, was ihrem Chef aufgefallen war? Welchen Fehler hatte sie gemacht? »Was ist denn?«
»Überlegt doch mal. Aus den Akten geht hervor, dass Langer vor zwei Jahren das erste Mal mit Drogen aktenkundig wurde.«
»Ja und?«
»Wir haben einen Denkfehler gemacht, indem wir uns
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