Selbs Betrug
intervenierte sie.
»Die Frau und zwei Männer konnten entkommen, einer ist umgekommen und einer wurde festgenommen. In den Medien war von zwei Toten die Rede – der andere muß Soldat oder Wachmann gewesen sein. Ob’s die Explosion war oder geschossen wurde, weiß ich nicht. Es ist auch nicht wichtig.«
»Ich höre, es war die Bombe.«
»Die Polizei hatte Unglück im Glück. Zwar hatte sie einen Bertram Wie-auch-immer festgenommen und zum Reden gebracht, aber der wußte über die Komplizen nicht recht Bescheid. Er kannte Frau Salger und den, der umgekommen war, Giselher Soundso, aber nicht die beiden Männer, die entkommen sind. Nicht daß die Terroristen ihr Kommando ad hoc zusammengesetzt hätten, damit die Beteiligten einander nicht kennen und nicht verraten können. Der Grund ist vielmehr, daß der Anschlag ein bißchen improvisiert war. Jedenfalls hat Bertram die beiden Männer nur schlecht beschreiben können, weil er sie nicht kannte und bei Nacht ohnehin alle Terroristen grau sind und diese überdies die Gesichter geschwärzt hatten. Die Bilder, mit denen gefahndet wird, sind Phantombilder. Stimmt’s?«
»Ich arbeite an dem Fall nicht. Aber wenn man die Namen nicht hat … Hat man in den Medien nicht überhaupt gesagt, daß es Phantombilder sind?«
»Vielleicht hab ich’s verpaßt. Wie auch immer – am 6. Januar war der Anschlag, aber es wird Mai, bis die Fahndung an die Öffentlichkeit geht. Man hätte gleich nach dem Anschlag zur Mithilfe aufrufen können. Man hätte die Bilder in die Medien bringen können, als der Festgenommene geredet, Frau Salger identifiziert und die beiden Männer beschrieben hatte – das muß spätestens im Februar gewesen sein, denn da wurde Frau Salger bereits von der Polizei gesucht. Doch als die Fahndung an die Öffentlichkeit ging, gab’s über den Zeitpunkt, den Ort, die Umstände und Folgen des Anschlags so gut wie keine Informationen. Sagen Sie nur nicht, daß das normal ist.«
»Ich sag’s noch mal, ich arbeite nicht an dem Fall. Aber wenn die Amerikaner uns bitten, einen Anschlag auf ihrem Gelände zunächst einmal vertraulich zu behandeln und bei der Fahndung behutsam vorzugehen, tun wir das.«
»Warum sollten die Amerikaner darum bitten?«
»Weiß ich doch nicht. Vielleicht war ihnen der Anschlag von heiligen Kriegern als Vergeltung für ihre Unterstützung Israels angedroht worden oder hatten sich Panamesen dazu bekannt, die Noriega freipressen wollten, und die Amerikaner mußten überlegen, wie sie außenpolitisch damit umgehen. Da gibt’s tausend Gründe.«
»Und warum geht die Fahndung ausgerechnet an dem Tag an die Öffentlichkeit, an dem Wendt umgebracht wurde?«
»Fiel das zusammen?«
Frau Nägelsbach nickte. »Ja, ich erinnere mich. Als der Name Salger in den letzten Nachrichten fiel, klang er mir nach eurem Streit laut im Ohr. Und das Spargelsoufflé war eingefallen, bis du nach Hause kamst – wegen Wendt später als sonst.«
»Es fiel zusammen, weil Wendt in seiner Aktentasche die Kopie einer Karte von dem Teil des Staatsforsts Lampertheim hatte, in dem die Amerikaner sitzen und der Anschlag passiert ist. Ich weiß, Sie sagen, der Anschlag war in Käfertal, und für Viernheim sind Sie nicht zuständig, sondern die Kreisverwaltung Heppenheim und die Staatsanwaltschaft Darmstadt, und um terroristische Anschläge kümmert sich das BKA . Aber einer in Ihrem Haus muß den Zusammenhang gesehen und denen, die darüber entscheiden, klargemacht haben, daß es höchste Zeit ist, die Öffentlichkeit einzuschalten. Weil man nicht riskieren kann, daß auf das Nachspiel Wendt noch weitere folgen. Recht hatte er.«
Nägelsbach machte ein Pokerface. Hatte er selbst den Zusammenhang gesehen? Wußte er von Anfang an, daß der Anschlag in Viernheim gewesen war und nirgendwo sonst? War die Sache so heikel und geheim, daß er lieber begriffsstutzig erschien, als etwas preiszugeben? Ich sah zu seiner Frau. Ich hatte bisher immer erlebt, daß sie über alles, was ihn beschäftigte, auch informiert war. »Für kinderlose Ehepaare gibt’s keine Dienstgeheimnisse«, pflegte er zu sagen. Sie guckte gespannt.
»Die Kugel, mit der Wendt erschossen wurde, stammt aus der Pistole des einen der beiden Männer, nach denen Sie fahnden. Helmut Lemke, Mitte vierzig, in Heidelberg nicht unbekannt. Ein aktuelles Bild habe ich nicht. Aber dieses ist besser als Ihr Phantombild, und die Photographen vom BKA werden schon wissen, wie sie’s rund fünfzehn Jahre älter machen.«
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