Selbstverständlich gleichberechtigt: Eine autobiographische Zeitgeschichte (German Edition)
die am häufigsten von jungen Frauen belegten Ausbildungen: Einzelhandelskauffrau, Bürokauffrau, medizinische Fachangestellte, Industriekauffrau, Friseurin.
Jenseits der Ausbildung haben beispielsweise die folgenden Berufe in Deutschland einen hohen Frauenanteil: Kosmetikerin (97 Prozent), haus - und ernährungswirtschaftliche Berufe (95 Prozent), Erzieherin (93 Prozent), Krankenpflegerin und Arzthelferin (91 Prozent), Friseurin (90 Prozent), Altenpflegerin (87 Prozent).
Wie viele Frauen prüfen bei der Berufswahl und -ausübung, ob sie mit dem zu erwartenden beziehungsweise tatsächlichen Einkommen eine Familie ernähren können? Angesichts ihrer Berufe dürften es nicht allzu viele sein – im Unterschied zu den jungen Männern. Laut einer Studie des Deutschen Jugendinstituts sagen mehr als neun von zehn jungen, noch kinderlosen Männern Ja zum Kinderwunsch. Fast alle befragten (Noch-)Nicht-Väter (96 Prozent) sehen es als Aufgabe eines Vaters, »der Familie ein Heim zu bieten« (bei den Vätern sind es 95 Prozent). Für 96 Prozent (beziehungsweise 93 Prozent) gehört es zu den Hauptaufgaben des Vaters, »sich um ein sicheres Einkommen und einen sicheren Arbeitsplatz zu bemühen«. Ganze 95 Prozent der (Noch-)Kinderlosen (94 Prozent der Väter) betrachten es als ihre (spätere) Aufgabe, »den Lebensunterhalt für die Familie zu verdienen«. Und wann ist der richtige Zeitpunkt, das erste Kind zu bekommen? Hier die Einschätzung der jungen Männer:
1. Wenn ich eine Familie ernähren kann (57 Prozent).
2. Wenn ich mich beruflich etabliert habe (36 Prozent).
3. Wenn ich eine geeignete Wohnung/ein Haus habe (22 Prozent)
… und schließlich … und endlich:
4. Wenn sich meine Partnerin beruflich etabliert hat (18 Prozent).
Dies alles klingt in meinen Ohren ungefähr nach den fünfziger Jahren, doch sind es Angaben aus den Jahren 2007 bis 2008.
Diesen Sicht - und Denkweisen heutiger junger Männer -stehe ich ziemlich ratlos gegenüber. Bei den Frauen habe ich – ohne Spezialistin zu sein oder Studien zu dem Thema zu kennen – meine Vermutungen. Sicher gibt es viele Frauen, die ein großes Hilfsbedürfnis haben und sich deshalb für pflegerische Berufe entscheiden. Ich bezweifle aber, dass alle Friseurinnen eine Sendung in sich spüren, den Menschen schöne Köpfe zu machen. Ich schätze vielmehr, dass die wirtschaftlich oft un günstige Berufswahl der Frauen mit einem relativ eingeschränkten Überblick und mit mangelndem Selbstwertgefühl zusammenhängt.
Die Welt der Friseursalons oder Kindergärten, die Position der Assistentin – sei es in der Arztpraxis oder im Büro – erscheint vielen jungen Frauen greifbar, überschaubar, bewältigbar. Mehr kennen diese Frauen nicht von ihren Müttern oder anderen Frauen in ihrem Umfeld, mehr trauen sie sich auch selbst nicht zu. Die Vorstellung, viel Verantwortung zu tragen, sich zu exponieren und hohen Ansprüchen ausgesetzt zu sein, verunsichert sie oder macht ihnen sogar Angst. Darum bevorzugen sie einen kleinen, sicheren Hafen und scheuen sich, einen Blick darüber hinaus zu werfen, geschweige denn den Hafen zu verlassen. Sie verzichten auf Aufstiegschancen, sie machen nichts oder wenig aus ihrem Leben. Das ist traurig für die Einzelne und gefährlich für die Gesellschaft, und deshalb ist es eine wichtige Aufgabe der Eltern, Lehrer, Studien– und Berufsberater, den Schulabgängerinnen Mut zu machen, ihnen aufzuzeigen, was für spannende berufliche Möglichkeiten es gibt – und dass sie das Zeug dazu haben, in vielen verschiedenen Berufen erfolgreich zu sein. Auch und gerade in »Männerberufen«. Ingenieurinnen, Informatikerinnen und so weiter sind ja sehr gesucht.
Freilich darf man dabei nichts beschönigen. In Berufen, Betrieben und Abteilungen, die traditionell und bis heute von Männern dominiert sind, müssen weibliche Auszubildende, Studentinnen und Berufsanfängerinnen mit Schwierigkeiten rechnen, sie müssen darauf vorbereitet sein, dass sie von Zeit zu Zeit dumme Sprüche hören und aufgrund ihres Geschlechts nicht ernst genommen werden. Damit umzugehen ist eine Herausforderung, der Frauen sich stellen müssen – wer sie bewältigt, geht gestärkt daraus hervor und genießt umso mehr Ansehen, auch bei Männern. Besonders groß ist die Herausforderung – man könnte auch sagen, der »Eiertanz« – für junge, attraktive Frauen. Sie geraten leicht in Situationen, in denen Männer meinen, sich für die Frau nicht als Kollegin, sondern in
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