Sekundentod: Kriminalroman (German Edition)
die Akte Laura Brendel. »Das Manuskript mit den gefolterten Krankenschwestern hat die Ganter im August 2009 an ihren Agenten geschickt. Es ist im Jahr 2011 erschienen.« Sarah blickte kurz in die Runde, zog dann die Akte der ermordeten Gutachterin heran. »Und das aktuelle Manuskript wurde erst vor wenigen Wochen abgegeben, wie wir ja wissen.«
Falkos Miene verfinsterte sich. »Timo, wann wurden die Leichen der Krankenschwester und der Gutachterin gefunden?«
Timo schlug eine Seite der vor ihm liegenden Blätter um. »Laura Brendel wurde am 2 . Oktober 2009 in einem Gebüsch in der Nähe des Krankenhauses gefunden, in dem sie gearbeitet hat.« Er blätterte weiter. »Die Gutachterin Natascha Wending wurde am 28 . Mai dieses Jahres entdeckt.«
»Also war Laura Brendels Leiche noch gar nicht gefunden, als die Ganter ihren Roman abgeliefert hat?« Falkos Stimme verriet seine Unruhe.
»Ganz recht«, bekräftigte Rolf. »Der Langer kann nicht nach Drehbuch gearbeitet haben. Selbst wenn er wer weiß welche Kontakte zum Verlag hatte. Zumindest dieses eine Manuskript hat es noch nicht mal gegeben, als seine Verlobte entführt und ermordet wurde. Und bei dieser Natascha Wending passt es ebenso wenig.«
Falko schloss kurz die Augen, um sich zu konzentrieren. »Nicht Langer hat nach den Vorlagen Rebecca Ganters gearbeitet, sondern das Ganze hat sich umgekehrt ereignet?«
»Ach komm«, wandte Timo ein, »das ist nun wirklich zu weit hergeholt. Oder glaubt ihr wirklich, dass die so etwas gemacht hätte?«
»Gibt es irgendeine frühere Verbindung zwischen Ganter und Langer?« Falko sah zwischen Timo und Rolf hin und her.
Rolf schüttelte den Kopf. »Ich hab alles durchgeforstet, aber da war nichts.«
»Und auch die Kollegen in Düsseldorf haben die Sache nach unserem Hinweis noch mal überprüft. Nichts.«
»Aber wie ist das dann alles zu erklären?«, fragte Sarah. »Oder sind wir auf dem Holzweg, und es ist nur ein Zufall, dass Rafael Langer erst seine Verlobte auf die Art umbringt, wie es Rebecca Ganter geschrieben hat? Und aus Rache oder warum auch immer tötet er sie dann auch?«
Cornelsen rieb sich mit zwei Fingern die Augen.
»Was denkst du, Falko?«, fragte Breitenbach.
»Wenn wir den reinen Zeitablauf nehmen, dann kann der Mörder der Frauen in Düsseldorf nicht die Bücher als Vorlage genommen haben.«
»Aber wie erklären sich dann die Gemeinsamkeiten zwischen den fiktiven Romanen und den realen Verbrechen?« Rolf drehte den Stift in seinen Fingern hin und her.
Falkos Stimme klang belegt. »Rebecca Ganter muss den Mörder gekannt haben und hat nach seinen Ideen ihre Bücher geschrieben.«
»Vielleicht haben die zusammen Morde und Tötungsarten ersponnen. Die eine hat darüber geschrieben, der andere hat sie in die Tat umgesetzt. Es muss eine Verbindung zwischen Langer und Ganter geben«, folgerte Timo. »Es muss sie geben.«
Einen Moment sagte keiner mehr etwas. Alle hingen ihren Gedanken nach.
Sarah war es, die aussprach, was jeder von ihnen zu denken schien: »Was ist denn das hier bloß für eine kranke Scheiße!«
10
Dienstag, 6 . August, 21 . 55 Uhr
Wir müssen dringend mit Ihrem Patienten Rafael Langer sprechen.« Falko hielt der Krankenschwester seinen Dienstausweis vor die Nase.
»Aber gewiss nicht mehr um diese Zeit«, gab diese entrüstet zurück. »Es ist fast zehn Uhr. Abgesehen davon ist der Patient in keiner guten Verfassung. Ohne die Erlaubnis des Stationsarztes kann ich Sie unter keinen Umständen zu ihm lassen.«
Sie machte Anstalten, Cornelsen und Breitenbach einfach stehen zu lassen. Falko fasste nach ihrem Arm.
»Dann seien Sie so nett und zeigen uns den Weg zu Ihrem Stationsarzt. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Sie entzog ihm den Arm. »Aber ich habe Ihnen doch gesagt …«
»Sofort!« Es klang lauter, als beabsichtigt.
Sie verzog giftig das Gesicht. »Warten Sie hier. Ich werde dem Arzt Bescheid sagen.« Sie ging mit kleinen schnellen Schritten den Flur entlang und verschwand am Ende des Ganges in einem Zimmer. Als sie wieder heraustrat, folgte ihr ein Mann in weißer Hose und weißem Hemd, er trug keinen Kittel. Er rieb sich kurz die Augen, kam auf die beiden zu, reichte erst Cornelsen und dann Breitenbach die Hand.
»Ich bin der diensthabende Arzt, Johannes Holsten.« Er fuhr sich nochmals mit beiden Händen durchs Gesicht. »Drei Doppelschichten hintereinander. Wir sind unterbesetzt. Sie müssen entschuldigen.« Die Schwester ging weiter den Flur entlang
Weitere Kostenlose Bücher