Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Selection

Selection

Titel: Selection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiera Cass
Vom Netzwerk:
du da, Aspen?«, flüsterte ich, als er auf mich zukam. »Wenn man dich hier erwischt, ergeht es dir schlecht!«
    Doch er ließ sich nicht beirren.
    »Aspen?«
    Er blieb an meinem Bett stehen und legte geräuschlos seine Lanze auf den Boden. »Liebst du ihn?«
    Ich versuchte im Dunkeln in Aspens Augen zu blicken. Im ersten Moment wusste ich nicht, was ich antworten sollte.
    »Nein.«
    Aspen riss mit einer schnellen Bewegung, die zugleich elegant und brutal war, meine Decke weg. Ich hätte protestieren sollen, tat es aber nicht. Er nahm meinen Kopf in beide Hände und küsste mich leidenschaftlich, und auf einmal war alles wieder gut. Aspen duftete nicht mehr nach selbst gemachter Seife, und er war kräftiger als früher, aber jede seiner Berührungen war mir so vertraut.
    »Sie werden dich umbringen«, flüsterte ich in einem kurzen Moment, als seine Lippen zu meinem Hals wanderten.
    »Wenn ich es nicht tue, sterbe ich auch.«
    Ich versuchte die Kraft aufzubringen, ihn abzuweisen, aber ich wusste, dass ich das gar nicht wirklich wollte. So vieles fühlte sich falsch an – dass wir gegen Regeln verstießen, dass Aspen meines Wissens eine andere Freundin hatte, dass Maxon und ich irgendetwas füreinander empfanden –, aber ich wollte in diesem Augenblick einfach nicht denken. Ich war so wütend auf Maxon, und Aspen fühlte sich so tröstlich an. Und ich wollte, dass seine Hände weiterhin meine Beine streichelten.
    Es verblüffte mich, wie anders als früher es sich anfühlte. Wir hatten noch nie zuvor so viel Raum für unsere Zärtlichkeiten gehabt.
    Das Chaos in meinem Kopf wurde jedoch immer stärker. Ich war wütend auf Maxon, auf Celeste, sogar auf Aspen. Und überhaupt auf Illeá. Während wir uns küssten, begann ich zu weinen.
    Aspen küsste mich unbeirrt weiter, und seine Tränen vermischten sich mit meinen.
    »Ich hasse dich, weißt du?«, murmelte ich.
    »Ich weiß, Mer. Ich weiß.«
    Mer. Wenn er mich so berührte, wenn er mich so nannte, war ich ganz woanders. So verwirrt ich auch sein mochte: Aspen bedeutete für mich zu Hause.
    Nach etwa einer Viertelstunde sagte er plötzlich: »Ich muss wieder raus. Die Wachen, die den Rundgang machen, wissen, dass ich auf meinem Posten sein muss.«
    »Was?«
    »Es gibt Wachen, die in beliebigen Abständen einen Rundgang machen. Zwanzig Minuten, eine Stunde, aber vielleicht auch fünf Minuten.«
    »Beeil dich!«, drängte ich ihn und sprang auf, um seine Haare glatt zu streichen.
    Er nahm seine Lanze, und wir rannten zur Tür. Bevor er sie öffnete, küsste er mich noch einmal. Es fühlte sich an, als fließe Sonnenlicht in meine Adern.
    »Ich kann nicht glauben, dass du hier bist«, murmelte ich.
    Aspen schüttelte den Kopf. »Glaub mir, niemand war erstaunter als ich.«
    »Kann ich mir nicht vorstellen.« Wir grinsten uns an. »Wie bist du zur Palastwache gekommen?«
    Er zuckte die Achseln. »Hat sich rausgestellt, dass ich ziemlich begabt bin. Wir wurden zu diesem Ausbildungslager nach Whites geflogen. Da lagen Unmassen von Schnee, America. Kein Vergleich mit den paar Flusen, die wir zu Hause kriegen. Man bekommt gutes Essen da, wird ausgebildet und dann getestet. Sie geben einem auch Spritzen. Ich weiß nicht, was die enthalten, aber ich bin wirklich schnell geworden. Ich bin ein guter Kämpfer und wohl auch taktisch begabt. Bin gegen die besten in meiner Klasse angetreten.«
    Ich lächelte stolz. »Wundert mich nicht.« Ich küsste ihn. In einem Leben als Sechser wären Aspens Talente vergeudet gewesen.
    Er öffnete vorsichtig die Tür und spähte hinaus. Im Flur war niemand zu sehen.
    »Ich muss dir so viel erzählen!«, flüsterte ich. »Ich muss unbedingt mit dir reden.«
    »Ich weiß. Das schaffen wir auch. Wird eine Weile dauern, aber ich komme wieder. Nicht heute Nacht allerdings. Ich weiß noch nicht, wann. Aber bald.« Er küsste mich so wild, dass es fast wehtat.
    »Du hast mir so gefehlt«, flüsterte er an meinen Lippen. Dann bezog er wieder Stellung vor der Tür.
    Wie in Trance tappte ich ins Bett zurück. Ich konnte nicht fassen, was ich da gerade getan hatte. Ein Teil von mir – der wütende Teil – fand, dass Maxon nichts anderes verdient hatte. Wenn er Celeste verschonen und mich demütigen wollte, würde ich diesen Zirkus nicht mehr lange mitmachen. Wenn Celeste gegen die Regeln verstoßen durfte, musste ich mich auch nicht daran halten. Problem gelöst.
    Schlagartig erschöpft, sank ich in einen tiefen Schlaf.

23
    Am nächsten Tag fühlte

Weitere Kostenlose Bücher