Selbstverständlich gleichberechtigt: Eine autobiographische Zeitgeschichte (German Edition)
Risiko durch einen Ehevertrag abzufangen. Sind sich die Partner zum Zeitpunkt der Eheschließung einig, wie sie ihr Familienleben gestalten wollen, wird es keine großen Diskussionen um solche Vertragsinhalte geben.
Das Leben sportlich nehmen
Aktiver Sport im engeren Sinne hat in meinem Leben nie eine Rolle gespielt, ich habe alles Mögliche ausprobiert, bin aber leider unsportlich veranlagt und habe mich früh damit abgefunden. Um unnötige Plackerei und Misserfolge zu vermeiden, ließ ich mich schon auf dem Gymnasium vom Sportunterricht befreien. Ich fand einen Arzt, der mir wegen meiner augenfälligen Magerkeit allgemeine Schwäche attestierte – was meine Mitschülerinnen äußerst amüsant fanden. Sie wussten, dass ich kerngesund und kräftig war, trotz meines damals spindeldürren Körpers. Später, als Mutter, sagte ich immer: Die Kinder sind mein Sport – Karre schieben, Babys tragen, Einkäufe für einen Sechs-Personen-Haushalt schleppen: Betätigungen wie diese können ein ziemlich hartes Training sein.
Sportlichkeit im weiteren Sinne hat mir immer gelegen. Für Anliegen, die mir wichtig sind, steige ich, ohne zu zögern, in den Ring. Beim Kämpfen halte ich mich an die Regeln. Wenn ich antrete, will ich siegen. »Hauptsache, dabei sein« ist nicht meine Devise. Eine Niederlage spornt mich an. Auf Fair Play lege ich Wert. Komme ich in einer Sache nicht weiter, weil ich etwas nicht kann (oder nicht verstehe), beiße ich mich durch und erlege mir ein intensives Training auf (oder Studien). Leistung fasziniert mich. Nach dem Match gebe ich meinem Gegner gern die Hand, ganz gleich, ob ich gewonnen habe oder unterlegen bin. Insofern traf es sich gut, dass ich eines Tages eine Einladung zum Rallyefahren bekam. Nur war mir das anfangs nicht bewusst.
»Hallo, hier ist Elisabeth. Kennst du mich noch, Lore? Wir sind zusammen zur Schule gegangen.«
Es war das Jahr 1976, das Abitur hatte ich 25 Jahre zuvor gemacht. Ich konnte mich nicht an die Mitschülerin erinnern. Sie meinte, wir seien zusammen zur Volksschule gegangen und in die erste Klasse der Oberschule. Elisabeth erzählte ein bisschen von sich, da fiel es mir wieder ein. »Warst du das Mädchen mit den langen blonden Zöpfen, die immer zu Schnecken hochgesteckt waren?«
»Ja, genau, das war ich! Und jetzt habe ich den Auftrag, dich zu fragen, ob du dem Deutschen Damen Automobilclub beitreten möchtest.«
»Wovon redest du, bitte?
»Vom Deutschen Damen Automobilclub, DDAC.«
»Ich habe noch nie davon gehört.«
»Er wurde 1926 von emanzipierten Damen der Gesellschaft, die sich für den Automobilsport begeisterten, gegründet. Elly Beinhorn und Bertha Benz waren Ehrenmitglieder.«
Langsam wurde ich neugierig. Selbstverständlich faszinieren mich Persönlichkeiten wie die berühmte Flugzeugpilotin Elly Beinhorn oder die Automobilpionierin Bertha Benz.
»Es war ein sehr exklusiver Kreis damals – welche Frauen hatten schon ein Auto zur Verfügung?«, erzählte Elisabeth weiter. »Aber jene Damen waren nicht nur reich, sondern auch sportlich, aktiv, mutig und fortschrittlich. Von Anfang an veranstalteten sie Fahrwettbewerbe, außerdem pflegten sie das Gesellschaftliche, den Austausch unter Frauen. Die Nazis verboten den Frauen den Motorsport, im Krieg zerfiel der Club. Seit 1949 ist der DDAC wieder tätig, seit den fünfziger Jahren veranstaltet er Rallyes. Jetzt gibt es Nachwuchssorgen, die Damen sind in die Jahre gekommen. Meine Tante, eine der Präsidentinnen, hat mich beauftragt, jüngere Frauen zu finden, die Interesse haben am Autofahren. So bin ich auf dich gekommen.«
»Elisabeth, das finde ich großartig!«, sagte ich, war aber selbst nicht sicher, ob ich das auch meinte.
Seit jeher bin ich eine begeisterte Fahrerin, ich liebe schnelle Autos und gestehe, dass ich bis heute meine Mühe habe, geduldig hinter langsamen Fahrerinnen oder Fahrern herzukriechen. Andererseits war ich alleinerziehende Mutter meiner drei Kinder, Richterin am Hanseatischen Oberlandesgericht und stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Juristinnenbundes, als ich den Anruf erhielt. Ich hatte genug um die Ohren. Eigentlich.
»Gut, ich schaue mir euren Verein einmal an.«
»Das freut mich! Und bitte bring noch eine Frau mit«, meinte Elisabeth. »Denn die Rallyes werden im Team gefahren: Pilotin und Kopilotin.«
Oh, oh, auf was für ein Abenteuer lasse ich mich da ein?, fragte ich mich. Doch die Verlockung war groß. Etwas Neues ausprobieren, abenteuerliche
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