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Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Schröger , Katharina Gerwens
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oben und regelte alles. Es ging doch nichts über eine Freundin und Fürsprecherin im Himmel.
    An diesem Nachmittag stand der Hiendlmayr Meinrad persönlich in der Tür zum Pfarrhaus und ersuchte um einen Termin mit Wilhelm Moosthenninger. Schmerzerfüllt lächelte er Martha an, und sie reichte ihm die Hand und murmelte ein seelenvolles »Beileid«, nicht ohne leise hinterherzuschieben: »Mir kennen uns fei ned, wir ham uns nie g’sehn, gell?«
    Er nickte und putzte sich die Nase. In diesem Moment öffnete Wilhelm Moosthenninger die Tür zu seinem Arbeitszimmer und trat in den Flur.
    »Der Schmiedinger und die Frau Hausmann haben mich zu Ihnen geschickt«, erklärte Meinrad. »Meine Tante ist gestorben, vorgestern schon. Die Malwine Brunner. Das zeige ich hiermit an, damit sie aus dem Kirchenbuch ausgetragen wird. Beim Bürgermeister war alles schon geschlossen, da geh ich dann am Montag hin.«
    »Ja, ja, hab schon g’hört. Die arme Malwine. Und Sie sind der Neffe?« Moosthenninger schüttelte verwundert den Kopf. »Sachen gibt’s. Können Sie mir das auch beweisen, dass Sie verwandt sind mit der Brunnerin?«
    Martha sah, wie Meinrad nickte. Sie war sich sicher, dass er die Unterlagen des Vilstal-Forschers Günther Hellmann dabei hatte, in dessen Gläsernem Vilstal alle Ahnentafeln der Region mit sämtlichen Verästelungen und Verstrebungen, also auch mit allen »wilden Früchtchen«, wie er die unehelichen Kinder zu nennen pflegte, zu finden waren. Ein genialer Mann und ein akribischer Forscher. Auch den hatte sie mit Agnes’ Hilfe kennengelernt.
    Der Pfarrer hatte seinen Besucher mit ins Arbeitszimmer genommen und resolut die Tür hinter sich geschlossen. Aber Martha hatte schon seit Langem herausgefunden, wo sie sich hinstellen musste, um jedes da drinnen gesprochene Wort zu verstehen. Vor sich selbst rechtfertigte sie dies als reine Fürsorge. Es könnte ja sein, dass ihr Bruder irgendetwas Wichtiges vergaß oder dass sie irgendwann als Zeugin gebraucht würde. Und zwar nicht als Augen-, sondern als Ohrenzeugin.
    Jetzt hörte sie die Stimme ihres Bruders. Sie hatte diesen rätselhaften Seelsorgerklang. Gleichzeitig streng und gütig. Und sie ahnte sein sanftes und zugewandtes Lächeln, als er seinem Besucher sagte: »Sie wissen schon, dass der Schmiedinger Adolf die Malwine aufschneiden lassen will? Wenn Sie wirklich ein Verwandter sind, sollten S’ des verhindern. Und zwar um jeden Preis. Die Totenruhe darf nicht gestört werden, und wenn Gott seine Dienerin zu sich ruft, so soll der Mensch sich bescheiden und sich seiner begrenzten Lebenszeit bewusst werden, anstatt …« Und hier wurde er etwas lauter. »… die Leich so mir nix, dir nix auseinanderzunehmen. Ja, wo san mir denn?«
    Meinrad klang erschrocken. »Davon weiß ich nichts. Wer hat das denn angeordnet?«
    »Der Schmiedinger und die Kommissarin«, klärte Hochwürden ihn auf.
    »Das kann nicht sein. Ich war doch heute früh bei Frau Hausmann, die hätte mir das doch gesagt. Da müssen Sie was verwechseln. Die Kommissarin …«
    »Die Kommissarin, die Kommissarin«, unterbrach Moosthenninger ihn und klang um einiges ungeduldiger. »Die Kommissarin hat keine Ahnung von den Wegen des Herrn. Soll sie sich lieber noch ein bisschen ausruhn, denn wissen S’, die nächste Leiche kommt bestimmt – und um die kann sie sich dann kümmern.«
    Die Schwester des Pfarrers bekreuzigte sich vor der geschlossenen Tür und murmelte in sich hinein: »So was sagt man nicht, so was darf man nicht einmal denken.«
    Nicht einmal vierundzwanzig Stunden später würde sie ihrem Bruder hellseherische Fähigkeiten unterstellen, denn tatsächlich geschah ein Mord – gerade mal fünfhundert Meter vom Pfarrhaus entfernt.

Kapitel 6
     
    Dass Gertraud von einem Tag auf den anderen Witwe und ihr Kind Eulalia-Sophie zur vaterlosen Waise würde, und das alles, bevor Hochzeit und Adoption stattgefunden hatten, war die eigentliche Tragik ihres Lebens.
    Dabei hatte der Tag so wunderbar begonnen. Schon vor dem Frühstück hatte Günther sie auf ihrem Handy angerufen und gefragt, ob sie Lust auf einen langen Samstagsspaziergang habe. »Altweibersommer«, hatte er gesagt und von glitzernden Spinnweben geschwärmt. »Die Kleine wird sich über glänzende Kastanien freuen, und sie wird entzückt sein von den flinken Eichhörnchen. Vielleicht regt das Hin und Her der Tierchen Eulalia an, und sie beginnt endlich zu laufen?«
    Gertraud hatte in ihrem Bett gesessen und ihm zugelächelt,

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