Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)
Angeber, grummelte Martha despektierlich in sich hinein und achtete darauf, dass der Türrahmen an ihrer linken Schulter nicht knarzte. Und von diesen Einwohnern lebten sowieso die meisten im Neubaugebiet und hatten keine Ahnung, wer Malwine Brunner überhaupt war, vielmehr: gewesen war. Sie hatten zwar früher in deren Bioladen eingekauft, die Malwine aber nur als Verkäuferin, nicht als Mitglied der Gemeinde wahrgenommen.
Aber zur Beerdigung würden die sicher alle kommen wollen, die aus dem Neubaugebiet. So waren die nun mal, diese Zugezogenen. Hatten auch keine Ahnung von Agnes und deren Wundertätigkeiten. Martha wusste es genau. Schließlich war sie von Tür zu Tür gegangen und hatte um Unterschriften gebettelt, um eine Petition zur Seligsprechung einzureichen. »Kenn ich nicht, unterschreib ich nicht«, war die Reaktion fast aller gewesen. Banausen! Aber das würde sie auch ohne diese Unterschriften schaffen. Agnes’ Seligsprechung war ihre Lebensaufgabe – und sie würde sie erfüllen.
»Was?«, schrie der Bürgermeister ins Telefon. »Mit wem hast du gesprochen?«
Stille.
»Und wann?«
Am anderen Ende schien der Schmiedinger Adolf zu antworten.
»Wer ist das?«
Waldmoser wartete offenbar die Antwort ab, ehe er lospolterte: »Ich glaub’s nicht! Das kann nicht sein. Ich hab all meine Unterlagen überprüft. Ich hab den optimalen Überblick. Das Standesamt ist bei mir und wird von meiner Olga verwaltet. Die hat auch nix g’funden. So ist des. Da gibt’s keine Verwandten, weder einen Neffen noch eine Nichte. Du fällst aber auch auf jeden Schmarrn herein!«
Vor der verschlossenen Zimmertür triumphierte Martha.
»Hiendlmayr? Meinrad Hiendlmayr? So soll der heißen? Was für ein depperter Name! Nein, den kenn ich nicht. Natürlich kenn ich den ned. Nie von dem gehört! Der ist auch ned bei mir gemeldet, der zahlt also auch keine Gebühren und Abgaben bei uns, der Sauhund, der g’scherte. Und wieso wohnt der bei der Brunnerin und seit wann?«
Der Bürgermeister schnaufte ausgiebig, während sein Telefonpartner eine Erklärung abzugeben schien, die ihn offensichtlich nicht überzeugte, da er unvermittelt und mit Donnerstimme auf den Polizeiobermeister einbelferte: »Das eine sag ich dir, so einer, der ned offiziell angemeldet ist, der hat was zu verbergen. Auf einen hundsg’meinen Erbschleicher und Heiratsschwindler bist du reingefallen! Und die Malwine dann ja wohl auch. So einer ist das nämlich, ein ganz ein gemeines Schlitzohr. Du aber glaubst ihm diese unschuldige G’schicht mit dem Neffen. Wie blöd bist du eigentlich?«
Martha wusste, dass sich ihr Bruder bei diesem Geschrei demonstrativ beide Ohren zuhielt. Wilhelm war in jüngster Zeit so lärmempfindlich. Er wurde älter, wie sie alle.
Erneut legten sich ein paar Sekunden Stille über Arbeitszimmer und Flur, wenige Augenblicke, in denen Schmiedinger anscheinend sämtlichen Thesen des Bürgermeisters widersprach.
»Ach, jetzt hör doch auf mit deinem ›Der-hat-bei-ihr-gewohnt‹. Dann hätt ich den doch g’sehn, oder sie hätt ihn mir zumindest vorgestellt, wie man das unter ordentlichen Leuten macht. Ich war schließlich oft g’nug bei ihr. Die sitzt auch so einsam da oben auf ihrem privaten Hügel, der ja inzwischen zum Glück zu Kleinöd gehört. Das hab ich ihr dann auch g’sagt. Dass sie jetzt zu uns g’hört, zu unserer großen Gemeinschaft. Und nie, ned ein einziges Mal, hat sie was verzählt von einem Neffen.«
Waldmoser schnaufte tief durch, dann fuhr er fort: »Auch über die Quelle haben wir gesprochen. Ganz große Pläne ham mir damit g’habt. Bald schon, hat sie g’meint, kommt sie mal rum, und dann bereden wir alles. Aber was ihr am meisten am Herzen lag und was ich ihr in die Hand versprechen musste, war, dass sie bei ihrem geliebten Sohn und bei ihrem Mann beerdigt würd, wenn es denn mal so weit ist, und ich hab ihr beim Leben meiner geliebten Elise geschworen, dass ich mich drum kümmer.«
Die lauschende Martha zweifelte keine Sekunde daran, dass er mit dieser Information auch klarstellte, wer bei Malwines Trauerfeier das Sagen haben würde.
»Und wenn sie mir schon so viel anvertraut«, fuhr der Waldmoser Markus fort und schien sich nun auch an den Pfarrer zu wenden, »dann hätt sie mir garantiert auch das mit dem Neffen erzählt. Weil, es war ihr schon eine Last, dass sie nun gar keinen Erben mehr hatte, und wir ham oft drüber gesprochen, was aus dem Hof werden könnt, wenn sie nicht mehr ist. Ich
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